Bahnradsport im Coronaloch: Radler müssen draußen bleiben
Die Olympia-Vorbereitung ist für die Radsportler auf der Holzbahn überaus kompliziert. Wettkämpfe gibt es in diesen Tagen gar nicht.
Im Sommer letzten Jahres, zwischen den beiden Lockdowns, nahm er immerhin an einigen Straßenrennen teil. Die Straßensaison im Radsport wurde durchgezogen, komprimiert zwar, aber viele Rennen fanden statt. Im Bahnradsport hingegen herrschte Flaute. „Mein letztes Bahnrennen war die WM im März 2020 in Berlin“, erinnert sich Reinhardt. Da holte er mit seinem Partner Roger Kluge Bronze.
Star der damaligen Wettkämpfe war mit Siegen im Sprint, im Teamsprint und im Keirin Emma Hinze. Zeigen konnte sie ihre Regenbogentrikots als Weltmeisterin bislang aber nur im Training. „Wenn ich sie im Training überstreife, erinnere ich mich natürlich an das, was ich geleistet habe. Mein letzter Bahnwettkampf war die WM“, sagt sie in einem Videointerview.
Erste Möglichkeit, ihr Regenbogentrikot zu präsentieren, ist nach aktueller Planung der Nations Cup im schottischen Newport im April. Darauf bereiten sich sowohl Hinze als auch Reinhardt vor. Beide übrigens in Trainingslagern, in die man fliegen muss – kleine Vorteile für Nationalsportler*innen.
Hinze steckte vor zwei Wochen mit der Gruppe der Bahnsprinterinnen im griechischen Rhodos. „Wir hatten dort drei Villen, lebten in einer Blase, abseits von allem. In die Stadt oder in ein Café konnte man ja sowieso nicht“, erzählt sie. Reinhardt bleibt bis Mitte Februar mit der Ausdauerabteilung der Männer in einer Finca auf Mallorca. Auch hier war Abschottung angesagt. „Wir sind extra nicht in Hotels gegangen. Die Betreuung ist aufs Mindeste reduziert, sieben Sportler, Trainer und Physiotherapeut“, so berichtet Reinhardt.
Andauernde Unwägbarkeiten
Der 30-jährige Berliner wirkt trotz der fehlenden Wettkämpfe entspannt. Vor allem die Aussicht auf die Olympischen Spiele ist es, die ihn jetzt im Training motiviert. „Ich bin optimistisch, dass die Spiele stattfinden. Das ist das, was einen gegenwärtig im Training bei der Stange hält.“
Kollegin Hinze geht es ebenso. Sie würde auch nach Tokio fahren, wenn die Spiele ohne Publikum stattfinden, versichert sie. Das Vertrauen ins IOC, dass es Olympia durchzieht, ist bei den Elitesportler*innen offenbar groß. Unwägbarkeiten gibt es dennoch. Bei der Bahn-EM im vergangenen Jahr in Plovdiv zog der BDR kurz vor Abreise die Teilnahme zurück. „Das war schon ärgerlich. Zwei Tage vor der WM sagte der Verband, wir fahren nicht“, erinnert sich Reinhardt. Verständnis dafür hat er aber auch: „Es war damals ein Hochrisikogebiet.
Die meisten von uns sind in der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Und da hätte es sicher kein gutes Bild abgegeben, wenn wir in ein Hochrisikogebiet gefahren und möglicherweise noch mit einem Coronafall zurückgekehrt wären.“ Als Einzelstarter fuhr nur Maximilian Levy – und siegte im Sprint und im Keirin. Levy, mehrfacher Weltmeister, ist durch Privatsponsoren unabhängig. In Pandemiezeiten spielt das eine große Rolle. Weitgehend privat finanzierter Sport, ob Profisport im Fußball, Tennis oder Radsport oder der werbewirksame Wintersport, wird durchgezogen. Sportarten mit weniger Profiterwartung sind stärker dem allgemeinen Pandemie-Regime unterworfen.
Unterschiede gibt es aber auch hier. Reinhardt, jüngst zum Athletensprecher des Berliner Radsportverbands berufen, und Dreifachweltmeisterin Hinze, sehen durchaus, dass sie es im Vergleich zum Vereinssport und zu den vielen Nachwuchsathlet*innen besser getroffen haben. „Gruppentraining war in den Nachwuchsklassen nur in bestimmten Situationen möglich“, erzählt etwa Reinhardt. „Mein Alltag ging einfach weiter.“
Jetzt peilen beide Olympia an. Hinze hat den Vorteil, dass sie sich mit ihren Kolleginnen vorbereiten kann. Reinhardt hingegen wird seinen Madison-Partner Kluge wegen dessen Verpflichtungen auf der Straße wohl erst bei Olympia wiedersehen. „Gut möglich, dass das dann unser erster gemeinsamer Wettkampf in diesem Jahr wird“, sagt er. Eine zweite Pandemiesaison mit Hindernissen kündigt sich an.
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