Barack Obama in München: Zu eitel für die Lederhose
Ex-US-Präsident Obama spricht auf einer Wirtschaftsmesse in München. Er appelliert an die Verantwortung von Unternehmen – und empfiehlt Schlaf.
MÜNCHEN taz | Barack Obama kommt dann doch im Anzug. Die Lederhose, die man ihm ins Hotelzimmer geschickt habe, habe er dort zwar in einem unbeobachteten Moment anprobiert, sie habe ihm auch gut gestanden, aber in der Öffentlichkeit sehen lassen will er sich damit dann doch nicht. Der Auftritt des früheren US-Präsidenten ist der Höhepunkt der Gründermesse Bits & Pretzels, die am Sonntag in München begonnen hat. Anders als die meisten der übrigen Messebesucher sieht Obama bei seinem ersten München-Aufenthalt jedoch von einem Oktoberfestbesuch ab. Der Secret Service würde da wohl etwas nervös werden.
Mehr als anderthalb Stunden dauert das Vorprogramm, mit dem das Publikum schon mal auf den großen Moment eingestimmt werden soll. Versorgt mit Brezn und österreichischen Energiedrinks und beschallt mit Abbas „Dancing Queen“, darf es nun noch den Erfolgsgeschichten von etlichen Männern und Frauen lauschen, die die Bühne bevölkern – überwiegend in Tracht. Das alte Stoibersche Motto vom Laptop und den Lederhosen wird hier auf die Spitze getrieben, selbst im Titel der Messe ist es ja nur sachte aktualisiert. Dann ist es so weit. Der Popstar tritt auf die Bühne, die Zuschauer springen von ihren Plätzen.
Über eine gute Stunde spricht Obama mit Britta Weddeling, ehemals Handelsblatt-Korrespondentin im Silicon Valley, heute im Dirndl. Es geht um unterschiedliche Themen wie Diversität, Klima und Unternehmerverantwortung. Natürlich gibt es auch Spitzen gegen seinen Amtsnachfolger Donald Trump, aber stets subtil, und ohne dessen Namen zu nennen. Sie machten den Eindruck eines ziemlich gebildeten Publikums, sagt Obama etwa zu den rund 6.000 Messebesuchern, deshalb müsse er sie nicht davon überzeugen, dass die Klimakatastrophe real sei.
Apropos Klima: Vor ein paar Tagen habe er zum zweiten Mal Greta Thunberg getroffen. Die Klimaaktivistin übernehme eine monumentale Aufgabe, sie sei eigentlich zu jung, um diese Last zu tragen. „Eine 16-Jährige sollte das nicht tun müssen. Sie erinnert uns daran, dass die von uns, die behaupten, Erwachsene zu sein, ihren Verantwortungen oft nicht gerecht werden.“
Optimistisch – trotz allem
Obama warnt davor, bei der Rettung des Klimas allein auf den technischen Fortschritt zu vertrauen, es bedürfe auch Regierungsmaßnahmen. Ohne diese sei der notwendige Wandel nicht möglich. So wären in seiner Amtszeit etwa die Solar- und Windkraftbranchen kollabiert, wenn die US-Regierung nicht eingegriffen hätte.
Unternehmen sollten nachhaltiger wirtschaften, findet Obama, und nicht nur den Shareholder Value im Blick haben. Überhaupt sei ein verstärkter Dialog zwischen Unternehmen und der Gesellschaft, aber auch zwischen Unternehmen und der Politik notwendig, sagt der Ex-Präsident und verweist auf ethische Herausforderungen, die manch technische Entwicklung mit sich bringe.
Künstliche Intelligenz eröffne etwa einerseits großartige neue Möglichkeiten, auch im Klimaschutz, wenn beispielsweise Computer effektivere Wege fänden, ein Haus zu heizen und zu kühlen. Aber die Gesellschaft erkenne in solchen Entwicklungen eben auch Gefahren: „Wir sorgen uns, dass irgendwelche Roboter die Macht übernehmen könnten.“ Die Realität sei indes viel profaner: Wenn Technologien wie das Gentechnik-Werkzeug CRISPR in die falsche Hände kämen, könnte das schlimme Folgen haben, so Obama.
Positiv in die Zukunft
Trotz allem blicke er aber positiv in die Zukunft. Als ihn ein Mitarbeiter mal während seiner Amtszeit gefragt habe, wie optimistisch er sei, seine Gesundheitsreform durchzubringen, habe er ihm geantwortet: „Wie heiße ich? Wenn einer Barack Hussein Obama heißt und im Weißen Haus sitzt, muss er optimistisch sein.“
Wie sich sein Leben verbessert habe, seit er nicht mehr im Amt sei, will die Moderatorin dann noch von ihm wissen, und was für neuen Beschäftigungen er inzwischen nachgehe. „Ich schlafe“, antwortet Obama begeistert. „Das ist wie eine Droge, das ist wirklich großartig.“
Leser*innenkommentare
76530 (Profil gelöscht)
Gast
Schade, dass die - in meinen Augen - wichtigste Aussage des Textes bislang keine Beachtung fand.
"Ich schlafe. Das ist wie eine Droge." meint Herr Obama.
Absolute Zustimmung. Sofern manN den Mut hat, sich seinen eigenen Abgründen im Traum zu stellen.
Den Tipp sollte Obama seiner Freundin Angela schnellstens geben. Mit der Bitte um baldige Verbreitung.
Für mich wäre das wie ein zweiter Marshall-Plan. ^^
Sven Günther
Wäre das Tragen von Lederhosen nicht ein klarer Fall von cultural appropriation?
88181 (Profil gelöscht)
Gast
Keine Lederhose.
Wenigstens einer, der nicht wie ein Trottel aussehen will.
Sarg Kuss Möder
"Zu eitel für die Lederhose" Primitiver und sachfremder geht es nun wirklich nicht. Muss Frau Merkel jetzt eigentlich Kopftuch tragen, wenn sie mit Erdogan verhandelt? Dessen Frau hat auch immer eines an. Anders kenne ich sie jedenfalls nicht.
Reyde Lanada
Ich habe da zwei Worte,: "Predator Drones"
Und davon ab hinterlassen ich noch einen Erklärungslink, warum er keine Lederhose trug.
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Im Großenßen und Ganzen ist der Mann doch nur ein glorifiziertes, weil PR-technisch brilliantes, geringeres Übel
06137 (Profil gelöscht)
Gast
@Reyde Lanada Zitat: "Ich habe da zwei Worte,: "Predator Drones""
Und was soll uns das bitte sagen?
76530 (Profil gelöscht)
Gast
@Reyde Lanada Wo PR und Marketing Dominanz ausüben, bleiben Inhalte auf der Strecke. Das nächste Kapitel wird gerade in Wien geschrieben.
Und auch ein "geringeres Übel" ist am Ende des Tages nur ein Übel.
Reyde Lanada
@76530 (Profil gelöscht) Ich kann Ihnen da (leider) nur vollumfänglich zustimmen. Ich finde es nur immer wieder niederschmetternd, dass wir anscheinend wirklich nur die Wahl zwischen Pest, Cholera oder gemäßigter TBC haben
76530 (Profil gelöscht)
Gast
Politik als Show.
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