Bären-Miliz in Bayern: Freie Wähler fordern Raubtier-Polizei
In Bayern fordert eine Landrätin eine „Bären-Miliz“, die die Raubtiere auch töten darf. Dabei gibt es in Deutschland eigentlich gar keine Bären.
Durch die heimischen Wälder streifen allerdings fast nie Braunbären. Das letzte Mal, dass ein Braunbär in Deutschland gesichtet wurde, war im Mai 2023. Just im Landkreis von Indra Baier-Müller. Daraufhin gründete sie die Initiative Braunbär, um die Koordination unter den Verantwortlichen in den alpennahen Regionen Bayerns zu verbessern.
Zuletzt traf sich die Initiative Braunbär am 19. Juni im bayerischen Sonthofen, um sich mit anderen Regionalpolitiker*innen und Vertreter*innen der Landwirtschaft auszutauschen. „Wir brauchen klare Rahmenbedingungen und Konzepte für den Umgang mit gefährlichen Tieren. Schnelle Reaktionszeiten sind entscheidend, um sowohl Mensch als auch Tier zu schützen“, so das Fazit der Regionalpolitikerin, das sie nach dem Treffen auf ihrem Instagram-Account fällte.
Prompt zwei Wochen später lag ein solches Konzept auf dem Schreibtisch des bayerischen Umweltministers – samt Gründung einer „Braunbären-Miliz“. Das Haus unter Thorsten Glauber (Freie Wähler) erteilte dem Vorschlag vorerst eine Absage. „Es gibt derzeit keinen Nachweis für einen Bären in Bayern“, sagte ein Ministeriumssprecher. Im Ernstfall soll aber auch der Abschuss eine mögliche Maßnahme sein, so das bayerische Umweltministerium.
Keine Bären in Deutschland
Die Tiere haben eine hohe Wanderbereitschaft. Von Norditalien aus machen sich die Braunbären auf den Weg nach Bayern, verweilen dort aber nur kurzzeitig. Zu einer dauerhaften Ansiedlung in Deutschland kommt es nicht. Denn: Braunbären, die in Deutschland in freier Wildbahn leben, gibt es seit fast 200 Jahren nicht mehr.
Deswegen kann Andreas von Lindeiner vom bayerischen Landesbund für Vogel- und Naturschutz auch kein Verständnis für den Vorschlag aus dem Oberallgäu aufbringen. „Ich halte überhaupt nichts von der Forderung nach einer bewaffneten bayerischen Braunbärenbereitschaft“, sagt von Lindeiner, der auch Mitglied in der Arbeitsgruppe Große Beutefänger im bayerischen Umweltministerium ist.
Außerdem seien Bären, die nach Deutschland kommen, in der Regel männlich, sagt von Lindeiner. „Ich weiß von keinem einzigen Weibchen, das den Weg nach Deutschland auf sich genommen hat“, erklärt der Biologe. Die Möglichkeit, dass sich Braunbären in Deutschland ansiedeln und fortpflanzen können, ergibt sich also gar nicht.
Tödlicher Vorfall in Rumänien?
Nur wenige Tage nachdem Landrätin Baier-Müller eine Art Bärenpolizei gefordert hatte, starb eine Rumänin wegen eines Bären. Der Bär tötete die 19-jährige Frau während einer Wanderung in Rumänien. Hier leben rund 8.000 Braunbären – die mit Abstand größte Braunbär-Population in Europa.
Der Vorfall in Rumänien könnte die Debatte rund um den Braunbären auch hier in Deutschland weiter anheizen und der Forderung nach der Braunbärenbereitschaft Nachdruck verleihen. Ob Landrätin Baier-Müller trotz der Absage aus dem bayerischen Umweltministerium weiterhin auf die Gründung einer bewaffneten Bärenbereitschaft pocht, ist ungewiss. Eine entsprechende Anfrage an ihr Büro blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Die Wahrheit
Der erste Schnee