: BDI-Präsident will weitere soziale Einschnitte
■ Hans-Olaf Henkel spricht sich im taz-Interview für Sparmaßnahmen bei Kranken- und Sozialversicherung aus. Deutsche Sozialsysteme seien kein Beispiel für Europa
Berlin (taz) – Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, spricht sich für weitere Einsparungen im Sozial- und Gesundheitsbereich aus. Im Gespräch mit der taz erklärt er zur Verabschiedung des ersten Sparpakets durch den Bundestag, es „müßte noch ein bißchen mehr passieren“. Bei den Kranken- und Sozialversicherungssystemen sei „noch eine Menge an Einsparungen möglich“. Bei Einführung marktwirtschaftlicher Elemente „könnten wir diese Systeme kostengünstiger gestalten, und zwar ohne Abstriche am Leistungsniveau“. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm hatte nach der Verabschiedung des Sparpakets erklärt, nun sei „das Ende der Fahnenstange erreicht“.
Henkel betont zwar, daß er die Vorteile des sozialen Konsenses nicht in Abrede stelle, hält aber weitere Einschnitte für notwendig. Er gehe davon aus, „daß die europäische Währung langfristig auch zu einer Angleichung der Sozialstandards führen wird, nur es werden nicht unbedingt die deutschen sein“. Deutschland könne sich bei einer Arbeitslosigkeit von über 10 Prozent nicht anmaßen, „den anderen europäischen Ländern unser Modell als beispielhaft zu empfehlen“. Man könne mit anderen Modellen wie in den USA, England oder Portugal die Arbeitslosigkeit wirksamer bekämpfen.
Scharf geht Henkel mit den wirtschaftspolitischen Vorstellungen des SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine ins Gericht. Dessen Position sei „im höchsten Maße rückwärts gerichtet“. Natürlich stünden auch Standorte miteinander im Wettbewerb, die Globalisierung lasse es nicht zu, „eine Mauer um Deutschland zu ziehen“.
Henkel betont, daß er im November für eine zweite Amtszeit als BDI-Präsident kandidieren wird. Im Vorfeld der Wahl war von Kritik an seiner Amtsführung die Rede. Die Vorwürfe, die im Zusammenhang mit einem Konto erhoben wurden, das er einem Bekannten überlassen hatte, sieht er jedoch ausgeräumt. An der Versteuerung der auf diesem Konto verbuchten Einkünfte bestehe „überhaupt kein Zweifel mehr“. Dieter Rulff
Interview Seite 12
Bericht zur Spardebatte Seite 2
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