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Ausweisungen religiöser ExtremistenShow für die konservative Klientel

Innenminister Friedrich will Ausweisungen religiöser Extremisten erleichtern. Anlass sei die Bedrohung in Deutschland durch „salafistische Aktivisten“.

Türkische Polizisten eskotieren Metin Kaplan zum Gericht. Der „Kalif von Köln“ wurde wegen religiösem Extremismus 2004 abgeschoben. Bild: ap

FREIBURG taz | Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will die Ausweisung „religiöser Extremisten“ erleichtern. Das hatte er bereits vorige Woche bei der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern in Hannover angekündigt. Jetzt liegt der taz sein Referentenentwurf „zur Modernisierung des Ausweisungsrechts“ vor.

Danach soll ein Ausländer zwingend ausgewiesen werden, wenn er sich „bei der Verfolgung religiöser Ziele“ an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht. Bisher war dies laut Gesetz nur bei der Verfolgung „politischer Ziele“ vorgesehen.

Anlass sei die zunehmende Bedrohung des friedlichen Zusammenlebens in Deutschland durch „salafistische Aktivisten“, heißt es in dem Entwurf des Bundesinnenministers. Salafisten sind besondere fundamentalistische Muslime. Nicht alle Salafisten sind gewaltorientiert. Aber die meisten der jüngst in den Terror abgeglittenen Muslime waren vorher Salafisten.

Allerdings handelt es sich bei der von Friedrich vorgeschlagenen Änderung nicht wirklich um eine Verschärfung des Ausweisungsrechts. Da der religiöse Extremismus bisher als politischer Extremismus behandelt wurde, ist die ausdrückliche Nennung „religiöser Ziele“ eher eine symbolische Klarstellung.

Regeln ohne große Bedeutung

Etwas größere praktische Bedeutung haben andere Verschärfungen des Entwurfs. So soll bei gewaltorientierten extremistischen Ausländern die Ausweisung nicht mehr nur „in der Regel“, sondern zwingend erfolgen. Außerdem soll künftig zwingend ausgewiesen werden, wenn ein Ausländer zu einer einjährigen Freiheitsstrafe (ohne Bewährung) verurteilt wurde, derzeit liegt die Grenze noch bei drei Jahren Freiheitsstrafe.

Für die meisten Ausländer werden diese Regeln allerdings keine große Bedeutung haben. EU-Bürger können nur ausgewiesen werden, wenn sie eine akute Gefahr darstellen. Das Gleiche gilt aufgrund eines Assoziationsabkommens auch für Türken. Andere Ausländer, die schon mehr als fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland leben, können auch nur nach einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden. Diese von der Rechtsprechung entwickelte Einschränkung des Ausweisungsrechts soll nun auch ausdrücklich im Gesetz erwähnt werden.

Insofern ist die ständige Zunahme der Gründe für eine zwingende Ausweisung vor allem Show für die konservativen Stammwähler. Es gibt nur wenige Fälle, bei denen dieser Automatismus überhaupt anwendbar wäre, zum Beispiel bei frisch eingereisten afrikanischen Studenten, die straffällig werden. Innenminister Friedrich rechtfertigt die Verschärfungen vor allem damit, dass die Hochstufung der Ausweisungsgründe ihr Gewicht bei der Abwägung mit den Interessen des Ausländers erhöhe.

Ob Friedrichs Vorschläge je im Aufenthaltsgesetz verankert werden, ist ohnehin unsicher. Er müsste erst einmal seine Regierungskollegin Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) überzeugen, dass die Änderungen notwendig sind. Sollten Bundeskabinett und Bundestag zustimmen, wäre auch noch eine Zustimmung des rot-grün dominierten Bundesrats erforderlich. Bei der Innenministerkonferenz vorige Woche legte Friedrich die Vorschläge nur als Tischvorlage vor und verärgerte damit sogar sein eigenes Lager.

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16 Kommentare

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  • S
    Soiset

    @ jascha:

     

    immerhin ist die CDU die einzige Partei im Bundestag, die sich (noch) nicht vehement ffür den EU-Beitritt der Türkei einsetzt.

     

    Kennt jemand die Position der AFD zum Türkei-Beitritt?

    Das wäre dann ggf. wirklich eine Alternative.

  • S
    Soiset

    @ jascha:

     

    immerhin ist die CDU die einzige Partei im Bundestag, die sich (noch) nicht vehement für den EU-Beitritt der Türkei einsetzt.

     

    Kennt jemand die Position der AFD zum Türkei-Beitritt?

    Das wäre dann wirklich eine Alternative.

  • C
    @Celsus

    Kommt Ihnen die Gleichsetzung von zuweilen etwas bedepperten Evangelikalen (was evangelikale Katholiken sind, dürfte Ihr Geheimnis bleiben) und gewaltbereiten Salafisten nicht auch etwas seltsam vor? Falls nicht, wären Sie möglicherweise nicht der Allerhellste.

  • B
    broxx

    @jascha

    dann doch lieber die AfD wählen.

  • C
    Celsus

    Zunächst einmal sagt und schreibt das Bundesinnenminsiterium doch selber, dass religiöser Fundamentalismus immer auch politischer Extremismus ist. Und bei politischem Extremismus darf, kann und wird schon heute abgeschoben. Wenn der Bundesinnenminsiter fachlich etwas qualifizierter wäre, wüsste er das aber sicher auch.

