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Außenpolitisches DesasterWadephuls China-Reise kurzfristig abgesagt

Der CDU-Außenminister wollte am Sonntag nach China fliegen – doch daraus wird nichts. Denn China stellt kaum Gesprächspartner zur Verfügung.

Aus der geplanten Reise nach Peking wird erstmal nichts: Johann Wadephul (CDU), Außenminister Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Sabine am Orde

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Sabine am Orde aus Berlin

taz/dpa | Außenminister Johann Wadephul (CDU) wollte am Sonntag eigentlich nach China fliegen. Am Freitag aber kündigte das Außenministerium überraschend an, die zweitägige Reise werde verschoben. Peking habe außer einem Treffen des Ministers mit seinem Kollegen Wang Yi keine hinreichenden weiteren Termine bestätigt, begründete Kathrin Deschauer, die Sprecherin des Auswärtigen Amts, die Verschiebung. Das kann man wohl als deutliches Zeichen werten.

„Dabei gibt es gerade in diesen Tagen eine Vielzahl von Themen, die wir mit der chinesischen Seite gerne besprechen wollen“, fügte Deschauer hinzu. Auch wenn die Bundesregierung die deutsche Wirtschaft und deren Lieferketten diversifiziere und die Wettbewerbsfähigkeit stärke, „wollen wir mit China zusammenarbeiten“. Gleichzeitig bereiteten den deutschen Unternehmen Handelsbeschränkungen vor allem in den Bereichen seltene Erden und Halbleiter große Sorgen.

Die Sicherheit Asiens und Europas sei zudem eng mit miteinander verbunden. „Unser Interesse ist, dass China dazu beiträgt, einen gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu erreichen“, ergänzte sie. Kein anderes Land habe so viel Einfluss auf Russland wie China. „Wir sind weiter sehr daran interessiert, uns partnerschaftlich zur gesamten Themenpalette auszutauschen. Wir bedauern sehr, dass es in den nächsten Tagen entgegen gemeinsamer Planungen kurzfristig dazu keine persönliche Gelegenheit geben wird.“ Die geplante Reise solle aber zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden, so Deschauer. Genaueres zum Termin sagte sie nicht.

Peking hatte kurz zuvor die Haltung der Bundesregierung in der sogenannten Taiwan-Frage kritisiert. Die Wahrung des Status quo in der Region zu fordern, ohne dabei eine Unabhängigkeit Taiwans abzulehnen, komme einer Unterstützung „taiwanischer Unabhängigkeits-Aktivitäten“ gleich, sagte Außenamtssprecher Guo Jiakun laut dpa. China fordere Deutschland auf, eine klare und entschiedene Haltung gegen jegliche Aktivitäten für eine Unabhängigkeit Taiwans einzunehmen und das Ein-China-Prinzip strikt einzuhalten. Peking betrachtet Taiwan als Teil seines Territoriums.

Deutsche Kritik an chinesischen Drohungen

Wadephul hatte China in den vergangenen Monaten immer wieder für Drohungen kritisiert, den Status quo in der Meerenge zwischen Taiwan und China einseitig verändern zu wollen. Die enorme Zunahme der chinesischen Präsenz in Gewässern um Japan sowie das robuste militärische Auftreten in der Straße von Taiwan „stellen nicht nur eine Gefahr für die Sicherheit im Indopazifik dar, sondern untergraben auch die gesamte internationale regelbasierte Ordnung“, sagte Wadephul etwa vor einer guten Woche beim Japanisch-Deutschen Zentrum in Berlin.

Er kritisierte eine zunehmend aggressive Politik Chinas gegenüber Nachbarländern und die Rückendeckung für Russland. „China und Russland versuchen, die auf dem Völkerrecht basierende internationale Ordnung umzuschreiben“, sagte der Außenminister.

Wadephul wäre das erste Mitglied der aktuellen Bundesregierung gewesen, das China besucht. Eigentlich sollte er einen Besuch des Bundeskanzlers vorbereiten. Jetzt wird sich wohl auch dieser weiter verzögern. Der Außenminister hatte zuvor bereits Antrittsbesuche in Japan und Indonesien absolviert. Dass die erste Reise in die Region nicht China galt, dürfte man in Peking zur Kenntnis genommen haben.

Pekings verschärfte Exportkontrollen auf seltene Erden haben große Sorge bei deutschen Unternehmen ausgelöst. Eine Wirtschaftsdelegation sollte Wadephul auf seiner Reise begleiten, mit dabei sein sollte etwa der Verband der Automobilindustrie. Die Industrie ist auf die wichtigen Rohstoffe angewiesen, weil sie zum Beispiel für Motoren, Turbinen und Sensoren benötigt werden. Zudem herrscht in der Bundesregierung Unmut über Chinas Rolle im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, weil die Volksrepublik im Verdacht steht, mit Ölkäufen Russland zu unterstützen.

Brugger: „Nicht einschüchtern lassen“

Agnieska Brugger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, kritisierte die Haltung Chinas. „Gerade, wenn die Zeiten schwierig und die Konflikte groß sind, muss man im harten Gespräch miteinander bleiben“, so Brugger. Dass die chinesische Seite jetzt bewusst keine Gesprächspartner für den Außenminister zur Verfügung gestellt und so eine Absage der Reise provoziert habe, sei unsouverän und zeuge von Angst vor einer Debatte in der Sache. „Es passt auch ins Bild der zunehmenden Bully-Methoden, mit denen die chinesische Staatsführung weltweit agiert. Davon darf man sich nicht einschüchtern lassen.“ Die Absage der Reise durch Wadephul sei „richtig und konsequent“.

Vergessen haben dürfte man bei Grünen aber nicht, wie scharf die Union und auch der heutige Außenminister Wadephul seine Vorgängerin Annalena Baerbock für ihre klare Ansprache gegenüber Autokraten auch auf offener Bühne immer wieder kritisiert hatte. Baerbocks Antrittsbesuch in Peking fand wie geplant statt.

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1 Kommentar

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  • "Nicht einschüchtern lassen"?



    Es stimmt, es gibt Parallelen zwischen der ehemaligen und dem jetzigen Außenminister.



    Beide verstehen sich als Marktschreier.



    Das ist nicht Jedermanns Sache.



    Kaum Jemand möchte öffentlich beleidigt werden.



    Wer Anderen Vorschriften machen will, sollte auch die Mittel dazu haben.



    Vor 20 Jahren hatte Deutschland China gegenüber wirtschaftliche Mittel, denn China war an deutscher Technik interessiert.



    Mittlerweile hat sich die Lage deutlich verändert: Wir haben ein deutliches Handelsdefizit gegenüber China und technologisch hat uns China in den meisten Bereichen überholt.



    Wo sollten da also noch Druckmittel sein?



    Im Gegenteil wollen die Chinesen keine deutschen Verbrenner mehr kaufen. Die deutsche Wirtschaft schrumpft, in erster Linie durch Absatzprobleme auf dem größten Markt.



    Der Sauerländer schwafelt zwar von "der größten konventionellen Armee Europas", doch da ist der Wunsch der Vater des Gedankens.



    Wir haben weder wirtschaftlich, noch militärisch nennenswerte Macht .



    In dieser Situation die Klappe aufzureißen ist zwar bei der Union üblich, doch fern der Realität und nicht zielführend.



    Vielleicht erklärt Irgendwer Wadephul und Merz mal "Diplomatie".