BVG-Streik: Ver.di verteilt Ostergeschenke
Die Gewerkschaft setzt den BVG-Streik komplett aus. Nach Ostern soll der Ausstand aber fortgesetzt werden - in welchem Umfang, ist unklar. Die BVG will die Pause zur Reparatur ihrer Fahrzeuge nutzen.
Über Ostern rollt der öffentliche Nahverkehr wie gewohnt. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di unterbricht ihren Streik bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) über die Feiertage komplett. Das entschied am Mittwoch die große Tarifkommission. Am Montag wurde der Streik bereits für den Fahrverkehr ausgesetzt. Werkstätten und Leitzentralen werden bisher jedoch weiter bestreikt. Ab Karfreitag, 0 Uhr, sollen sie ihre Arbeit nun wieder aufnehmen.
Vier Tage Pause im Arbeitskampf bei der BVG: Von Freitag bis Montag wird in keinem Bereich des Unternehmens gestreikt. Die Gewerkschaft Ver.di hofft, damit Sympathien bei den Kunden zu sammeln, die BVG will die Zeit zur Reparatur ihrer Fahrzeuge nutzen. Unterdessen wies die Berliner Ver.di-Chefin Susanne Stumpenhusen Forderungen der Industrie- und Handelskammer nach einer Privatisierung der BVG zurück. Das bringe weder finanzielle Vorteile für das Land Berlin, noch sei eine Privatisierung rechtlich überhaupt möglich.
Nach den Feiertagen soll laut Ver.di allerdings wieder gestreikt werden - es sei denn, die Arbeitgeberseite bewege sich vorher. "Damit rechnet derzeit jedoch niemand", sagte Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann der taz. Die endgültige Entscheidung über die Fortsetzung und Form des Ausstands fällt am Dienstagmorgen die Tarifkommission. "Wir richten uns auf einen langen Kampf ein", so Splanemann.
Laut Ver.di-Verhandlungsführer Frank Bäsler wird der Streik über Ostern nur "schweren Herzens" ausgesetzt. Der Beschluss sei kein Zeichen von Schwäche und solle nicht als "Einknicken der Kollegen" verstanden werden, sagte Bäsler. Laut Splanemann wird jedoch auch innerhalb der Gewerkschaft diskutiert, ob die Streikunterbrechung ein Zeichen der Niederlage sei. "Einige sehen es als Signal für Schwäche, andere aber als Stärke, weil wir unser Versprechen an die Kunden halten."
Splanemann begründet das Aussetzen des Streiks damit, dass über Ostern von den Arbeitgebern keine Signale im Tarifstreit zu erwarten seien. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), die einem neuen Vorschlag zustimmen müssten, sind über die Feiertage nicht in der Stadt.
Ein weiterer Grund sei die Ankündigung der Gewerkschaft, den Nahverkehr über die Feiertage aufrechtzuerhalten, so Splanemann. Die Probleme für die BVG seien jedoch bereits jetzt gravierend. "Wenn wir den Streik fortgesetzt hätten, wäre der Verkehr in einzelnen Bereichen in ein bis zwei Tagen zum Erliegen gekommen." Durch den Streik in den Werkstätten kam es bisher vor allem bei den Bussen zu Engpässen. Am Mittwoch waren nur noch rund 80 Prozent der Fahrzeuge einsetzbar.
Die BVG zeigt sich erleichtert über die Entscheidung der Tarifkommission. "Das hilft uns sehr weiter", sagt Sprecherin Petra Reetz. Über Ostern werde die BVG versuchen, die Werkstätten rund um die Uhr zu besetzen. Reetz geht davon aus, dass die Fahrzeugflotte vollständig instandgesetzt werden kann. "BVGler sind immer in erster Linie BVGler. Da ist ein gesunder Ehrgeiz vorhanden, das hinzukriegen." Zumindest am Dienstag könnten Busse und Bahnen nach dem normalen Fahrplan starten.
Die zuständige Senatsverwaltung für Finanzen begrüßt, dass die Bürger zunächst nicht weiter unter dem Streik leiden. "Ver.di muss aber auch über das vorliegende Angebot verhandeln", fordert Sprecherin Kristina Tschenett. Dies lehnt die Gewerkschaft jedoch ab. "Die Arbeitgeberseite hat sich keinen Millimeter bewegt", sagt Splanemann. Diese bietet wie zu Beginn der Gespräche maximal zehn Millionen Euro pro Jahr für höhere Gehälter an. Ver.di fordert jedoch zwischen drei und neun Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten. "Das entspricht einem deutlich höheren Betrag", sagt Splanemann.
Streit gibt es auch über die Verteilung des zusätzlichen Geldes. Während Ver.di Lohnzuwächse für alle Beschäftigten fordert, wollen die Arbeitgeber Einkommenssteigerungen nur für die Neubeschäftigten. Die Altbeschäftigten, die vor 2005 eingestellt wurden, würden bereits besser bezahlt als bundesweit üblich, so Tschenett.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!