Bayern in Meisterlaune: Rummenigge pisst München an

Der Oberbürgermeister weilte während des Empfangs für das Team auf Mykonos. Ein Grund für den Bayern-Vorstand, gegen die angeblich fehlende Liebe der Stadt zum Club zu wettern.

Da wird er von Bayerns Granden verabschiedet, der Otmar Hitzfeld. Aber auch sonst schien vor allem Karl-Heinz Rummenigge am Wochenende von mehreren guten Geistern verlassen worden zu sein. Bild: dpa

MÜNCHEN taz Zunächst erwarteten die Anwesenden noch eine Pointe. Die Stimmung war danach. In einem holzvertäfelten Prachtsaal des neugotischen Münchner Rathauses hatte der zweite Bürgermeister seine Glückwunschrede beendet. Und dann schritt Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge über das knarzende Parkett zum Pult. Er sagte, dass er sich diesmal ausdrücklich nicht für den Empfang der Stadt München bedanken wolle. Das schrie geradezu nach einer heiteren Auflösung. Doch der Vorstandschef des FC Bayern München hatte anderes im Sinn: eine Abrechnung mit Oberbürgermeister Christian Ude, der im Urlaub auf Mykonos weilte. „Er gibt uns nicht den Eindruck, dass er ein Freund des FC Bayern ist“, fuhr Rummenigge fort. „Der FC Bayern ist das werbeträchtigste Unternehmen der Stadt – noch vor dem Oktoberfest. Aber man hat den Eindruck, der FC Bayern ist ein Übel, das leider auch noch Erfolg hat. Aus Respekt und aus Anstand hätte er hier sein müssen.“ Es war der letzte Programmpunkt der offiziellen Feierlichkeiten zur Krönung des neuen Deutschen Meisters, Rummenigge ließ ihn zum Eklat werden. Udes Stellvertreter stand versteinert daneben.

Rummenigges Worte blieben nicht lang unwidersprochen. Schon am Sonntagmorgen erklärte Ude, ein bekennender Anhänger des TSV 1860 München: „Die angeblich fehlende Wertschätzung der Stadt für den FC Bayern kam in der Stadionpolitik eindrucksvoll zum Ausdruck.“ Der Steuerzahler habe für die Grundlagen der neuen Arena insgesamt 200 Millionen Euro aufgebracht – „und da beklagt sich der FC Bayern über fehlende Unterstützung durch die Politik“. Im Übrigen habe er an den vorangegangenen sieben Meisterfeiern teilgenommen.

Es war ein eigenartiger Auftritt Rummenigges. Die Feindseligkeit seiner Rede wollte so gar nicht zu dem Bild passen, das der Rekordmeister in den Minuten und Stunden zuvor abgegeben hatten. Die Bayern hatten Oliver Kahn und Ottmar Hitzfeld vor dem Anpfiff der letzten Bundesliga-Partie einen bewegenden Abschied bereitet, dann im Vorbeigehen Hertha BSC 4:1 besiegt, bevor sie den verdienten Lohn für ihren Dominanz der zu Ende gegangenen Bundesliga-Saison empfingen, die Meisterschale. Wie schon nach dem Pokalfinale machte sich Ober-Spaßvogel Franck Ribéry mit der Trophäe aus dem Staub. Der Franzose und Luca Toni, der für seine 24 Treffer mit der Torjägerkanone prämiert wurde, haben dem Verein in diesem Jahr eine neue Leichtigkeit verliehen und selbst die größten Bayern-Skeptiker das eine oder andere Mal hingerissen.

Als die Bayern sich schließlich auf dem Marienplatz von mehr als 30.000 Anhängern bejubeln ließen, ergriff auch Manager Uli Hoeneß das Mikrofon. Und er gab den Leuten, was sie hören wollten: „Unser Ziel ist es, nicht nur in Deutschland die Nummer eins zu sein, wir wollen auch in Europa angreifen“, rief er vom Rathausbalkon. Natürlich erntete er damit frenetischen Jubel. Aber auf ein konkretes Ziel wollte er sich später, im Inneren des Rathauses, partout nicht festlegen lassen: „Man kann nichts versprechen.“ Sein Vorstandskollege Rummenigge bemühte sich sogar auf radikale Weise, die Erwartungen zu zügeln, indem er gleich das Grundprinzip des Leistungssports in Frage stellte: „Ich ärgere mich über dieses ,Immer höher, immer weiter, immer schneller, immer erfolgreicher’. Dabei will ich nicht mitmachen. Man kann jetzt nicht von uns erwarten, dass wir im nächsten Jahr die Champions League im Nebenwaschgang gewinnen.“ Auf die Idee wäre aber auch keiner der Fragenden gekommen. Der Gedanke an das, was ihnen in der europäischen Königsklasse bevorsteht, scheint den Bayernbossen etwas unheimlich.

Deshalb wollen sie jetzt auch mit Nachdruck ihre Personalplanungen vorantreiben. Groß ist immer noch die Erleichterung, dass es dem künftigen Trainer Jürgen Klinsmann gelungen ist, Philipp Lahm zum Bleiben zu überreden. Doch nun muss noch der eine oder andere große Name her. Das fordern ja sogar Spieler wie Lahm und Ribéry unverhohlen. Rummenigge sagt: „Erfahrungen aus diesem Jahr zeigen, dass Qualität dich am Ende des Tages weiter bringt als Quantität. Ein sehr guter Spieler bringt dich oft weiter als drei durchschnittliche.“ Die anhaltenden Spekulationen um Gennaro Gattuso wollte er nicht kommentieren, verkündete aber, dass die Bayern vorzeitig mit Bastian Schweinsteiger den Vertrag verlängern wollen. Wie gerade diese Personalie mit den steigenden internationalen Ansprüchen korrelieren soll, erklärte Rummenigge nicht.

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