Auslosung der Fußball-EM 2024: Gestöhne und Geziehe
Die DFB-Auswahl muss in „keine Todesgruppe“. Das wurde bei der Auslosung erleichtert festgestellt. Aber gestöhnt wurde auch.
Das Stöhnen soll lustvoll gewesen sein. So jedenfalls interpretieren die meisten Teilnehmer der Auslosung der Fußball-Europameisterschaft der Männer in der Hamburger Elbphilharmonie eine Geräuschkulisse, die aufkam, als gerade die Schweiz als Deutschlands Gruppengegner gezogen wurde. In den sozialen Medien war gar von Sexgeräuschen die Rede, so richtig sicher war sich jedoch niemand, und derjenige, der sich zu der Störung bekannte, der englische Comedian Daniel Jarvis, gab auch keine Aufklärung.
Deutschland – Schottland – Ungarn – Schweiz. So lautet das Auslosungsergebnis für das DFB-Team, das als Ausrichter der EM 2024 gesetzt ist. Zu Turnierbeginn, am 14. Juni in München, geht es gleich gegen Schottland.
„Das ist keine Todesgruppe“, analysierte Bundestrainer Julian Nagelsmann, erinnerte sich jedoch hurtig an die jüngsten Auftritte seiner Truppe und fügte hinzu: „Aber es gibt keine wirklich schlechten Gegner.“ Nagelsmanns Chef, DFB-Sportdirektor Rudi Völler, wählte die andere Reihenfolge: erst Demut, dann Optimismus. „Wir sind nicht in der Situation, dass wir irgendeinen Verband unterschätzen“, gab er sich zunächst bescheiden, hatte aber auch ein „Aber“ im Köcher: „Aber unser Anspruch ist natürlich, eine Runde weiterzukommen.“ DFB-Präsident Bernd Neuendorf wusste noch beizutragen, dass Deutschland als Turniermannschaft immer noch viel Respekt entgegengebracht werde. Es war überhaupt eine bemerkenswerte deutsche Erfolgsgewissheit zu verzeichnen. Ex-Bundesligamanager Heribert Bruchhagen sagte ganz deutlich: „Da auch der Dritte in der Gruppe weiterkommt – das ist ja eigentlich ein Witz –, bin ich mir sicher, dass wir ein gutes Los gezogen haben.“
Unterstützt wird dieser Optimismus von Murat Yakin, dem Schweizer Trainer, der dem DFB eine „Favoritenrolle“ zuspricht, und von Ungarns Trainer Marco Rossi, der prognostiziert, dass Deutschland „wahrscheinlich als Gruppenerster“ abschließt.
Weiterkommen im neuen Sommermärchen
Sollte das Weiterkommen gelingen, was ja bei den vergangenen Turnieren nicht wirklich selbstverständlich war, wären plötzlich im Achtelfinale Gegner wie Spanien, Italien oder England nicht unrealistisch. Und solche Teams stellen gegenwärtig für den DFB eine Hürde dar, die sogar die versammelten Experten als solche wahrnahmen. Um die doch nehmbar zu machen, gibt es ja den Heimvorteil, und wie man sich den vorstellen darf, wurde an diesem Samstagabend in der Hamburger Elbphilharmonie vorgeführt: Jonas Kaufmann, vorgestellt als Startenor, und David Garrett, Beruf Stargeiger, traten auf. So soll 2024 das „Sommermärchen 2006“ nachgespielt werden. Gerne erinnert man sich, dass damals Herbert Grönemeyer mit „Zeit, dass sich was dreht“ zum WM-Song ernannt wurde – sehr zum Ärger von Heino und Jack White, die „Wir tanzen Polka, denn wir lieben Germany“ platzieren wollten.
Ob das besser gewesen wäre als die Stöhngeräusche, die die Auslosung untermalten, ist eine ganz schwer zu bewältigende Abwägungsfrage. Jedenfalls gehörten die Stöhngeräusche zu den sich am stärksten ins Gedächtnis drängenden Momenten dieser EM-Auslosung. Italiens Torwartlegende Gianluca Buffon hatte gerade die Gruppe A, in der Deutschland gesetzt war, gezogen, da begann das Stöhnen. Einige der Gäste lachten, andere schauten auf den Boden, und Uefa-Funktionär Giorgi Marchetti, der als Ziehungsleiter fungierte, sagte: „Hier sind ein paar Geräusche …“
Andere Gruppen hätten anderes Stöhnen verursachen können: Spanien, Italien, Kroatien und Albanien in der Gruppe B dürfte schwer sein, ähnlich wie die Gruppe D, die bisher aus Frankreich, den Niederlanden und Österreich besteht (später gesellt sich noch der Sieger der Play-offs A dazu).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr