BBC in der Krise: Der schale Geschmack

Das führungslose BBC-Management streitet sich öffentlich und will herausfinden, wer den Längeren hat. In der Zwischenzeit muss weiter gespart werden.

Während die obere Etage zankt, streiken die Journalisten Bild: reuters

LONDON taz | Man kann jetzt nachlesen, was BBC-Häuptlinge voneinander halten. Die Kommission, die im Dezember intern den Kinderschänderskandal untersuchte, hat am Freitag alle Unterlagen veröffentlicht.

Newsnight, die Sendung im Zentrum des Skandals, führe sich gegenüber anderen Redaktionen auf „wie eine alte Kolonialmacht“, sagt die Nachrichtenchefin. Der Chefmoderator der Sendung, Jeremy Paxman, erwidert, das Problem seien unkreative Radioleute, die auf politischen Wegen an ihre Ämter gelangt sind und sich nun mehr um ihre Pension sorgten als um Journalismus. Und Lord Chris Patten, BBC-Chef seit 2011 und vorher Kolonialgouverneur von Hongkong, diagnostiziert, bei der BBC gebe es noch mehr Chefs als in China.

Der BBC droht noch mehr Ärger. Die Journalisten streiken gegen die Sparpläne der zankenden Manager. „Tausende Mitarbeiter“ hätten die Arbeit niedergelegt, berichtete der Guardian. Die brüllkonservative Daily Mail sah nur eine „kleine Handvoll Kämpfer“, die bloß ihren linken Vorgesetzten gefallen wollten. Ein Konflikt bei der BBC ist auch ein gesellschaftlicher Konflikt. „Tante Beeb“ kämpft um Geld und Vertrauen.

Die Regierung Camerons

Der Konflikt geht zurück bis Oktober 2010. Die Regierung von David Cameron war noch kein halbes Jahr im Amt und sparte, was das Zeug hielt. Innerhalb von 48 Stunden verständigen sich die damaligen BBC-Chefs und der Kulturminister auf einen Deal. Die Rundfunkgebühren blieben bis 2017 gleich, gleichzeitig nimmt die BBC der Regierung Rechnungen über 340 Millionen Pfund ab.

Der Deal schmeckte Tante BBC schlecht. 2.000 Stellen fallen innerhalb von sieben Jahren weg. David Cameron betonte, das sei „fair“ und die BBC ausreichend und gut finanziert. Allerdings entfaltete der Deal mit der Zeit einen üblen Nachgeschmack.

Dieses Tauschgeschäft war das Werk von Jeremy Hunt, dem heutigen Gesundheitsminister. Vergangenes Jahr kam ans Licht, dass er mit James Murdoch munter Komplimente austauschte. Die Leveson Inquiry fand entsprechende SMS und E-Mails, während sie den Phone-Hacking-Skandal untersuchte.

Selbiger Minister musste zur selben Zeit auch entscheiden, ob die Murdochs den Sender BSkyB übernehmen dürfen. Die Beziehungen zwischen dem Büro Hunt und den Murdochs waren aber so unangemessen eng und peinlich, dass Hunt seinen Berater opfern musste, um sich selbst zu retten. Die Journalistengewerkschaft ist sich sicher: Beim BBC-Deal hatten die Murdochs ihre Finger im Spiel.

Also muss die BBC sparen. Aktuell geht es zwar bloß um 30 Stellen, die Mitarbeiter ärgern sich aber über das Drumherum. Denn trotz der Sparmaßnahmen gönnen sich die Manager bequeme Gehälter und Abfindungen. Knapp 300.000 Pfund pro Jahr bekommt beispielsweise James Purnell, der ehemalige Labour-Kulturminister und zukünftiger BBC-„Direktor für Strategie und Medien“.

Außerdem hätten Mitarbeiter keine Chance, sich bevorzugt auf neue Stellen zu bewerben, beklagt die Gewerkschaft. „Die Personalabteilung hat zwar unsere Unterlagen, die schauen da aber gar nicht rein, sondern schreiben einfach öffentlich aus“, beschwerte sich ein BBC-Mitarbeiter laut Guardian bei dem kommissarischen BBC-Direktor Tim Davie.

Hausgemachte Probleme

Wie schon beim Missbrauchsskandal um Savile sind die Probleme der BBC hausgemacht. Der aktuelle BBC-Direktor ist nur ein Lückenbüßer. Er versieht das Amt kommissarisch und will weder mit den Medien reden noch mit der Gewerkschaft. Die BBC ist in einer Hängepartie.

Anfang April wird der neue Direktor Tony Hall sein Amt antreten. Der Lord leitet momentan das Opernhaus. „Wir hoffen, dass wir mit dem besser reden können“, sagt eine Gewerkschaftssprecherin. Bis dahin wolle man es bei dem einen Streik belassen.

Für den Neuen gibt es genug zu tun. Das Sparen geht weiter, und das aufgeblähte Management muss sich reformieren. Und ganz alte Probleme melden sich wieder.

Im Jahr 2003 berichtete die BBC, die Blair-Regierung habe Informationen zu Massenvernichtungswaffen im Irak frisiert. Das gab Ärger mit Blair, der Informant David Kelly wurde enttarnt und starb. Es war der bis dahin größte Skandal der BBC. In einer Sendung Ende März soll es dazu neue Erkenntnisse geben. Man wolle aber nicht mehr zurück, sondern nach vorn schauen, hieß es vonseiten des Senders.

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