piwik no script img

Beate Zschäpe im NSU-ProzessGutachten zur Schuldunfähigkeit

Ein Anwalt Zschäpes hält sie wegen psychischer Probleme für schuldunfähig. Dazu soll nach dem Willen des Verteidigers ein Psychiater angehört werden.

Uwe Böhnhardt soll Beate Zschäpe laut einem Gutachten fortgesetzt körperlich misshandelt haben Foto: dpa

München dpa | Im Münchner NSU-Prozess will einer der Anwälte der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe deren Schuldunfähigkeit feststellen lassen. Ein Psychiater habe bei ihr eine schwere dependente (abhängige) Persönlichkeitsstörung festgestellt, sagte Rechtsanwalt Mathias Grasel am Donnerstag im Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Damit seien die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Schuldunfähigkeit erfüllt.

Grasel beantragte die Anhörung des Freiburger Psychiaters Joachim Bauer, der das Gutachten erstellt habe. Bauer habe die Hauptangeklagte im NSU-Prozess sechs Mal in der Untersuchungshaft in München-Stadelheim besucht und insgesamt zwölf Stunden mit ihr gesprochen.

Dabei habe ihm Zschäpe Details aus ihrem Leben offenbart, über die sie bisher nicht gesprochen habe, sagte Grasel. Dazu gehöre das Verhältnis zu ihrer Mutter und „fortgesetzte körperliche Misshandlung“ durch Uwe Böhnhardt.

Zschäpe ist wegen Mittäterschaft an den Verbrechen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ angeklagt. Dazu gehören neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Zuwanderern. Mit den mutmaßlichen Tätern Böhnhardt und Uwe Mundlos lebte sie fast 14 Jahre unentdeckt im Untergrund.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Armes Hascherl!

  • Nettes Ablenkungsmanöver. Fragt sich jetzt nur, wer da die größere abhängige Persönlichkeitsstörung hat - Frau Zschäpe, oder Ihre Anwälte.

    • @Rainer B.:

      bei vielen Kriminellen dürfte eine Persönlichkeitsstörung zumindest Mit-Ursache der begangenen Straftat sein. Bei "normaler" Entwicklung wird man kaum 10 Menschen aus reiner Mordlust umbringen. Kranke Taten begangen von kranken Tätern. Das Gericht wird das sicher würdigen. Grund zur Besorgnis, dass Zschäpe ohne Strafe davonkommt, besteht sicher nicht.

       

      Allerdings muss auch Zschäpe eine Chance bekommen, irgendwann wieder auf freien Fuß zu kommen.

      Das sind wir nicht Zschäpe sondern unserem Rechtssystem schuldig.

      • @A. Müllermilch:

        Persönlichkeitsstörungen sind generell (auch bei Nicht-Kriminellen!) keine Seltenheit. Schuldunfähigkeit folgt daraus in aller Regel aber nicht. Das gesamte Verhalten von Frau Zschäpe vor den Morden und nach dem „Selbstmord“ der beiden Uwes spricht deutlich dafür, dass sie sehr genau wusste, was sie tat und ihr auch die Strafbarkeit ihrer Handlungen immer voll bewußt war. Allein schon ihre zahlreichen Tarnnamen mit denen sie die Untergrundaktivitäten des „Trios“ erst möglich gemacht hat und das Abfackeln der letzten gemeinsamen Wohnung sprechen klar gegen eine Schuldunfähigkeit.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      ...naja, im Gegensatz zum vom Gericht bestellten Psychiater hat sich dieser zumindest mit der Angeklagten unterhalten und nicht aus der Kristallkugel gelesen.

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Frau Zschäpe war es, die Gespräche mit dem vom Gericht bestellten Psychiater ablehnte.

    • @Rainer B.:

      Sie sind Psychiater und wissen mehr?

      • @Jürgen Matoni:

        Muss ich gar nicht. Das Gutachten des vom Gericht bestellten Psychiaters Henning Saß ist schlüssig und überzeugend. Es wird durch die Erzählungen von Frau Zschäpe gegenüber Joachim Bauer nicht im Mindesten erschüttert. Auf die von ihr selbst kolportierte „schwache Persönlichkeit“ ist Hennig Saß bereits in seinem Gutachten eingegangen. Er belegte bei Frau Zschäpe eine Bereitschaft „zur kämpferischen Selbstbehauptung, zu einer nahezu feindselig durchgehaltenen Beharrlichkeit und zum erfolgreichen Durchstehen massiver zwischenmenschlicher Konfliktlagen“. „Zschäpe gibt sich Männern überlegen – was auch durch verschiedene Zeugenaussagen bestätigt worden ist – und hat eine Tendenz zu Dominanz, Härte, Durchsetzungsfähigkeit“ - also eher das Gegenteil von einem fremdbestimmten Mauerblümchen.