Befragung der Mitglieder: Neuer CDU-Chef kommt im Januar
Die CDU will erstmals ihre Mitglieder darüber befragen, wer an der Parteispitze stehen soll. Kandidaten sollen erst ab Samstag nominiert werden.
Nachdem sich am Wochenende die große Mehrheit der Kreisvorsitzenden für eine solche Befragung aussprachen, hatten die Mitglieder des Bundesvorstands in dieser Frage kaum noch Entscheidungsfreiheit. Ähnlich wird es dann den 1.001 Delegierten des Parteitages gegen: Sie sind zwar formal nicht an den Ausgang der Mitgliederbefragung gebunden. Allerdings ist es kaum vorstellbar, dass sie sich über das Votum der Basis hinwegsetzen. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung soll am 17. Dezember ausgezählt werden, falls ein zweiter Wahlgang nötig wird, soll dieser am 14. Januar ausgewertet werden. Die unterlegenen Kandidaten sollen dann beim Parteitag möglichst gar nicht mehr antreten.
Nach Ziemiaks Angaben soll das Verfahren in drei Phasen ablaufen. Zunächst sollen von Samstag an bis zum 17. November die Kandidaten nominiert werden. In den verbleibenden drei Tagen bis dahin will Laschet weiter versuchen, ein Team zu bilden, um eine Kampfkandidatur unnötig zu machen. Dass der eine oder andere Kandidat vorher seinen Hut in den Ring wirft, davon hält Laschet nichts. Das sei zwar möglich, sagte der Noch-Parteichef. Aber jeder sei gut beraten, sich an die Regeln zu halten. „Und die Regel ist Samstag.“
In einer zweiten Phase sollen sich die Kandidaten dann bis zum 2. Dezember vorstellen, dazu will die CDU-Zentrale unterschiedliche Online-Formate organisieren, Regionalkonferenzen soll es nicht geben. Die dritte Phase sind die Abstimmungen, die sowohl digital als auch per Brief möglich seien werden.
Einige wollten auf die Tube drücken
Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe hatte sich noch keiner der möglichen Kandidaten – bisher werden ja nur Männer gehandelt – aus der Deckung gewagt. In der CDU gehen viele fest davon aus, dass zumindest Friedrich Merz und Norbert Röttgen antreten werden. Beide sind beim vergangenen Mal Laschet unterlegen, Merz würde damit sogar zum dritten Mal versuchen, Parteichef zu werden. In der Partei rechnen viele damit, dass der wirtschaftsliberale Merz bei einem Duell einen Vorteil gegenüber dem eher modern aufgestellten Röttgen haben könnte, der zudem als Einzelkämpfer gilt.
Ambitionen werden auch dem Vorsitzenden der Mittelstandsunion, Carsten Linnemann, Gesundheitsminister Jens Spahn und möglicherweise auch Fraktionschef Ralph Brinkhaus nachgesagt. Dieser ist in seinem Amt nur bis April gewählt, möglich wäre, dass der neue Parteichef auch den Posten des Fraktionsvorsitzenden für sich beansprucht. Spahn wies am Dienstag indirekt eine Meldung der Bild-Zeitung zurück. Diese hatte berichtet, er wolle eine Mitgliederbefragung offenbar nicht riskieren, weil er befürchte, dort zu unterliegen.
In der CDU-Spitze hatte es zuvor zahlreiche Stimmen dafür gegeben, das Verfahren möglichst schnell durchzuziehen. Insbesondere die Ministerpräsidenten aus dem Saarland, Tobias Hans, und NRW, Hendrik Wüst, hatten darauf gedrängt, den Bundesparteitag noch im Dezember abzuhalten. Beide müssen sich, wie auch Daniel Günther in Schleswig-Holstein, im kommenden Frühjahr Landtagswahlen stellen – da will man das desaströse Ergebnis der Bundestagswahl und die personellen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, möglichst weit hinter sich gelassen haben. Wegen einer möglichen Stichwahl aber schien der Zeitraum bis Dezember zu kurz, letztlich hat sich der Bundesvorstand einstimmig für den Termin im Januar entschieden.
Auf dem Parteitag wird die CDU nicht nur den Vorsitzenden und den Generalsekretär neu wählen, der gesamte Vorstand wird neu bestimmt. Dazu allerdings wird es keine Mitgliederbefragung geben, diese gilt nur für den Vorsitzenden. Nach dem schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl hatte der Parteivorstand einstimmig beschlossen, zum nächsten Parteitag geschlossen zurückzutreten. Das Gremium hatte, gegen viele Stimmen aus der Basis, Laschet als Kanzlerkandidaten durchgesetzt, der dann mit 24,1 Prozent das schlechteste Ergebnis holte, das die Union bei einer Bundestagswahl je erzielt hat.
Viele in der Partei, besonders die Christdemokratinnen, drängen darauf, dass Frauen zumindest ab der zweiten Reihe eine wichtige Rolle spielen müssen. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther hatte in der Neuen Osnabrücker Zeitung verlangt, dass in der neuen Führung „Frauen stark vertreten sein müssen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Reaktionen auf Anschlag von Magdeburg
Rufe nach Besonnenheit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Bundesopferbeauftragter über Magdeburg
„Die Sensibilität für die Belange der Opfer ist gestiegen“