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Barbara Junge über den EtappenSieg Donald TrumpsZwei Illusionen weniger

Sinn ergab das schon länger nicht mehr. Seit Beginn der US-Vorwahlen im Februar haben die Trump-Rivalen offensive Realitätsverweigerung betrieben, gemeinsam mit weiten Teilen des republikanischen Establishments. Ted Cruz, der Erzevangelikale aus Texas, war bis Mittwoch wenigstens eine in Zahlen messbar relevante Größe neben Donald Trump. John Kasich indes, der Gouverneur aus Ohio, konnte nur eine einzige Vorwahl für sich entscheiden, die in Ohio. Und für beide gilt, sie hätten nur unter einer Voraussetzung in die Nominierung eingreifen können: wenn sie eine Partei hinter sich gehabt hätten, die in der Lage wäre, politisch zu agieren. Diese Partei aber gibt es nicht.

Deshalb ist die ideell vorweggenommene Nominierung Trumps so konsequent wie gut. Die Republikaner erhalten einen freien Blick auf das, was sie aus ihrer Partei gemacht haben: einen positionsflexiblen Wahlverein für lukrative Posten; eine Ansammlung von Politikern, die nie der Täuschung erlegen wären, sie meinten ihre Wahlversprechen ernst. Trumps Sieg ermöglicht den Republikanern auch eine klare Sicht auf das, was sie aus ihrer Wählerbasis gemacht haben. Im Zusammenspiel von nicht gehaltenen Versprechen und jahrelanger Agitation gegen (das demokratische) Washington ist ein weißer wütender Mob entstanden. Den wieder zu zähmen dürfte eine Generationenaufgabe sein. Es ist wie mit der Revolution und ihren Kindern.

Schluss ist auch mit einigen Illusionen. Die demokratische Öffentlichkeit in den USA wie jenseits der Grenzen hat sich doch bislang wider besseres Wissen an dem Gedanken festgehalten, Trump könne noch vor einer Nominierung gestoppt werden. Wären seine letzten Rivalen im Rennen geblieben, die Illusion hätte sich noch länger an sie geheftet. So müssen Linke, Demokraten, besorgte Europäer oder geschockte Südamerikanerinnen den Blick auf das aushalten, was und wer dem Land und der Weltgemeinschaft droht.

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