Austritt aus umstrittenem Abkommen: EU verlässt Energiecharta-Vertrag
Etliche Sonderklagerechte für fossile Konzerne fallen weg. Die Privilegien für Unternehmen in anderen Abkommen bleiben aber vorerst.
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Der 1994 geschlossene Energiecharta-Vertrag sollte Investitionen in die Energieversorgung fördern und absichern. Nach Ansicht von Klimaschützern blockiert er jedoch den Übergang zu grünen Technologien. Außerdem wurde der Vertrag von den Energiekonzernen immer wieder für Klagen gegen einzelne Staaten genutzt. So wurde Deutschland wegen des Atomausstiegs vor Gericht gezerrt, die Niederlande wurden wegen des Verzichts auf Kohle belangt. Damit soll nun Schluss sein.
„Der Austritt aus dem klimaschädlichen Energiecharta-Vertrag ist eine gute Nachricht für die Energiewende,“ sagt Ludwig Essig, Referent für Handelspolitik am Umweltinstitut München. Allerdings müsse die EU nun auch auf neue Handelsabkommen verzichten, die Sonderklagerechte enthalten und die Klimakrise anheizen.
Nach Angaben der europäischen Linken gibt es derzeit noch 1.500 Investitionsschutzabkommen mit ähnlichen Klagerechten wie in der Energiecharta. Man werde dafür kämpfen, dass nun auch alle 27 EU-Staaten aus dem Vertrag aussteigen, kündigte die Fraktion „The Left“ an. Ungarn und Zypern erwägen jedoch, dem Abkommen wieder beizutreten.
Klage gegen Deutschland
Deutschland hatte den Ausstieg bereits im November 2022 beschlossen und im Dezember letzten Jahres vollzogen. Zuvor hatte der schwedische Energiekonzern Vattenfall die Bundesrepublik auf fast fünf Milliarden Euro Schadenersatz wegen des Atomausstiegs verklagt; gezahlt wurden 1,4 Milliarden Euro.
Umstritten ist, ob die EU nun schneller mit der Energiewende vorankommen wird. Allein Deutschland könnte es nach einer Studie des Handelsblatt Research Institute rund 1,1 Billionen Euro kosten, bis 2045 die gesetzlich festgelegte Klimaneutralität zu erreichen. Doch die Kassen sind leer – nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel.
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