BUND nimmt Pestizid-Video zurück: Bauern sind doch keine Babykiller
Der BUND verzichtet auf einen Clip gegen Pestizide. Darin wurden Landwirte in die Nähe von Kindermördern gerückt. Nicht nur Bauern fanden das zu drastisch.
BERLIN taz | Süße Babyköpfe wachsen aus einem Ackerboden. Plötzlich fliegt ein Flugzeug über das Feld – und lässt Chemikalien auf die Knirpse regnen. Die Botschaft des 45-Sekunden-Filmchens erscheint: „Pestizide. Hergestellt, um zu töten“. Die Verantwortlichen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben den Clip gegen Unkrautvernichtungsmittel am Freitag nach heftigen Protesten und Klageandrohungen von Bauern- und Lebensmittelverbänden aus dem Netz genommen.
Eigentlich wollte der (BUND) mit dem Film gegen den Einsatz von Glyphosat werben. Allerdings hat Deutschlands größter Umweltverband offenbar mit seiner Kampagne überzogen. Das Video sei „Hetze“, „falsche Propaganda“ und ein „Kreuzzug“ gegen die konventionelle Landwirtschaft, ätzte der Deutsche Bauernverband. Und weiter: Es rücke Bauern in die Nähe von Kindermördern. Der BUND mit seinen fast eine Million Mitgliedern versuche offenbar, Geschäfte mit der Angst der Menschen zu machen.
„Die Lebensmittelwirtschaft“, ein von Wirtschaftsverbänden gegründeter Verein, meinte, der BUND habe sich als Gesprächspartner verabschiedet. Der Verband sei offenbar nur noch dafür da, „Krach zu machen“, sagte der Deutschland-Chef des Agrarchemiekonzerns Bayer Crop Science, Helmut Schramm, zur FAZ. „Es scheint so, als fehle dem BUND eine moralische Instanz, die hingeht und sagt: so geht das nicht, auf dieses Niveau begeben wir uns nicht“, so Schramm. Laut FAZ drohten „mehrere Personen“ dem BUND mit Strafanzeigen wegen Beleidigung und Volksverhetzung.
Empfohlener externer Inhalt
Nun hat der Verband die Notbremse gezogen: Online ist der Clip nicht mehr zugänglich: Er erfülle „seine Funktion offenbar nicht“, hieß es in einer Mitteilung. Anstatt die „Aufmerksamkeit auf die gravierenden Folgen des weltweiten Einsatzes von Glyphosat zu lenken, konzentriere sich die Debatte derzeit auf die filmische Umsetzung dieses Anliegens“. An seiner Kritik an dem Pestizid, „das gravierende Umweltschäden verursache sowie inakzeptable Gesundheitsgefahren berge, halte der BUND jedoch fest“.
Unangemessene Darstellungsmittel
„Unser Spot hat die Agrarindustrie auf den Plan gerufen“, sagte BUND-Sprecher Norbert Franck. Doch offenbar waren auch viele BUND-Mitglieder empört. „Mit ihrer Kritik hätten wir gut leben können. Doch wir mussten feststellen, dass auch viele Menschen, die unser Anliegen in der Sache teilen, das gewählte Darstellungsmittel unangemessen finden.“
Hintergrund der Kampagne ist die aktuelle Prüfung der EU-Kommission, ob das seit rund 40 Jahre eingesetzte Herbizid 2014 neu zugelassen wird. Glyphosathaltige Pestizide sind laut BUND die weltweit meistgespritzten Unkrautvernichtungsmittel. Gentechnisch veränderte und mit Glyphosat behandelte Soja aus Südamerika werde in Deutschland an Rinder, Schweine und Hühner verfüttert. Laut BUND besteht der Verdacht, dass in den Anbaugebieten in Übersee die Anwendung von Glyphosat erhöhte Missbildungs- und Krebsraten bei Neugeborenen verursacht hat.
In Deutschland sei das Herbizid bereits in Getreideprodukten und im menschlichen Urin nachgewiesen worden. Allerdings: Für die Weltgesundheitsorganisation oder das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung gilt das Mittel mit Verweis auf Langzeitstudien als „unbedenklich“.
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