Bandenkriminalität in Nigeria: Verzweifelter Kampf
Jährlich werden tausende Menschen von Banditen ermordet und noch mehr entführt. Jetzt sollen es Selbstverteidigungsmilizen richten.
![Eine Frau in einem pinkfarbene Kleid und Kopftuch geht eine Straße entlang Eine Frau in einem pinkfarbene Kleid und Kopftuch geht eine Straße entlang](https://taz.de/picture/4734415/14/26925363-1.jpeg)
Der Überfall ereignet sich keine zwei Tage, nachdem am Mittwoch Nasir El-Rufai, Gouverneur des gleichnamigen Bundesstaates, Alarm geschlagen hatte. Im vergangenen Jahr sind in Kaduna mindestens 937 Menschen durch Angriffe und Überfälle ums Leben gekommen. Neben Ausschreitungen zwischen ethnischen Gruppen sind vor allem kriminelle Gangs dafür verantwortlich. Darüber hinaus wurden mindestens 1.972 Entführte gezählt. Im ganzen Nordwesten, so schätzt die Denkfabrik International Crisis Group (ICG), sind zwischen 2011 und 2019 mehr als 8.000 Menschen ermordet worden.
An nachhaltigen Sicherheitskonzepten fehlt es trotz steigender Gewalt. Im Bundesstaat Niger, wo Mitte Februar in Kagara 27 Schüler, drei Lehrer und zwölf Angehörige entführt wurden, sollen es nun Selbstverteidigungsmilizen richten. Die Landesregierung hat angekündigt, diese mit Flinten auszustatten.
Bürgerwehren gibt es seit vielen Jahren überall im Land. Sie sind das Resultat von mangelnder Polizei- und Militärpräsenz, aber auch von fehlendem Vertrauen in den Staat. Anfangs gründeten sie sich oft, um Nachbarschaften vor Diebstahl zu schützen. Banditen in ländlichen Gegenden dürften sie jedoch unterlegen sein, nutzen diese doch längst Kalaschnikows. Außerdem sind die Gangs vernetzt und haben in großen Waldgebieten Rückzugsorte gefunden.
Schulen als weiche Ziele
Für die Bundesstaat Niger kündigte die dortige Kommissarin für Bildung außerdem an, bis zum Monatsende alle weiterführenden staatlichen Schulen zu schließen. Schulen gelten als weiche Ziele, die kaum geschützt sind. Auch erhalten Angriffe und Entführungsfälle weltweit hohe Aufmerksamkeit, was den Druck auf Regierungen erhöht. Privatschulen müssen für Polizisten selbst zahlen.
Zamfara, wo Ende Februar 279 Schülerinnen verschleppt wurden, hofft hingegen auf die Stationierung von 6.000 Soldaten. Das hat Gouverneur Bello Matawalle im Fernsehen angekündigt. Dort klagt die Bevölkerung seit Jahren über Entführungen, Überfälle und Gewalt. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) spricht von mehr als 112.000 Binnenflüchtlingen.
Wie prekär die Lage ist, hat Präsident Muhammadu Buhari mehrfach zugegeben. Am Donnerstag sagte er, die Regierung würde verzweifelt nach Lösungen suchen. Ein Dialog mit den Banden zu führen, sei jedoch kein Ansatz. Die Regierung würde sich erpressbar machen.
Einzelne Gouverneure wie Mattawale sehen das jedoch anders. Er setzt nicht nur auf zusätzliche Sicherheitskräfte, sondern auch auf einen Dialog. Anfang Februar nannte er Gespräche zwischen Banditen und dem muslimischen Meinungsführer Ahmad Gumi als erfolgreich. Sie hätten dazu beigetragen, dass in Zamfara weniger Menschen ermordet wurden. An den Massenentführungen hat sich allerdings nichts geändert.
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