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Bafög-ReformDie verzögerte Erhöhung

Die Bundesregierung verabschiedet die Reform der Ausbildungsförderung. Für viele Studenten kommt diese aber zu spät.

Studenten bekommen mehr Geld, aber erst ab 2016. Bild: dpa

BERLIN taz | 735 Euro. Das soll laut Kabinettsbeschluss zukünftig die höchste Ausbildungsförderung (Bafög) für Studierende in Deutschland sein. Bisher erhalten Studenten höchstens 670 Euro pro Monat. Das Bundeskabinett einigte sich am Mittwoch auf eine umfassende Reform der Bafög-Regelungen.

Neben dem Fördersätzen sollen auch die Elternfreibeträge um sieben Prozent erhöht werden. Diese lagen bisher höchstens bei 1.605 Euro. Dieser Betrag ist deshalb wichtig, weil dadurch erst entschieden wird, wer überhaupt Förderung erhalten darf. Steigen soll auch der Zuschlag zur Miete für nicht mehr im Elternhaus lebende Studierende von bisher 224 Euro auf 250 Euro.

Auch für geduldete oder aufenthaltsberechtigte Studierende aus dem Nicht-EU- Ausland soll es zukünftig einfacher werden, staatliche Förderung zu erhalten. Sie sollen künftig ihren Bafög-Antrag nach 15 Monaten stellen dürfen. Das Problem an der ganzen Geschichte: Die Reform soll erst zum Wintersemester 2016/2017 in Kraft treten.

Die späte Einführung ist auch der Hauptkritikpunkt der Opposition. „Die Bundesregierung nimmt billigend in Kauf, dass weniger Jugendliche Bafög erhalten und das Arbeiterkinder in ihrem Bildungsaufstieg blockiert bleiben“ sagte Kai Gehring, bildungspolitischer Sprecher der Grünen, der taz.

Nicole Gohlke, wissenschaftspolitische Sprecherin der Linken, bezeichnete die Bafög-Erhöhung als „überfällig“. Sie kritisierte, dass die Elternfreibeträge einmalig erhöht werden, anstatt diese an die Lohn- und Preisentwicklung anzupassen. „Diese Regelung ist offenbar für Abgeordnetendiäten möglich, aber für Studierende nicht“, sagte Gohlke der taz.

Kritik an starren Regelungen

Das Studentenwerk erkennt in der Reform Licht und Schatten. Ihr Geschäftsführer, Achim Meyer auf der Heyde, freute sich grundsätzlich über die Entscheidung der Koalition. Doch auch er kritisierte den späten Einführungszeitpunkt. Ansonsten drohe die Reform bei ihrer Einführung „der Entwicklung schon wieder hinterherzuhängen.“ Meyer auf der Heyde forderte gegenüber der taz ebenfalls eine stetige Anpassung der Bafög-Sätze an die Lohnentwicklung. Eine solche Regelung sei aufgrund der zukünftigen Alleinzuständigkeit des Bundes für die Ausbildungsförderung einfacher umzusetzen.

Bereits ab Januar 2015 will der Bund laut dem Beschluss den bisherigen Anteil der Länder an den Bafög-Kosten übernehmen. Diese hatten bisher 35 Prozent der Kosten mitgetragen und können nun knapp 1,2 Milliarden Euro pro Jahr sparen. „Das Geld sollte in die Verbesserung der Lernkapazitäten und der sozialen Infrastruktur investiert werden“, forderte Meyer auf der Heyde.

Dem Bildungsministerium zufolge erhielten im Jahr 2012 rund 630.000 Studierende, Schülerinnen und Schüler Bafög. Die Ausgaben von Bund und Ländern lagen dabei bei rund 3,34 Milliarden Euro. Studenten bekommen die Förderung in der Regel je zur Hälfte als Zuschuss und als zinsloses Darlehen, das später in Raten zurückgezahlt werden muss. Schüler müssen die Förderung nicht zurückzahlen. Die letzte Bafög-Erhöhung stammt aus dem Jahr 2010.

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1 Kommentar

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  • Interessante Art darüber hinwegzutäuschen, dass es keinen Mindestlohn für junge Menschen, vorallem für Pflichtpraktika, gibt.

     

    Sehr kurz gedacht könnte man auf die Idee kommen, dass die derzeitige Regierung Bildung für "Arbeiterkinder" und auch die Arbeit von jungen Menschen nicht relevant findet... War da nicht eine Partei dabei die namentlich für Soziales eintritt? Oder täusche ich mich da?