BGH-Urteil zu Facebook: Entschädigung nach Datenklau – so geht’s
Betroffene eines Datenlecks bei Facebook haben Anspruch auf Schadenersatz. Wie Nutzer:innen prüfen, ob sie dazugehören und worauf es dann ankommt.
Was ist passiert?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Woche entschieden: Von einem Datendiebstahl bei der Meta-Tochter Facebook betroffene Nutzer:innen haben Anspruch auf Schadensersatz – und zwar auch ohne dass es dafür einen konkreten Missbrauch der Daten bedarf. Anlass war ein Fall, der sich vor dreieinhalb Jahren ereignete: Die Täter:innen veröffentlichten damals persönliche Daten von insgesamt 533 Millionen Facebook-Nutzer:innen aus aller Welt im Internet, unter anderem Namen und Telefonnummern. Ursache war eine Sicherheitslücke, durch die nicht nur Facebook-Freunde, sondern auch Dritte diese Daten auslesen konnten.
Woher weiß man, ob man betroffen ist?
Schätzungen zufolge sind in Deutschland in dem Facebook-Fall rund 6 Millionen Menschen betroffen. Die Plattform stellt ein Formular bereit, mit dem Nutzer:innen eine entsprechende Anfrage stellen können. Alternativ können sie gleich den Weg gehen, den laut den Verbraucherzentralen Facebook dann vorschlägt: Auf der Webseite haveibeenpwned.com lässt sich anhand der eigenen Telefonnummer checken, ob man von einem Datendiebstahl betroffen ist. Der Anbieter weist zwar nur auf den Check mittels E-Mail-Adresse hin, doch die Telefonnummer funktioniert auch. Die Seite gilt als seriös, auch wenn der Anbieter in den USA sitzt. Wichtig: Auch bei älteren oder selten genutzte Adressen sollte man regelmäßig prüfen, ob sie unter gestohlenen Daten auftauchen. Will man für einen regelmäßigen Check lieber einen hiesigen Anbieter verwenden, bietet sich der Identity Leak Checker des Hasso-Plattner-Instituts an.
Was ist zu tun, wenn die eigenen Daten betroffen sind?
Das Wichtigste: schnell sein. Die Verjährungsfrist bei den meisten Betroffenen des Facebook-Falls läuft Ende dieses Jahres ab. Im ersten Schritt können Betroffene auf eigene Faust das Geld einfordern. Die Stiftung Warentest hat einen Mustertext bereitgestellt unter www.test.de/datenleck-schmerzensgeld. „Wer ein paar Minuten Zeit und höchstens 7,60 Euro Porto investiert, sichert sich das Recht auf Entschädigung und kann auf Kosten von Facebook-Mutter Meta Anwälte einschalten“, sagt Christoph Herrmann, Jurist bei der Stiftung Warentest. Sollte Meta bis Mitte Dezember nicht reagieren, rät die Organisation dazu, einen Anwalt einzuschalten. Eine Alternative sind Legal-Tech-Anbieter, die erfolgsabhängig arbeiten. Sie konzentrieren sich auf erfolgversprechende Verfahren – die einfach gelagerten Facebook-Fälle dürften darunter fallen. Bekannt ist dieses Vorgehen etwa aus der Durchsetzung von Fluggastrechten. Für die Betroffenen entstehen keine Kosten, aber von der zugesprochenen Schadenersatzsumme behält der Anbieter eine anteilige Provision ein.
Wie viel Geld gibt es?
Bei dem Standardfall – Daten wurden abgegriffen und veröffentlicht, es gibt aber keinen weiteren Hinweis auf eine missbräuchliche Verwendung – hat der BGH eine Summe von 100 Euro in die Diskussion geworfen. Das ist erst einmal nur ein Anhaltspunkt, über die tatsächliche Höhe müssen nun die Vorinstanz und die anderen damit befassten Gerichte entscheiden. Wurden die Daten jedoch missbraucht, etwa für unseriöse Anrufe oder einen Identitätsdiebstahl, wird die Summe höher liegen.
Was heißt das Urteil für Betroffene anderer Datenlecks, etwa beim Streamingdienst Deezer?
Sie dürften künftig bessere Chancen haben, auch wenn sie keinen konkreten Datenmissbrauch nachweisen können. Als einen „sehr guten Tag für den Datenschutz in der EU“ bezeichnete der auf Verbraucherrecht spezialisierte Anwalt Christian Solmecke den Tag der Urteilsverkündung. Die Entscheidung schaffe Rechtssicherheit für Betroffene von Datenlecks oder anderen Datenschutz-Verletzungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Koalitionsvertrag in Brandenburg steht
Denkbar knappste Mehrheit
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“