Scheuers Bahnpolitik: Bahnretter wider Willen
Das Maut-Debakel hat den Verkehrsminister beschädigt. Für eine Imagekorrektur plant er jetzt eine Bahnreform.

Bahn streicheln für Kameras: Andreas Scheuer und Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz Foto: Christian Thiel/imago
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU ist der Watschenmann der Bundesregierung. Zwei Drittel der BürgerInnen wollen Umfragen zufolge seinen Rücktritt, sogar 60 Prozent der befragten CSU-Mitglieder. Schließlich hat der Mann dem Bund mit seinen voreilig geschlossenen Verträgen Schadenersatzforderungen in Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro eingebrockt.
Das war ein schwerer Fehler. Aber wenigstens indirekt hat er positive Folgen, eine Art Kollateralnutzen: Noch nie hat ein Verkehrsminister für die Bahn und den Radverkehr so viel Geld lockergemacht. Klar, Klimaschutz hat Hochkonjunktur. Und die Vehemenz, mit der Scheuer Verbesserungen bei der Bahn einfordert, ist dem Druck geschuldet, unter dem er nach dem Maut-Desaster steht.
Er weiß genau, dass er CSU-Chef Markus Söder gute Gründe liefern muss, an ihm festzuhalten. Scheuer braucht Erfolg, mehr als jedeR andere PolitikerIn in Deutschland. Die Autobranche kann damit nicht dienen. Deshalb setzt Autofreund Scheuer auf die Bahn. Das ist gut, auch wenn die Gründe die falschen sind.
Für die heutigen Probleme der Bahn ist nicht nur Scheuer verantwortlich. Man erinnere sich an Vorgänger wie seine Parteifreunde Ramsauer und Dobrindt, den späteren Autolobby-Chef Wissmann (CDU) oder Sozialdemokraten wie Müntefering und Tiefensee. Alle haben den Abbau von Schienen, Verbindungen und Personal und die internationale Expansion des Konzerns vorangetrieben. Der Bahn-Kahlschläger Mehdorn wurde unter Rot-Grün Konzernchef.
Scheuer ist seit der Wiedervereinigung der erste Verkehrsminister, der eine große Bahnreform will, die diese falsche Ausrichtung korrigieren könnte. Die Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder. Das heißt nicht, dass man Scheuer den Maut-Schaden durchgehen lassen darf. Aber Opposition und SPD sollten den Druck nutzen, um ihn in die richtige Richtung zu treiben: hin zu einer guten Bahn, weg von der Bevorzugung von Auto und Flieger.
Scheuers Bahnpolitik: Bahnretter wider Willen
Das Maut-Debakel hat den Verkehrsminister beschädigt. Für eine Imagekorrektur plant er jetzt eine Bahnreform.
Bahn streicheln für Kameras: Andreas Scheuer und Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz Foto: Christian Thiel/imago
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU ist der Watschenmann der Bundesregierung. Zwei Drittel der BürgerInnen wollen Umfragen zufolge seinen Rücktritt, sogar 60 Prozent der befragten CSU-Mitglieder. Schließlich hat der Mann dem Bund mit seinen voreilig geschlossenen Verträgen Schadenersatzforderungen in Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro eingebrockt.
Das war ein schwerer Fehler. Aber wenigstens indirekt hat er positive Folgen, eine Art Kollateralnutzen: Noch nie hat ein Verkehrsminister für die Bahn und den Radverkehr so viel Geld lockergemacht. Klar, Klimaschutz hat Hochkonjunktur. Und die Vehemenz, mit der Scheuer Verbesserungen bei der Bahn einfordert, ist dem Druck geschuldet, unter dem er nach dem Maut-Desaster steht.
Er weiß genau, dass er CSU-Chef Markus Söder gute Gründe liefern muss, an ihm festzuhalten. Scheuer braucht Erfolg, mehr als jedeR andere PolitikerIn in Deutschland. Die Autobranche kann damit nicht dienen. Deshalb setzt Autofreund Scheuer auf die Bahn. Das ist gut, auch wenn die Gründe die falschen sind.
Für die heutigen Probleme der Bahn ist nicht nur Scheuer verantwortlich. Man erinnere sich an Vorgänger wie seine Parteifreunde Ramsauer und Dobrindt, den späteren Autolobby-Chef Wissmann (CDU) oder Sozialdemokraten wie Müntefering und Tiefensee. Alle haben den Abbau von Schienen, Verbindungen und Personal und die internationale Expansion des Konzerns vorangetrieben. Der Bahn-Kahlschläger Mehdorn wurde unter Rot-Grün Konzernchef.
Scheuer ist seit der Wiedervereinigung der erste Verkehrsminister, der eine große Bahnreform will, die diese falsche Ausrichtung korrigieren könnte. Die Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder. Das heißt nicht, dass man Scheuer den Maut-Schaden durchgehen lassen darf. Aber Opposition und SPD sollten den Druck nutzen, um ihn in die richtige Richtung zu treiben: hin zu einer guten Bahn, weg von der Bevorzugung von Auto und Flieger.
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Kommentar von
Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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