Autoritäre Traditionen: Am Gelde hängt nicht alles
Eine Bremer Studie belegt: AfD-WählerInnen sind keine FortschrittsverliererInnen, sondern denken einfach radikal rechts
Als weitestgehend widerlegt muss den AutorInnen zufolge die Annahme gelten, die AfD profitiere vor allem von Modernisierungsverlierern. „Dieser Befund lässt es als eher unwahrscheinlich erscheinen, dass die AfD aus denjenigen Parlamenten, in die sie hineingewählt wurde, bald wieder verschwinden wird“, so die Interpretation von SOCIUM-Professor Philip Manow.
Bereits in den 1990er-Jahren bildete sich der Untersuchung zufolge die Neigung zu Rechtsparteien in den Wahlergebnissen der heute von hohem AfD-Zuspruch betroffenen Regionen ab. „Dies sind aber nicht notwendigerweise ökonomisch abgehängte Regionen“, so Manow. So ergebe sich die größte Zustimmung jeweils im vergleichsweise prosperierenden Süden sowohl von Ost- als auch West-Deutschland. Und: Beim internen Vergleich westlicher Regionen untereinander lassen sich ebensowenig wie bei der Gegenüberstellung von Regionen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ökonomische Muster dingfest machen. „Die Unterstützung für die AfD ist ziemlich unabhängig von ökonomischen Umständen“, so die Studie.
Näher liege eine sozio-kulturelle Erklärung des Phänomens: Wo xenophobe Einstellungen vorherrschen und ein allgemeines Misstrauen gegen den Staat und die politischen Eliten ausgeprägt ist, habe sich der AfD-Erfolg am zuverlässigsten eingestellt.
Damit träfen die extremen Rechten in Bremen die schlechtesten Voraussetzungen bundesweit: Das kleinste Bundesland hat die klar fremdenfreundlichste Bevölkerung. Auch das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen ist hier am stärksten ausgebildet. Ein Stadtstaatenphänomen ist das nicht: Die HamburgerInnen misstrauen der Regierung mehr als alle anderen Westdeutschen. Im Hass auf „die da oben“ sind sie der nur mit den BrandenburgerInnen auf Augenhöhe.
Für ihre Studie haben Manow und die Schweizer Politikwissenschaftlerin Hanna Schwander die Wahlergebnisse im Bund, bei der Europawahl und in den gut 400 Kreisen und kreisfreien Städten seit 2012 ausgewertet und anhand zahlreicher Ungleichheitsmaße analysiert. Es sei offenkundig nicht damit getan, über wirtschaftliche Probleme zu klagen, „wenn der Hauptkonflikt soziokulturellen Charakters ist“, so die AutorInnen.
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