Basketballfunktionär zur Zuschauerfrage: „Wir sollten weiter sein“

Stefan Holz ist Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga. Er erklärt, weshalb der Einlass von Zuschauern verantwortbar und wichtig für alle wäre.

Basketballspiel vor leeren Rängen

Tristesse vor leeren Rängen: Basketball-Bundesliga ohne Zuschauer Foto: Ulmer Pressebildagentur/imago

taz: Herr Holz, eine Initiative aus Sport, Kultur und Wissenschaft hat eine Studie zur Rückkehr von Zuschauern bei Großevents vorgelegt. Welche Hoffnungen verbinden Sie mit dieser Studie?

Stefan Holz: Wir verbinden damit die Hoffnung auf eine differenziertere Diskussion. Wir stellen keine Forderungen, sondern bieten einen Diskussionsbeitrag.

Warum ist Ihnen die bisherige Diskussion nicht differenziert genug?

Wir waren im September schon einmal weiter. Da gab es die Ansage, 20 Prozent der Zuschauerkapazitäten dürfen ausgeschöpft werden. Das kam dann schnell zum Erliegen. Die Saison begann, und Mitte/Ende Oktober kam das Zuschauerverbot. Wir hatten nicht die Gelegenheit zu beweisen, dass das funktioniert. Im zweiten Jahr der Pandemie sollten wir eigentlich weiter sein, um nur auf den einen magischen bundesweiten Inzidenzwert zu schauen. Es müssten zudem die lokalen Bedingungen mit einbezogen werden.

Haben Sie die Schließung damals Ende Oktober für eine falsche Entscheidung gehalten?

Ich habe mir abgewöhnt, zurückliegende Entscheidungen zu kritisieren. Hinterher ist man sowieso immer schlauer. Damals war das nachvollziehbar und wir haben das mitgetragen. Wir waren froh, dass wir überhaupt spielen durften. Mittlerweile sind wir jedoch weiter, und die Lage hat sich auch verändert. Die Bettenbelegung auf den Intensivstationen der Krankenhäuser geht seit Wochen runter, die Impfquote in den Altenheimen liegt bei 90 Prozent.

Es gibt Zahlen, die zuversichtlich stimmen. Andererseits steigt die Sorge vor der Verbreitung von Mutationen, vor einer dritten Welle. Ist das nicht ein unglücklicher Zeitpunkt für eine Öffnungsdebatte?

Dieser ist weder glücklich noch unglücklich. Es ist einfach an der Zeit, in eine differenzierte Diskussion einzutreten. Die Mutationen betrachten wir logischerweise auch mit Sorge. Wir üben ja keinen zeitlichen Druck aus. Wir kommen über die inhaltliche Schiene. Wann der richtige Zeitpunkt ist, das dann wie angedacht anzupacken, das muss man noch diskutieren. Von inhaltlichen, fachlichen Aspekten aus betrachtet, wäre es schon jetzt vertretbar.

54, kommt aus der Werbebranche und ist seit 2015 Geschäftsführer der Basketball Bundesliga GmbH

Was stimmt Sie so optimistisch?

Das Konzept ist von Koryphäen unter anderem der Hygiene- und Umweltmedizin ausgearbeitet worden. Diese halten das für vertretbar. Ob das nun in die gesellschaftliche Landschaft passt, opportun erscheint, ist eine politische Diskussion.

Sie kommen zum Urteil, es ginge, passt aber möglicherweise nicht zur Stimmungslage. Das klingt frustrierend. Wie viel Geduld müssen Sie aus Ihrer Sicht noch aufbringen?

Ich weiß es nicht. Wie es Kollegen auch schon gesagt haben: Wir sind nicht Teil des Problems, aber wir können Teil einer Lösung sein. Wir brauchen einen anderen Blickwinkel. Wenn Kultur und Sport wieder verantwortbar vor Zuschauern möglich sind, ist das kein Privileg, sondern umgekehrt ein Mutmacher. Vielleicht müssen wir noch eine Weile mit dem Virus leben. Verbieten und Zusperren ist jedenfalls kein Zukunftskonzept.

Die Macher 20 Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen haben mit der Unterstützung von mehr als 40 Kultur- und Sportinstitutionen einen Dreistufenplan zur schrittweise Rückkehr von Zuschauern entwickelt.

Der Plan Der Leitfaden unterteilt sich in drei Bereiche: Ein Basiskonzept mit einer Auslastung der Zuschauerkapazität bis zu 40 Prozent, ein Spezial­konzept mit einer Auslastung bis zu 80 Prozent und ein Testkonzept für eine hundertprozentige Vollauslastung. Dabei wird zwischen Indoor- und Outdoorveranstaltungen unterschieden.

Zentrale Idee Bei der Bewertung, ob Zuschauer wieder zu Sport und Kulturveranstaltungen zugelassen werden, sollen die Belastungen der Intensivstationen in den Kranken­häusern und die Inzidenzwerte in Risikogruppen maßgeblich sein und nicht die allgemeinen Corona-Inzidenzwerte in der Bevölkerung.

Sie wollen keinen zeitlichen Druck aufbauen. Aber wie lange ist etwa die Basketball-Bundesliga noch überlebensfähig ohne Zuschauereinnahmen?

Bislang hilft der Staat uns mit ausreichend Hilfen aus. Dafür sind wir dankbar. Wenn die bisherige Unterstützung auch bis Ende Juni fließt, dann sind wir für diese Saison durchfinanziert. In der neuen Saison könnte das aber in der Tat ein Problem werden.

Es muss aber der Ausfall von Amateur und Nachwuchssport kompensiert werden. Das trifft die Profi­ligen auch.

Das ist sicherlich ein ganz großes Thema, ein Drama. Wir verlieren einen kompletten Jahrgang. Bei den Klubs wird massiv gespart. Der Umsatz der Klubs der Basketball-Bundesliga ist insgesamt von 140 auf knapp 100 Millionen Euro heruntergerauscht. Natürlich wird da auch im Jugendbereich gespart.

Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf den Basketball in anderen Ländern. Gibt es dort möglicherweise bessere Konzepte?

In manchen Ländern wie in der Schweiz oder Frankreich wird der Leistungssport auch staatlich abgestützt. Wir wundern uns allerdings gerade, woher in südlichen Ländern Europas, wo der Basketball besonders populär ist, das Geld kommt, welches derzeit dort noch in Profispieler investiert wird. Wir denken, das dicke Ende kommt dort noch.

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