Autobahnbau rechtswidrig: Fledermäuse stoppen A20
Was ist wichtiger? Autoverkehr oder die Flugrouten kleiner Tiere? Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet zugunsten der Bechstein-Fledermaus.
HAMBURG taz | Die Küstenautobahn A 20 darf vorerst nicht weiter gebaut werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhängte am Mittwoch einen Baustopp für einen Teilabschnitt bei Bad Segeberg im Zentrum Schleswig-Holsteins. Grund ist der Schutz des größten deutschen Fledermaus-Quartiers in den nahe gelegenen Segeberger Kalkberghöhlen mit mehr als 20.000 Tieren.
Der Planfeststellungsbeschluss des Landes sei „rechtswidrig und nicht vollziehbar“, urteilte das höchste deutsche Verwaltungsgericht. Die Bestände und die Flugrouten der Fledermäuse seien nicht nach „den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ ermittelt worden. Zudem hätten Alternativtrassen gründlicher geprüft werden müssen. Deshalb müsse eine neue Planfeststellung erfolgen.
Damit gab das Gericht den Klagen der Naturschutzverbände BUND und Nabu sowie einer an der Trasse liegenden Gemeinde statt. Diese hätten zurecht die Umweltverträglichkeitsuntersuchungen des Landes beanstandet, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier. Mit der Gerichtsentscheidung dürfte sich der Weiterbau der Autobahn deutlich verzögern.
Die A 20 begann 1998 als „Verkehrsprojekt Deutsche Einheit“. Als „Ostseeautobahn“ sollte sie von der polnischen Grenze durch Mecklenburg-Vorpommern nach Lübeck führen. Diese gut 300 Kilometer sind fertig gestellt. Zurzeit soll sie um gut 200 Kilometer zur „Küstenautobahn“ bis an die Nordsee verlängert werden – nordwestlich um Hamburg herum samt einem Elbtunnel nach Niedersachsen und bei Oldenburg westlich von Bremen enden. In Schleswig-Holstein ist der Bau ein Streitthema in der regierenden Dänenampel.
Deshalb spricht der Kieler Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) von einem Rückschlag. Die notwendigen Planänderungen würden mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen. Sein grüner Koalitionspartner hingegen freut sich leise. Wieder mal müsse „ein Gericht dafür sorgen, dass StraßenplanerInnen die Gesetze beachten“, kommentiert zufrieden Umweltpolitikerin Marlies Fritzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“