piwik no script img

BND-Gesetz verstößt gegen GrundrechteSo darf der BND nicht überwachen

Seit 2017 muss sich der BND an Regeln halten, wenn er weltweit Datenströme durchforstet. Jetzt urteilt Karlsruhe: Die Vorschriften sind unzureichend.

Klare Ansage vom Bundesverfassungsgericht: Das Gesetz muss überarbeitet werden Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Karlsruhe dpa | Die anlasslose Massenüberwachung des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Ausland verstößt in ihrer jetzigen Ausgestaltung gegen Grundrechte. Das Bundesverfassungsgericht gab am Dienstag einer Verfassungsbeschwerde der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen und mehrerer ausländischer Journalisten gegen das Ende 2016 reformierte BND-Gesetz statt. Es muss nun bis spätestens Ende 2021 überarbeitet werden. (Az. 1 BvR 2835/17)

Die derzeitige Regelung sei aus formalen und inhaltlichen Gründen verfassungswidrig, sagte der künftige Gerichtspräsident Stephan Harbarth bei der Verkündung. Es sei aber möglich, das Gesetz verfassungskonform auszugestalten. In ihrem Urteil halten die Richter zum ersten Mal fest, dass der deutsche Staat das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit auch im Ausland wahren muss.

Konkret geht es um die Vorschriften für die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung im Ausland. Dabei durchforstet der BND ohne konkreten Verdacht große Datenströme auf interessante Informationen. Deutsche Bürger dürfen nicht auf diese Weise überwacht werden. Der BND versucht deshalb, ihre Kommunikation vor der inhaltlichen Auswertung auszusortieren. Die gewonnenen Daten werden auch für ausländische Partnerdienste ausgewertet oder an diese weitergegeben.

Seit Anfang 2017 gibt es im reformierten BND-Gesetz dafür zum ersten Mal eine rechtliche Grundlage. Menschen- und Bürgerrechtler halten diese aber für völlig unzureichend. Es gebe viele Schlupflöcher, Daten von Deutschen würden nicht verlässlich gelöscht. So laufe letztlich jeder Gefahr, zu Unrecht ausgespäht zu werden.

Die klagenden Journalisten befürchten, wegen ihrer Arbeit ins Netz der weltweiten BND-Überwachung zu geraten. Hinter der Verfassungsbeschwerde stehen außerdem die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und weitere Medienorganisationen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Eigentlich ein Feiertag für die "Grundrechteverteidiger*innen", die neuerdings recht lautstark auftreten. Die konnten und können jedoch mit der seit Jahrzehnten nicht nur temporär betriebenen Aushöhlung wichtiger Grundrechte zur angeblichen Terrorabwehr offenbar bestens leben.

    So stehen sie dann da mit ihren trackbaren Smartphones und biometrischen Ausweisen und haben Angst vor Bill Gates' Mikrochips...

  • Taz-Zitat: “(…) In ihrem Urteil halten die Richter zum ersten Mal fest, dass der deutsche Staat das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit auch im Ausland wahren muss. (...)“



    Es gibt kein rechtsfreies Ausland. Überall auf der Erde genießen alle Menschen – zumindest Formal – Schutzrechte um sie bspw. vor der Willkür des BND zu schützen.

  • Kann man diese Nachbesserungsfristen auch anderweitig einführen?



    "Sie parken im Halteverbot und behindern Krankenwagen und Feuerwehr - wenn Sie nicht bis Januar 2022 einen neuen Parkplatz gesucht haben, gibt es ein Knöllchen!"

  • Auch wenn die Kläger den Prozess gewonnen haben, sind sie und wir alle keineswegs besser dran! Denn es gibt ja nicht nur BND und VS. Jeder Staat, der etwas auf sich hält, hat seine Geheimdienste, die u. a. auch in D. „tätig“ sind. Allen voran USA, Russland, China,… . Am Ende wissen sie mehr über die deutschen Staatsbürger als unsere eigenen Geheimdienste!



    Erinnert sei auch an deutsche Staatsbürger z. B. türkischer oder syrischer Herkunft, die von den Geheimdiensten ihrer Herkunftsländer genauestens überwacht werden. Diese Geheimdienste sehen für sich keinen Grund, sich an unsere Verfassung und Gesetze zu halten, solange sie dabei unauffällig bleiben. Gegen diese Schlapphüte kann man wohl nichts tun?

    • @Pfanni:

      Man könnte schon, schließlich ist das was NSA&Co in Deutschland machen Spionage. Man will nur nicht, u.a. wegen der „Wertegemeinschaft“ mit faschistischen Diktaturen wie z.B. in der Türkei.