     

    Alle religiösen Fundamentlisten können aber nicht abgeschoben werden. So haben Evangelikale protestantiscfher und katholischer Konfession meist einen deutschen Pass. Das gleiche gilt für Burschenschafter, die einen "Ariernachweis" fordern. Auch das hat Berührungspunkte zum reliiösen und weltanschaulichen Fundamentalismmus und Extremismus. Aber dagegen will die CSU gerade nichts tun.

     

    Wenn da künftig bei Taten mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr ein Ausländer abgeschoben werden kann, wird das gewiss auf eine sehr breite Zustimmung stoßen. Der CSU-Innenminister hat aber hier seine Aufgabe vernachlässigt, bis er es gewinnbringend in den Wahlkampf einbringen konnte. Wo bleibt da das Verantwortungsgefühl?

  • N
    nenene

    30.05.2013 02:13 UHR

    von Werner

     

    Sonst haben Sie kein Problem, als Menschen wegen Rechtschreibung derart zu maßregeln ?

  • V
    @vic

    Ich bin immer wieder schockiert von der unfassbaren Ignoranz vieler so genannter Linker, die jeden, aber auch jeden menschenverachtenden ideologischen Dreck verteidigen, wenn nur das Etikett "irgendwie fremd" drauf steht. Und nicht mal merken, wie rassistisch das im Grunde ist. Mit der deutschen Linken habe ich fertig - abgesehen von ein paar Leuten mit Verstand (wie z.B. der mutige Wallraff, der Verfolgte des Religionsfaschismus beschützt).

  • L
    lukas

    @vic

     

    Inwiefern ist es "extremistisch", wenn man die Ausweisung von Leuten betreibt, die "bei der Verfolgung religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt sind oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufrufen oder mit Gewaltanwendung drohen"?

  • M
    Montherlant

    @ jascha: Die Stimme für die CDU ist eine verschenkte Stimme. Wenn Sie etwas ausrichten wollen gegen den ideologischen Käse von SPD und Grünen, dann sollten Sie der AfD zu einem Einzug in den Bundestag verhelfen. CDU und FDP betreiben die gleiche Politik wie rot/grün, nur verschleiern sie es besser...

  • R
    rumkugeln

    Wenn es nicht wieder nur Geschwurbel ist wäre das zumindest mal mehr als sonst.

    Die betreffenden Herrschaften einfach beispielsweise in Somalia oder Afghanistan absetzen und nochmal winken, das sollte auch nach dren Gusto sein.

  • V
    vic

    Ich bin ja für die Ausweisung extremistischer Innenminister.

  • HH
    Hergen Hillen

    Die größter Unterstützer salafistischer Hassprediger sind indirekt die deutschen Rüstungskonzerne, die mit dem Segen der Bundesregierung ihre Waffen nach Saudi-Arabien liefern und das dortige Regime unterstützen. Es ist ja bekannt, dass muslimische Extremisten wiederum finanzielle Unterstützung und Ausbildung aus Saudi-Arabien erhalten. Die Produktivkraft von Feindbildern nützt dabei allen Beteiligten!

  • L
    lowandorder

    Danke.

    unaufgeregte Betrachtung ist

    bei unserem KleinFredi allemal

    das Gebot der Stunde.

    Im übrigen - Schnarri wird's schon richten.

     

    @von jascha:

    Schwund ist immer

  • W
    Werner

    Schlechte Sprache verrät schlechtes Denken.

     

    Ein Geschäft in der Stadt, in der ich lebe, mußte - so stand es da - wegen eines "Wasser Schadens" schließen. Ich vermutete einen "Dach Schaden".

     

    Warum ich dies hier schreibe? Weil das Setzen von Anführungszeichen, den Begriff SALAFISTISCHE AKTIVISTEN betreffend, die gleiche geistige Armut verrät.

     

    Salafistische Aktivisten sind real wie Rechtsextremisten. Also bedient Euch der Deutschen Sprache!

  • S
    schlobo

    @jascha

    Wenn sie die CDU nur deßhalb wählen, muss ich sie - als ebenfalls links-liberalen - warnen. Sie stimmen damit auch für eine menschenverachtende pseudochristliche neoliberal geprägte kumpaneien Politik. Auf den Wahlzettel haben sie eine große Auswahl, da müssen sie nicht etwas ankreuzen, was sie nach der Wahl bereuen werden.

     

    Glauben sie mir, irgendwelche in Spurenelementen vorhandenen Hassprediger werden in Zukunft unser kleinstes Problem sein.

  • J
    jascha

    Ich zähle mich durchaus nicht zur „konservativen Klientel“, sondern würde mich eher im links-liberalen Spektrum verorten.

    Das Handeln dieses Ministers ist mir aber rundum lieber als das solcher Länderamtskollegen wie Ralf Jäger und Boris Pistorius, die ihr Hauptaugenmerk ja verstärkt auf die Bekämpfung „anti-muslimischer Umtriebe“ legen und auch noch die Chuzpe besitzen, zu behaupten, dass es Probleme mit salafistischen Hass-Predigern so gut wie nicht gäbe und politisches Handeln gegen diese Leute nur zur Bedienung des deutschen Stammtisches erfolge.

    Und da die SPD einer aktuellen Meldung zufolge mit Gründung einer neuen Arbeitsgemeinschaft ja künftig die „Partei der Migranten“ sein will (gemeint ist damit natürlich etwas anderes, nämlich Interessenvertreter und Rammbock der türkischen Community und bezweckt wird nur das Abgreifen derer Wählerstimmen), werde ich mein Kreuzchen im September -Friedrichs Showveranstaltung hin oder her- erstmals in meinem Leben bei der CDU setzen.

    Hätte mir auch nie träumen lassen, dass es tatsächlich mal soweit kommt.