Australische Miniserie „Stateless“: Auf die Perspektiven kommt es an
Wie zuvor „Eden“ zeigt nun die Miniserie „Stateless“, wie man Grenzregime fiktional erzählen muss. Dass es weh tut, ist dabei unvermeidlich.
Grenzen sind mehr als Linien, die Kontinente durchschneiden, mehr als Zäune und Beamtenhäuschen. Ein „Grenzregime“ nennt die Migrationsforschung die Gesamtheit aller Orte, Gesetze, Praxen und Ideen, die die Bewegung von Menschen regieren. Von Europas Grenzregime erzählte 2019 schon die Arte-Koproduktion „Eden“, im März legte das australische Fernsehen nach, mit „Stateless“, einer Miniserie in einem der dortigen Internierungslager für Geflüchtete.
Die Serie, produziert von Hollywoodstar Cate Blanchett, läuft nun für internationales Publikum auf Netflix. Leicht wegzustecken ist sie nicht – und auch wenn man „Hinschauen!“ skandieren mag, so sei doch vor teils schonungsloser Gewaltdarstellung gewarnt. Da ist „Stateless“ weniger zimperlich als „Eden“.
Gemeinsam haben beide Produktionen, dass sie verstehen, wie man Grenzregime fiktional erzählen muss: keinesfalls bloß aus Sicht der einen, draufschauend auf die anderen. Denn so nehmen wir Grenzen ja jetzt schon war. Sondern mit verflochtenen Handlungsbögen, mal mit denen im Mittelpunkt, die unter dem Regime leiden, und mal mit denen, die es betreiben.
Allerdings entscheidet sich „Stateless“ für einen überraschenden Kniff. Eine der Protagonist*innen ist eine weiße Frau, die im Lager eingesperrt ist. Auf der Flucht vor ihrer herzlosen Familie und einer Vorstadtsekte landet die Australierin Sofie (Yvonne Strahovski) im Lager – wo sie „nicht hingehört“, wie ihr Mitinsassin Rosna (Helana Sawires) nach kurzem Abchecken bestätigt.
„Stateless“: Alle sechs Folgen laufen auf Netflix.
Spannend wird es ab Folge 3
Die Geschichte ist inspiriert vom Fall einer weißen Deutschen, die 2004 für einige Monate in einem australischen Lager saß. Für Australier*innen ist die Referenz also klar, für das internationale Publikum ist es dagegen eher lästig, zunächst durch Sofies Vorgeschichte geschleift zu werden, die zur Story wenig beiträgt.
Besser wäre, man hätte die Serie mit Folge 3 begonnen, dem Moment, als ein Misshandlungsfall aus dem Lager an die Öffentlichkeit gelangt – und hätte alles Vorherige in Rückblenden erzählt. So aber ist „Stateless“ eine dieser chronologischen Erzählungen, die dem Publikum wenig Denkkraft zutraut. Und obendrein viel Zeit mit dem Handlungsstrang verschwendet, den es am wenigsten gebraucht hätte. Aber allein für den klaustrophobisch inszenierten Schauplatz des Lagers in der Wüste, zu dem auch die schauspielerische Leistung aller Beteiligten beiträgt, ist „Stateless“ einen Blick wert.
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