Bau-Staatssekretärin Cansel Kiziltepe: Viel Anspruch, wenig Möglichkeiten
Die linke SPD-Politikerin Cansel Kiziltepe wird Staatssekretärin im Bauministerium. Doch ihre Positionen sind im Koalitionsvertrag nicht vertreten.
D rei Jahre ist der Wohn- und Mietgipfel der Bundesregierung her. Die Show des damaligen Bauministers Horst Seehofer (CSU) brachte ein paar Absichtsbekundungen für mehr Neubau, sonst aber keine Verbesserungen für Mieter:innen. Abzusehen war das schon vorher, auch für die SPD-Linke und Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe. Sie schickte also ein Grußwort an einen von Mieterorganisationen ausgerichteten Alternativgipfel.
Kiziltepe schrieb damals: „Das deutsche Mietrecht ist mittlerweile Schauplatz eines Klassenkampfes im 21. Jahrhundert geworden: Vermieter vs. Mieter! Da reicht es nicht aus, ein paar kleine Reformen zu beschließen. Der Mietenmarkt muss revolutioniert werden!“ Es war nicht abzusehen, dass sich Kiziltepe mit ihren für die heutige SPD ungewöhnlich kämpferischen Ansichten einmal für höhere Aufgaben qualifizieren würde. Doch nun steht fest: Kiziltepe wird Staatssekretärin im Bundesbauministerium.
Angesichts Kiziltepes bislang stets klarer Positionierungen zugunsten der leidgeplagten Mieter:innen ist diese Personalentscheidung der neuen Bauministerin Klara Geywitz (SPD) eigentlich ein Grund zur Hoffnung. Die Volkswirtin Kiziltepe steht dafür, der komplexen Frage, wie bezahlbares Wohnen erhalten werden kann, nicht mit Giffey'scher Eindimensionalität zu begegnen. „Neubau sei zwar der zentrale, aber nicht der einzige Baustein“ schrieb sie einst in einer Begründung, warum sie den Enteignungs-Volksentscheid unterstützt. Kiziltepe engagierte sich für Immobilienregister und gegen Share Deals, für ein Gewerbemietrecht und den Mietendeckel.
Der im Ampelkoalitionsvertrag gesetzte Schwerpunkt auf den vor allem durch Private zu leistenden Neubau wird jedoch kaum dazu führen, die Mietenspirale zu durchbrechen. Abgesehen von einer Begrenzung der Mieterhöhungsmöglichkeiten von 15 auf 11 Prozent in drei Jahren, fehlt dem Papier jeder regulatorische Anspruch. Stand jetzt wird Kiziltepe ein Verhinderungsministerium verwalten, statt die Revolution anzuführen. Bleibt ihr zu wünschen, dass sie sich mit diesen Verhältnissen nicht arrangiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier