Bankgeheimnis in Österreich: Die Koalition ist gespalten
Österreich könnte der letzte EU-Staat sein, in dem ausländische Konteninhaber anonym bleiben: Der Kanzler wankt, doch die ÖVP bremst.
WIEN taz | Luxemburg und sogar die Schweiz haben Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Jetzt muss sich auch die Regierung in Österreich die Frage stellen, wie es mit dem Bankgeheimnis in der Alpenrepublik weitergehen soll. Denn im Kampf gegen Steuerflucht fordert die EU-Kommission, dass sich alle Länder am internationalen Austausch von Bankdaten beteiligen.
Und Österreich könnte bald das letzte Land in der EU sein, in dem Steuerflüchtige anonym blieben. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) gibt sich kämpferisch: „Das Bankgeheimnis steht in der Verfassung und auf die Verfassung bin ich angelobt [vereidigt]“.
Die Koalition zeigt sich allerdings gespalten. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), der offenbar den Druck aus Brüssel direkter zu spüren bekommen hat, verteidigt zwar die heimischen Sparer. Doch für ausländische Gelder kann er sich Zugeständnisse vorstellen.
In 25 EU-Staaten werden die Zinserträge ausländischer Anleger mit EU-Wohnsitz automatisch an die Finanzämter in den jeweiligen Heimatstaaten gemeldet. In Österreich werden die Zinserträge ausländischer Bankguthaben dagegen bisher pauschal mit 35 Prozent besteuert.
Anleger bleiben anonym
Drei Viertel des so abgeschöpften Geldes wird an die zuständigen Finanzämter überwiesen. Die Anleger bleiben aber anonym. Nur in Verdachtsfällen darf der Fiskus auf Kontodaten zugreifen.
Österreich hat in den 1990er Jahren ausländische Vermögen angelockt, weil Stiftungsgelder dort besonders diskret veranlagt werden konnten. Wie das „Ö1“-Radio am Dienstag berichtete, operiert von Innsbruck aus zudem eine Firma bislang unbehelligt, die die Anlage in Zypern, Singapur, Malta oder karibischen Steuerparadiesen vermittelt.
Auf der Website heißt es: „Aktienhandel über eine Offshore-Firma bedeutet keine Körperschaftssteuer.“ Der Sender berichtete, ein weiterer Standort in München sei wegen der restriktiven Regelungen für Offshore-Anbieter in Deutschland vor drei Jahren geschlossen worden.
Es geht nicht um die kleinen Sparer
Mit dem Schutz kleiner Sparer habe Österreichs Bankgeheimnis nichts zu tun, versichern Steuerexperten wie der Finanzrechtsprofessor Werner Doralt. Deshalb könne er das Mauern der Regierung nicht nachvollziehen: „Österreich macht sich damit lächerlich.“ Finanzministerin Fekter werde ohne Gesichtsverlust aus ihrer Position nicht herauskommen.
Wolfgang Nolz, Kapitalmarktbeauftragter des Finanzministeriums, warnt dagegen, man dürfe nicht glauben, dass die Konteninhaber etwa aus Deutschland oder Frankreich „wie die Lämmer dasitzen und warten, bis sie an die Schlachtbank ihres jeweiligen Finanzamtes geführt werden. Die werden woanders hingehen“.
Die Nationalbank weiß von derzeit 53 Milliarden Euro ausländischer Sicht- und Termineinlagen auf österreichischen Konten. Gegenüber dem Jahr 2004 hat sich dieses Kapital verdoppelt. 35 Milliarden davon stammen aus der EU, der überwiegende Teil vermutlich aus Deutschland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch