Werder Bremen gegen Bayer Leverkusen: Ruhe und Elend

Vizemeister Bremen wankte lange, fiel aber nicht. Leverkusen schwankte und ist nun wieder mal depressiv.

Torsten Frings (re.) stellt vor Freude seine Innenunterarmtätowierung zur Schau. Hier mit Markus Rosenberg nach dem Sieg über Leverkusen. Bild: dpa

Bayer Leverkusen: Adler - Castro, Callsen-Bracker, Friedrich, Gresko (81. Risse) - Vidal, Rolfes - Freier (46. Dum), Barbarez, Barnetta - Bulykin (66. Gekas)

Werder Bremen: Vander - Fritz, Mertesacker, Naldo, Pasanen - Frings, Borowski, Özil (46. Owomoyela) - Diego (76. Niemeyer) - Rosenberg, Hugo Almeida (57. Klasnic)

Schiedsrichter: Kempter (Sauldorf) - Zuschauer: 22 500 (ausverkauft)

Tor: 0:1 Rosenberg (80.)

Gelbe Karten: Gresko (5), Barbarez (7), Vidal (6) / Diego (4), Frings (6)

Beste Spieler: Castro, Vidal / Naldo, Rosenberg

LEVERKUSEN taz Längst waren die Ränge der BayArena verlassen, nur ein paar verstreute Leverkusener harrten aus, gelähmt vom 0:1 gegen Werder Bremen und der verpassten Europapokalqualifikation. Manchmal wagten sie einen Blick hinüber zu der Ecke mit den Bremer Spielern, die sich auch eine halbe Stunde nach dem Abpfiff unermüdlich zu immer neuen Ritualen der Freude auffordern ließen. Es war ein wilder Akt der Befreiung nach der wohl kompliziertesten Bremer Saison der jüngeren Vergangenheit.

Trainer Thomas Schaaf jedenfalls fand die Vizemeisterschaft "sensationell". Werder Bremen hat sich mal wieder als krisenresistentester Standort der Liga profiliert. Es gab mit Carlos Alberto den teuersten Spieler der Klubgeschichte, der nichts als Schwierigkeiten und Schlagzeilen produzierte, mehrfach gerieten Spieler im Training handgreiflich aneinander, die Störungen zwischen Ivan Klasnic und den Bremer Klubärzten warfen Schatten auf das vermeintliche Idyll, immer wieder mussten sie Wechselgerüchte um ihren Star Diego kommentieren, und nicht zuletzt beutelten schwere Verletzungen den Kader. "Wir hatten viele Unruhen in der Mannschaft", fasste Torsten Frings zusammen.

Und trotzdem hat Werder Bremen den schönsten Fußball gespielt, hat sieben der letzten acht Partien gewonnen, und "wenn ein paar Dinge etwas besser gepasst hätten, hätten wir sogar die Meisterschaft spannend gestalten können", resümierte Sportdirektor Klaus Allofs. Für einen Moment lag ein Hauch von Wehmut in seiner Stimme, doch die verflog schnell. Denn zum fünften Mal in Folge ist Bremer für die Champions League qualifiziert. "Es ist eben eine Stärke von uns, dass wir uns die nötige Ruhe nehmen" sagte Schaaf.

Eine Strategie, mit der gerne auch die Leverkusener die Grundlage für neue Erfolge legen würden. Doch derzeit kocht die Volksseele. Schon beim Stand von 0:0, das den Rheinländern zumindest die UI-Cup-Teilnahme beschert hätte, brandeten immer wieder "Skibbe raus"-Rufe durch die Arena, und als Markus Rosenberg Bremens Führung erzielte, wurde die Stimmung giftig. Der Trainer gilt als Hauptschuldiger, dass Bayer zum zweiten Mal seit 1996 nicht international spielen wird.

Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser kramte die übliche Rhetorik hervor. "Ich werde in der kommenden Woche mit Rudi Völler in aller Ruhe analysieren, warum wir unsere Ziele nicht erreicht haben und was man möglicherweise ändern muss", sagte er. Auch über die Möglichkeit eines Trainertauschs werden sie diskutieren, obgleich er überzeugt sei, dass "Skibbe sehr gute Arbeit" abliefere. Holzhäuser rätselt, warum der Trainer "keinen Bonus bei den Zuschauern" hat. Skibbe selbst wirkte verletzt. Die Anfeindungen hätten ihn "sehr bewegt", sagte er, "das ist total unangenehm, das hört kein Mensch gerne."

Immerhin kann er sich damit trösten, dass im Zentrum der ersten Ursachenforschung nicht seine Arbeit stand. "Wir sind uns schon länger darüber im Klaren, dass wir personell Nachholbedarf haben", sagte Holzhäuser, der Kader sei zu dünn besetzt gewesen für Bundesliga und Europapokal. Am Ende verlor die kraftlose Mannschaft sieben der letzten zehn Partien. Tranquillo Barnetta meinte gar, "die anderen Klubs investieren so viel, wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht weiter nach unten durchgereicht werden". Die Vision, die junge Mannschaft weiterzuentwickeln und bald um die Meisterschaft mitzuspielen, scheint nach dem finalen Schock arg gefährdet. Ohne internationale Einsätze fehlt den Talenten eine wichtige Erfahrungsquelle und dem Verein ein wichtiges Argument für Verhandlungen mit hochklassigen Spielern. Es gibt viel zu reparieren bei Bayer Leverkusen.

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