Ausschreitungen im Grenzort Idomeni: Mehr als 300 Verletzte
Mehrere hundert Flüchtlinge stürmten am Sonntag den Grenzzaun an der griechisch-mazedonischen Grenze. Die Polizei setzte Trängengas ein – viele wurden verletzt.
Begonnen hatten die Auseinandersetzungen am späten Vormittag. Mehrere hundert Flüchtlinge hatten in der Nähe des griechischen Übergangs Idomeni für die Öffnung der Grenze demonstriert, die ihnen den Weg in den Norden versperrt. Zuvor hatte das Gerücht die Runde gemacht, Mazedonien werde die Grenze öffnen. Als einige versuchten, gewaltsam die Absperrungen zu durchbrechen, setzten mazedonische Beamte Tränengas ein.
Der Leiter eines Auffanglagers auf der mazedonischen Seite der Grenze, Zoran Lazarovski, sprach von drei Flüchtlingsgruppen zu je rund 500 Menschen, die an drei verschiedenen Stellen die Grenze durchbrechen wollten. Die mazedonische Polizei rechtfertigte den Einsatz von Tränengas und Blendgranaten mit den Erfordernissen des Selbstschutzes: Flüchtlinge hätten Beamte mit Steinen und Metallgegenständen beworfen. Es sei „kein einziger Flüchtling“ nach Mazedonien gelangt, sagte ein Sprecher.
Nach Angaben eines Vertreters von Ärzte ohne Grenzen trugen in den Tumulten mehr als 300 Flüchtlinge Verletzungen davon. Mediziner der Organisation hätten etwa 250 Menschen wegen Atemproblemen nach dem Einsatz von Tränengas behandelt, darunter auch viele Kinder. 30 weitere seien durch Plastikgeschosse verwundet worden, und noch einmal 34 Flüchtlinge trugen offene Wunden davon. Sieben Menschen seien ins Krankenhaus der nahegelegenen Stadt Kilkis gebracht worden.
Die mazedonische Polizei bestritt indes, Plastikgeschosse gegen Flüchtlinge eingesetzt zu haben. Dies sei in Mazedonien gesetzlich verboten, betonte eine Sprecherin.
Fünf Flüchtlinge ertrinken vor Ägäis-Insel
In Idomeni sitzen mehr als 11.000 Menschen fest, seit die Fluchtroute über den Balkan vor wenigen Wochen abgeriegelt worden war. Seitdem fordern sie immer wieder die Öffnung der Grenze zu Mazedonien, um von dort aus weiter Richtung Deutschland und in andere europäische Länder zu kommen.
Bemühungen der griechischen Behörden, die Flüchtlinge zum Verlassen von Idomeni und zum Aufsuchen nahegelegener Registrierungszentren zu bewegen, waren bislang kaum erfolgreich. Die meisten Schutzsuchenden wollen dort bleiben, um die erhoffte Grenzöffnung nicht zu verpassen.
Vor der Ägäis-Insel Samos waren am Samstag fünf Flüchtlinge gestorben: Vier Frauen und ein Kind ertranken, nachdem ihr Boot auf dem Weg von der Türkei nach Griechenland gesunken war. Fünf Menschen konnten gerettet werden, nach mehreren weiteren Menschen wurde nach dem Unglück gesucht, wie die griechische Küstenwache mitteilte. Unter den Überlebenden war demnach auch der mutmaßliche Schlepper der Flüchtlingsgruppe, er wurde festgenommen.
Es war das erste Mal seit Inkrafttreten des EU-Abkommens mit der Türkei, dass die Behörden von ertrunkenen Flüchtlingen in der Ägäis berichteten. Gemäß dem Abkommen werden alle Menschen, die nach dem 20. März auf illegalem Weg Griechenland erreichen, in die Türkei zurückgeschickt.
Seit Jahresbeginn bis zum EU-Gipfel am 18. März, bei dem der Pakt vereinbart wurde, kamen im Durchschnitt 1676 Flüchtlinge nach Griechenland, berichtete die Zeitung. Seitdem das Abkommen gilt, also seit dem 20. März, seien es dann nur noch 337 Menschen am Tag gewesen.
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