Baustellen passend zum Ferienbeginn: Die Bahn will nicht geliebt werden
In Berlin und Brandenburg beginnen die Winterferien. Gleichzeitig beginnt die Bahn mit Bauarbeiten in Richtung Süden. Wer plant so was?
Deren schlaue Planer haben nämlich just ab diesem Wochenende ein paar Baustellen in Richtung Süden eingerichtet. Die taz-Anfrage, ob der Zeitpunkt absichtlich oder unwissentlich gewählt, ließ die Bahn unbeantwortet; man darf also getrost von Ersterem ausgehen, vermutlich, um die Geschäftskunden nicht zu sehr zu quälen. Für die sadistische Ader gibt es ja Familien mit Kindern.
Viele Fahrten Richtung Süden werden sich von Samstag bis voraussichtlich Donnerstag also verzögern. Züge zwischen Nürnberg und Erfurt zum Beispiel müssen wegen einer Baustelle einen Abstecher nach Würzburg machen; 90 Minuten länger dauert es deswegen von Berlin nach München. Und schwupps: Schon sind die Vorteile durch die erst vor Kurzem mit viel Bohei in Betrieb genommene Schnellstrecke zwischen den beiden Metropolen – wenn mal alles gut geht, dauert’s nur vier Stunden – wieder dahin.
Außerdem halten einige ICE- und IC-Züge nicht wie sonst in Augsburg, Erlangen, Bamberg, Coburg, Jena oder Naumburg. Und auch auf der „Schnellfahrstrecke“ Berlin–Hannover gibt es wegen Bauarbeiten Verzögerungen, und das sogar mehrere Wochen lang.
Bahnsteig-Chaos mit Ankündigung
Man darf sich also auf turbulente Szenen zum Ferienbeginn am Berliner Hauptbahnhof, am Südkreuz und am Ostbahnhof freuen. Denn die zweite Klasse in den Urlaubs-ICEs ist so gut wie überall ausgebucht. Die Bahn hat zudem beschlossen, die Abfahrt einiger Züge vorzuziehen, damit Anschlüsse im Süden gehalten werden können – ohne allerdings die Kunden darüber korrekt zu informieren.
Das Chaos ist vorprogrammiert, und der Bahn ist das durchaus bewusst, wie eine andere Antwort eines Bahn-Sprechers zeigt: „Wir werden zum Start der Winterferien an den Berliner Fernbahnhöfen zusätzliche Service-Mitarbeiter einsetzen, die den Kunden für individuelle Anliegen zur Verfügung stehen.“ Immerhin: Man wird also unterhalten, während man mit dem nölenden Nachwuchs auf überfüllten Bahnsteigen herumsteht.
Und nicht nur das: „Gegebenenfalls bei besonders hoher Auslastung“ würden diese Mitarbeiter auch auf „Alternativverbindungen hinweisen können“. So es sie denn gibt. „Bei extrem hoher Auslastung“ behalte man sich schließlich sogar vor, die erste Klasse für Bahn-Kunden zweiter Klasse freizugeben.
Ein Bahn-Sprecher
So bleibt man wie nach einer Trennung am Bahnsteig zurück mit einer letzten Frage: „Warum macht die Deutsche Bahn bloß alles, um nicht geliebt zu werden?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen