piwik no script img

Australische Lager in Papua-NeuguineaInternierungspolitik gestoppt

Das oberste Gericht in Papua-Neuguinea erklärt ein australisches Internierungslager für verfassungswidrig. Es müsse geschlossen werden.

Protest gegen die australische Flüchtlingspolitik im Februar 2016 Foto: reuters

Sydney taz | Ein Standbein der abschreckenden australischen Flüchtlingspolitik wackelt. Das oberste Gericht des Pazifikstaates Papua-Neuguinea (PNG) befand am Dienstag die Zwangsinternierung Asylsuchender in einem von Australien finanzierten Lager auf der abgelegenen PNG-Insel Manus für unrechtmäßig. Die Inhaftierung verstoße gegen das Verfassungsrecht auf persönliche Freiheit. Das Lager müsse geschlossen werden, ordneten die Richter an.

Dort leben zurzeit etwa 850 Männer. Die vorwiegend aus Afghanistan, Irak, Iran und Sri Lanka stammenden Asylsuchenden hatten versucht, per Boot von Indonesien oder Sri Lanka nach Australien zu gelangen. Australien interniert sogenannte „Bootsflüchtlinge“ auf Manus, der Pazifikinsel Nauru oder auf der australischen Weihnachtsinsel.

Die Verhältnisse in den Lagern kritisieren Menschenrechtsgruppen und die Vereinten Nationen seit Jahren als inhuman. Selbstverletzungen und Suizidversuche gehören zur Tagesordnung. Australiens Regierung verheimlicht nicht, dass sie mit der oft jahrelangen Inhaftierung Schutzsuchende abschrecken will. Offiziell will sie die gefährliche Fahrt in oft kaum seetüchtigen Fischerbooten verhindern. Gleichzeitig schickt die Grenzkontrolle abgefangene Schiffe wieder in indonesische Gewässer zurück. Nicht immer ist klar, ob die Schiffe wieder Land erreichen.

Wer interniert wird, hat keine Hoffnung, je australischen Boden betreten zu können. Selbst Kinder müssen nicht selten jahrelang in den Lagern ausharren und sind dabei sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Ärzten und Sozialarbeitern, die das öffentlich machen, drohen Gefängnis. Die gesamte Grenzpolitik untersteht strikter Geheimhaltung.

Humanitäre Organisationen begrüßten das Urteil. Die Zeitung Sydney Morning Herald schrieb, die Richter hätten Australiens Premier Malcolm Turnbull die Chance gegeben, „das Richtige zu tun, und das keinen Moment zu früh“. Die „Unmenschlichkeit der zeitlich unbegrenzten Inhaftierung von verwundbaren und verletzten Menschen“ müsse ein Ende haben. Beobachter rechnen aber nicht damit. Obwohl Verfehlungen und menschenunwürdige Bedingungen in den Lagern seit Jahren bekannt sind, steht das Gros der Bevölkerung dahinter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Wenn ich das recht verstehe, müssen Flüchtlinge für ein paar Jahre in ein australisches Detention Camp, bevor sie Asyl erhalten. Wer wirklich in der Heimat um sein Leben fürchten muss, nimmt das vielleicht in Kauf. Immerhin akzeptiert Australien Einwanderer in einem regulären Prozess, wo Kandidaten Sprachkenntnisse und Ausbildung nachweisen müssen. Wenn einfach jeder kommen könnte, wie Deutschland es letztes Jahr umgesetzt hat, macht sich niemand mehr die Mühe für den Visumsantrag.

     

    Ist sicher keine optimale Lösung in Australien, aber die Deutschen könnten sich trotzdem noch eine Menge abgucken.

    • @Frederic:

      Sie sollten sich mal angewöhnen richtig zu lesen:

       

      "Wer interniert wird, hat keine Hoffnung, je australischen Boden betreten zu können. Selbst Kinder müssen nicht selten jahrelang in den Lagern ausharren und sind dabei sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Ärzten und Sozialarbeitern, die das öffentlich machen, drohen Gefängnis. Die gesamte Grenzpolitik untersteht strikter Geheimhaltung."

       

      Und was berechtigt die Australischen Behörden, Flüchtlinge wie Strafgefangene zu behandeln?

       

      "die Deutschen könnten sich trotzdem noch eine Menge abgucken."

       

      Also ich würde eher mal so frech behaupten, dass diese Politik Australiens mit verantwortlich ist für die Situation, die wir im Moment in Europa haben. Alle reichen Industrienationen stehen eigentlich in der Pflicht, Kriegsflüchtlingen zu helfen. Die Australier haben sich das ganz schön einfach gemacht, ebenso wie auch die USA, die ja die Folgen ihrer Kriegstreiber-Politik auch nicht besonders stören.

    • @Frederic:

      Wer in der Heimat um sein Leben fürchten muss und sie daraufhin verlässt, wird m.E.n. wie ein Verbrecher behandelt und sinnlos weg gesperrt, anstatt einem Flüchtenden von Anfang an die Chance zu geben, in der "neuen Heimat" einen Antrag auf Asyl zu stellen. Eine unmenschliche und gegen die Menschenrechte verstossende Praktik!

  • Bis auf Deutschland. Ist auch Europa.

  • Die kommen aus der Alten Welt, die Aussies. Haben gut von Europa gelernt und halten die Schmuddelkinder fern.

  • "Nicht immer ist klar, ob die Schiffe wieder Land erreichen." Lässt sich diese Behauptung prüfen und belegen? Abgesehen davon: Es sind auch schon große Handelsschiffe gesunken. ..

    • @Horst07:

      Mal abseits davon, ob sich dies "prüfen und belegen" lässt: denken sie nicht, dass da ein Unterschied besteht, ob ein Handelsschiff sinkt oder ob eine Regierung ein Schiff voller flüchtender Menschen zurück auf Hohe See schickt, und es nur aufgrund dieser Tatsache in Seenot gerät?

    • @Horst07:

      Also, lieber Horst - sorry, da bleibt mir doch irgendwie der Mund offen vor verblüfftem Staunen. [...]



      Da steht klar und deutlich und Sie wiederholen es auch:







      "Nicht immer ist klar, ob die Schiffe wieder Land erreichen."







      Wie soll jetzt, bitte schön, etwas das nicht klar ist, geprüft oder belegt werden? ?????? Genau deshalb ist es nämlich nicht klar: Es interessiert einfach niemanden der Verantwortlichen, was mit den Booten passiert, kapitscho? (Oder haben Sie Gegenbeweis?)



      Und das mit den Handelsschiffen, die auch mal sinken... also damit haben Sie es m.E. jetzt in der Liga der übelsten menschenverachtenden Zyniker ganz noch oben geschafft.

       

      Kommentar wurde bearbeitet. Bitte beachten sie die Netiquette.

      • @LiebeSonneScheine:

        "ganz nach oben" natürlich.