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BDSM und GeschlechterrollenKinky Spiele auf alten Pfaden

Mann/Frau = oben/unten? Auch wer auf inszenierte Spiele steht, muss sich mit ganz althergebrachten Zuschreibungen beschäftigen.

Geschlechterrollen: Noch immer kein Gras drübergewachsen Foto: Steinach/imago

M anche Frauen hören mit dem Enthaaren auf, werfen Schmuck, Schminke und Stöckel als Symbole patriarchaler Hübschmachung in die Tonne. Und rocken Killer Looks ohne Mascara, dafür mit Körperhaaren. Andere finden, dass sie ebenso gut mit Lippenstift, Extensions und Acrylnägeln Feminist*innen sein können. Und wieder andere kreieren ihre ganz persönliche Mischung.

Zum Glück haben wir mittlerweile einen Feminismusbegriff, der da liberal ist. Und doch: Gleichzeitig ein positives Bild von Weiblichkeit zu haben und die patriarchalen Erwartungen an Weiblichkeit zurückzuweisen bleibt knifflig. Ähnlich geht es Frauen und auch anderen Menschen beim BDSM-Spiel. Kinky Spiele sind, genau wie Kosmetik, eine Welt ausgetretener Geschlechterrollenpfade. Dominas und Femdoms schön und gut, aber was, wenn die Feminist*in begehrt, sich unterwerfen zu lassen? Also genau das, was das Patriarchat seit Jahrtausenden von ihr will?

Wer (wie ich) weitgehend gleichgeschlechtlich unterwegs ist, hat es da leichter, ist aber nicht aus dem Schneider. Auch bei cishomo Paarungen meldet sich das Geschlechterverhältnis. Zum Beispiel bei der Feminisierung, einer kinky Spielart, bei der (meist) Männer sich mittels Damenwäsche „erniedrigen“. Merke: „Feminin“ gleich „niedrig“, voilà Geschlechterverhältnis. Oder durch das Verwenden bestimmter Wörter wie „Schlampe“, „Bitch“ und „Fotze“, für die gar keine männliche Entsprechung existiert.

Ich werde jetzt nicht „Ist doch nur ein Spiel“ sagen. Ich werde von niemandem verlangen, sich doch bitte zusammenzureißen, wenn er*sie sich mit der symbolischen Ebene von Machtspielen unwohl fühlt. Ich kenne Feminist*innen, die sich mit ihrem kinky Begehren arrangiert haben, ebenso wie solche, die damit hadern. Es fällt uns Menschen schwer, außerhalb uns bekannter Formen zu agieren. Und auch wenn Gefühle und Lust zunächst formlos sind, gießen wir sie doch in ein Bild in dem Moment, in dem wir unser Begehren jemandem gegenüber äußern wollen. Und weil wir beim erotischen Spiel nicht groß nachdenken möchten, verwenden wir obendrein die simpelsten, klischeehaftesten Bilder.

Femdom und Domina

Und da landen wir dann bei „Mann/Frau = oben/unten“ als gesellschaftliche Gleichung, die wir alle – leider – im Schlaf abrufen können. Und spielen sie nach. Übertrieben zwar und damit surreal, aber auch immer Abbild desselben Prinzips, das viele von uns loswerden wollen. Wir rufen es wieder und wieder auf. Das gilt übrigens auch dann, wenn wir es umkehren. In Femdom und Domina guckt sich das Patriarchat letztlich auch bloß im Spiegel an. Kinky sein und Feminist*in heißt also trennen müssen zwischen Sein und Bewusstsein.

Wenn ich es begehre, Frauen zu demütigen, dann muss ich das ein Stück weit akzeptieren. Aber das wiederum ist auch kein Freifahrtschein, die Birne abzuschalten. Auch Kinksters leben im Patriarchat und sind mitverantwortlich, dass wir da bald rauskommen.

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Peter Weissenburger
Autor
Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Medien.
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