Bassist über gesperrtes Paypal-Konto: „Es ist eine Bestrafungsaktion“
Der Rügener Trashrock-Band COR wurde ein Paypal-Konto vorläufig gesperrt. Es verstoße gegen das Handelsembargo der USA gegen Kuba.
taz: Herr Arndt, ihre Band hat per Crowdfunding Spenden für ihre Tour durch Kuba gesammelt. Das angelegte Spendenkonto wurde aber vom Betreiber Paypal vorläufig gesperrt, weil es gegen das Handelsembargo der USA gegenüber Kuba verstößt. Wieso?
Matthias Arndt: Es fing damit an, dass nur ein Angebot gesperrt werden musste. Da ging es darum, dass wir Musik-CDs aus Kuba mitbringen, als Dankeschön für 30-Euro-Spenden. Das konnte nicht angeboten werden, weil es gegen die Richtlinien von Paypal verstößt, also gegen das amerikanische Gesetz, Waren nicht aus Kuba zu exportieren. Am nächsten Tag kam dann die Mail, dass Paypal den Dienst für unser ganzes Projekt eingestellt hat.
Worum geht es in Ihrem Projekt?
Wir wollen nicht nur touren, da hinfahren und Schirmchendrinks trinken, sondern etwas Sinnvolleres beisteuern. 2009 war ich in Kuba, hatte ein Metal-T-Shirt an und bin dadurch mit Musikern in Kontakt gekommen, die haben mir ihren Proberaum gezeigt. Ich hatte damals schon Basssaiten mitgenommen und denen gegeben – zu sehen, wie sie sich darüber freuen, das war echt genial.
ist Bassist der Band COR. Er hat das Crowdfunding Projekt zur „Cuba COR libre“ gestartet.
Deshalb sammeln wir nicht nur Geld für die Tour, sondern auch Equipment, um die kubanische Punk-Metal-Undergroundszene damit zu unterstützen. Denn der Salsa wird dort sowieso hofiert, aber für die Undergroundszene ist es arg reglementiert.
Ist das Geld denn jetzt weg?
Fast 40 Prozent der Gesamtstumme, also knapp 3.800 Euro, liegen auf dem Paypal-Konto. Um da wieder ranzukommen müssen wir nachweisen, dass wir es nicht für kubanische Waren, Menschen oder Dienste ausgeben, ansonsten geht das Geld wieder zurück an die Spender. Wir brauchen theoretisch nur unsere Flugtickets Paypal zu zeigen, dann dürfte das Konto freigeschaltet werden.
Kann das Projekt also bestehen bleiben?
Ja. Wir sind in reger Kommunikation mit dem Anbieter Startnext, die finden das auch cool. Um es zu halten, gibt es nun andere Bezahlwege, Vorkasse oder Überweisung. Nur der Schnellbezahldienst über Paypal funktioniert nicht mehr.
Verstoßen denn aber die gesammelten Sachspenden nicht weiterhin gegen das Embargo?
Die Aktion findet von Deutschland aus statt, das dürfte nicht in die Embargogeschichte fallen. Es gibt eine Art europäisches Anti-Embargo-Gesetz, das Europäern erlaubt, gegen das amerikanische Gesetz zu handeln. Wir fliegen mit einer britischen Airline. Also buchen wir Gepäckmasse, packen das Material in unsere Koffer und überlassen es den kubanischen Musikern.
Wussten Sie von dem Embargo gegen Kuba?
Ja, klar. Ich studiere Lateinamerikanistik und Spanisch und im Geschichtsunterricht ist es auch ein Thema. Ich wusste schon, dass es das gibt. Aber ich hätte nie so weit gedacht, dass unser Projekt dagegen verstößt. Die Leute von Startnext waren auch überrumpelt. Die haben sich gewundert, warum Paypal die einzelnen Zahlungen so lange überprüft haben. Dadurch dass wir den Namen „Cuba COR libre“ genommen haben, erschien das womöglich automatisch in dem Monitoringprozess bei Paypal in der Suche. Mit einem anderen Namen wäre es wahrscheinlich gar nicht aufgefallen.
Das Embargo hat einen politischen Zweck. Wie stehen Sie dazu?
Ich finde es absolut veraltet und nicht zeitgemäß, ein Land so zu erpressen. Es ist eine Bestrafungsaktion. Ich sehe, was es auf Kuba kaputt macht. Letztendlich leiden die Menschen darunter und sie mit dem Embargo so abzuschotten, das ist nicht okay.
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