Barack Obamas Grundsatzrede in Afrika: „Niemand steht über dem Gesetz“
Der US-Präsident verteidigt in Addis Abeba das Recht die Menschenwürde einzufordern und kritisiert seine Amtskollegen in Afrika. Die Menge tobt.
Kein Thema zerreißt Afrika derzeit so wie das Streben nach verfassungswidrigen dritten Amtszeiten – und zu nichts anderem bezieht Obama zum Ende seiner Afrikareise so klar Stellung. „Ich verstehe es nicht“, erklärt er. „Ich bin in meiner zweiten Amtszeit. Es war ein außergewöhnliches Privileg... Aber unter meiner Verfassung kann ich nicht wieder antreten! Übrigens glaube ich, dass ich ein ziemlich guter Präsident bin. Ich glaube, wenn ich antreten würde, würde ich gewinnen. Aber ich kann nicht. Das Gesetz ist das Gesetz. Und keine Einzelperson steht über dem Gesetz! Nicht einmal der Präsident.“ Die Menge tobt.
Obama sagt Dinge, für die in vielen Ländern Afrikas Menschen ins Gefängnis wandern. Er genießt den Jubel, der Applaus lädt ihn förmlich auf. Den Höhepunkt erzielt er mit der lapidaren Bemerkung: „Ich verstehe nicht, warum Leute so lange bleiben wollen. Vor allem, wenn sie viel Geld haben.“
Es sind natürlich keine Präsidenten, die da klatschen und jubeln. Es sind ausgewählte Gäste, Jugendliche, Studenten, Unternehmer, Vertreter eines Afrika in Bewegung, das Obama in Kenia beschworen hatte. Vor Obama hatte AU-Kommissionspräsidentin Nkosazana Dlamini-Zuma in einer scheinbar endlosen Willkommensrede den Saal fast in den Schlaf geredet.
„Ich stehe vor euch als Sohn eines Afrikaners“
Als Obama endlich ans Rednerpult tritt, ist das Publikum schon dafür dankbar. Er bedankt sich für die Gastfreundschaft und große Ehre und wird beklatscht. „Ich stehe vor euch als Sohn eines Afrikaners“ sagt er und wird noch stärker beklatscht. Aber sein zentrales Thema – Würde, die für jeden Menschen gelten muss – löst kaum Reaktionen aus.
Immer wieder, nach Sätzen wie „Menschen überall verdienen die Würde eines Lebens ohne Not“, pausiert Obama erwartungsvoll, und nichts passiert. Dann sagt er: „Ich glaube, wir können über 60 Millionen Haushalten und Unternehmen in Afrika Strom liefern und sie an die Weltwirtschaft ankoppeln“, und plötzlich rühren sich doch Hände zum Beifall. Es ist eine kuriose Stimmung des gegenseitigen Abtastens.
Das ändert sich erst mit dem Thema Demokratie. Obama kritisiert seine äthiopischen Gastgeber, tadelt die Inhaftierung von Journalisten und verteidigt das Recht auf Kritik von außen: „Wenn Bürger ihre Rechte nicht ausüben dürfen, hat die Welt eine Verantwortung, die Stimme zu erheben – und das wird Amerika tun!“ ruft er. „Ihr werdet uns nicht los. So sind wir. Wir werden diese Dinge immer wieder sagen!“
Obama verweist auf seine afrikanische Abstammung. „Wir wissen, wie es ist, Opfer zu sein. Wir wissen, wie es ist, wenn die Justiz einen diskriminiert. Wir wissen, wie es ist, eingesperrt zu sein. Alle unsere Nationen müssen ihre Stimmen erheben, wenn Würde versagt wird.“
Erst damit ist das Eis gebrochen. Und als dann die Präsidentenschelte kommt, ist Obama endlich da angelangt, wo er hinwollte: Er kann Afrika erhobenen Hauptes verlassen. Wenn er nicht mehr Präsident ist, werde er öfter kommen, sagt er. Es klingt wie eine Drohung. Die Menge jubelt.
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