Bauplanung in Israel: Ministerium boykottiert Boykotteure
Israels Bau- und Wohnungsministerium agiert politisch: Drei aktuelle Aufträge gehen nur an Firmen, die bereit sind, gleichzeitig in Siedlungen zu bauen.
JERUSALEM taz | Politische Flexibilität fordert Israels Bau- und Wohnungsministerium den Städteplanern ab, die sich auf staatliche Ausschreibungen bewerben wollen.
Wer den Auftrag für die Bauplanung für 3.000 Wohnungen in Ashkelon haben will, darf sich nicht scheuen, parallel dazu Infrastruktur und Straßen für 2.000 Wohneinheiten in der Siedlung Maale Adumim zu entwerfen und noch mal dasselbe für 1.200 Wohnungen in Mevasseret Adumim auf dem umstrittenen E1-Gebiet, wo vorläufig wegen Kritik aus Washington noch nicht gebaut wird.
Drei aktuelle Gruppenausschreibungen des israelischen Bauministeriums binden die Unternehmen an die Arbeit auch im Westjordanland. Israel boykottiert die Boykottierer. Wer staatliche Gelder verdienen will, darf keinen Unterschied machen zwischen Israel und dem besetzten Westjordanland. Offen werden Firmen beauftragt, die ideologisch der Regierung nahestehen.
Die Planung für 630 Wohnungen im israelischen Lod steht an, für 1.500 in Kfar Yona am Mittelmeer und 840 Wohnungen in der Siedlung Efrat, südlich von Bethlehem. Wer zur Arbeit in den Siedlungen nicht bereit ist, braucht sich gar nicht erst zu bewerben. Laut Ha’aretz vom Sonntag verneinte das Bauministerium während einer Konferenz mit Städteplanern die Frage, ob Gruppenaufträge von mehreren Unternehmen getrennt übernommen werden können.
Angst vor Benachteiligung
Reporter Zafrir Rinat von Ha’aretz rechnet Summen zwischen sieben und zwölf Millionen Schekel (ca. 1,5 bis 2,5 Millionen Euro) aus, die den Firmen bei solchen Gruppenausschreibungen entgehen, trotzdem hätten sich „schon mehrere Unternehmen gegen eine Bewerbung entschieden“. Rinat schreibt, dass die Firmen nicht genannt werden wollten, aus Angst vor Benachteiligungen bei künftigen Ausschreibungen.
Die Gruppenausschreibung soll offiziell das Baugeschehen „effektiver“ gestalten. Wohnungs- und Bauminister Uri Ariel von der national-religiösen „Das jüdische Haus“ argumentiert, dass er den Wohnungsbau vorantreiben will, um die Kosten zu senken. 43.000 Wohnungen strebt der Minister pro Jahr an, mehr als das derzeitige Bevölkerungswachstum erforderlich machen würde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern