Autofreie Mitte: Pkws müssen leider draußen bleiben

Die Initiative „Stadt für Menschen“ will die historische Mitte für den Fußverkehr zurückgewinnen. Autos würden nach ihrem Vorschlag nur noch teilweise geduldet.

Einmal die Friedrichstraße zu Fuß rauf und runter, das ist die Vision Foto: dpa

Autofreie Abschnitte auf der Friedrichstraße und den Linden, Durchfahrtsbeschränkungen rund um Gendarmenmarkt und Humboldt Forum: Die Initiative „Stadt für Menschen“ hat am Freitag ihren Plan vorgestellt, wie Teile der historischen Mitte für FußgängerInnen zurückgewonnen werden können. Die Gruppe, die bereits an einem Samstag im Dezember mit einer mehrstündigen Sperrung der Friedrichstraße auf sich aufmerksam machte, will ihre Vorschläge jetzt dem Senat zur Verfügung stellen und durch weitere Aktionen öffentlichen Druck erzeugen.

„Wir wollen, dass etwas passiert, und zwar noch in diesem Jahr“, sagt Matthias Dittmer, der die grüne AG Autofreie Innenstadt vertritt. Er und seine MitstreiterInnen bei „Stadt für Menschen“ – nach eigenen Angaben über 30 Aktive – sind ungeduldig. Es werde viel geredet und wenig getan, für die in der Koalitionsvereinbarung versprochene Verkehrsberuhigung der Linden werde nach nunmehr zwei Jahren Rot-Rot-Grün gerade erst eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Und während der Senat sich im „Schneckentempo“ bewege, „verkomme“ die zugestaute Friedrichstraße, so Dittmer. Der Einzelhandel klage schon länger über sinkende Umsätze.

Kern des Vorschlags unter dem Motto „Attraktive Mitte“, den Stefan Lehmkühler vom Verein Changing Cities vorstellte, ist eine Zone, die von der Friedrichstraße im Westen, dem Alexanderplatz im Osten, Leipziger Straße und Mühlendamm im Süden sowie der Stadtbahn im Norden begrenzt wird. Weil bei „Stadt für Menschen“ viele in planerischen Berufen tätig sind, gibt es bereits ausdifferenzierte Ideen, wo der Durchgangsverkehr zu unterbinden wäre. In einem ersten Schritt lasse sich das ohne großen Aufwand an Wochenenden und Feiertagen einführen. „Dazu braucht man nur ein paar Schilder“, findet Matthias Dittmer.

Warenlieferung per U-Bahn

Auf der Friedrichstraße zwischen Leipziger und Französischer Straße sowie Unter den Linden zwischen Charlottenstraße und Humboldt Forum wäre privater Pkw-Verkehr gänzlich tabu. Hier dürften höchstens noch Polizei, Notarzt oder HandwerkerInnen fahren, anfangs auch noch Lieferverkehr. Weil die Inititative aber „groß denkt“ (Dittmer), schlägt sie vor, nach Eröffnung der U5 und des neuen Kreuzungsbahnhofs Unter den Linden den dann vom Netz genommenen U-Bahnhof Französische Straße in ein Logistikzentrum zu verwandeln, in das Waren nachts per U-Bahn geliefert werden können.

Auch nach ihrem Konzept bleibe so gut wie jeder Punkt innerhalb der „attraktiven Mitte“ weiterhin für Autofahrer erreichbar, betonen Lehmkühler und Dittmer, man wolle die Erreichbarkeit im Grundsatz weiterhin garantieren. Die Straßen-Parkplätze fielen allerdings zugunsten des Flanierens weg. Wer unbedingt mit dem Pkw dort hinfahren wolle, müssen diesen eben in einem der zurzeit stark unterbelegten Parkhäuser abstellen – was natürlich etwas teurer ist. Aber es sollen ja Menschen profitieren, nicht Autos.

Auf das Problem von Ausweichverkehren angesprochen, gibt Stefan Lehmkühler sich zuversichtlich: „Man geht immer davon aus, dass das Verkehrsaufkommen allen Veränderungen zum Trotz einfach gleich bleibt.“ Tatsächlich nehme es aber mittelfristig ab, wie Erfahrungen in anderen europäischen und deutschen Städten zeigten: „Es ist nicht so, dass dann an anderer Stelle die Straßen platzen.“

Vom Bürgermeister des Bezirks Mitte, Stephan von Dassel, will die Initiative schon positive Signale empfangen haben. Der Grünenpolitiker sei von der zweistündigen „Flaniermitte“ auf der Friedrichstraße im Dezember begeistert gewesen und habe gesagt, so etwas könne man eigentlich jeden Sonntag machen, berichten Dittmer und Lehmkühler.

Sei weisen aber auch darauf hin, dass die Senatsverkehrsverwaltung sich im Zweifel nicht auf langwieriges Kompetenzgerangel mit dem Bezirk einlassen müsse: Die „Attraktive Mitte“ liege zur Gänze in dem innerstädtischen Bereich, in dem die Hauptverwaltung – also der Senat – nach dem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) im Alleingang über solche Änderungen im Straßennverkehr bestimmen kann.

Am Dienstag (19. Februar) lädt „Stadt für Menschen“ zu einem Gesprächsforum unter dem Motto „Zukunft Berlin – Stadtraum zurückerobern“ um 19 Uhr in der Stadtwerkstatt, Karl-Liebknecht-Straße 11, ein. Dabei wird es um den aktuellen Vorschlag für die Berliner Mitte gehen, auch Erfahrungsberichte aus Rotterdam und Oldenburg werden präsentiert.

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