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Auslieferungsantrag der USA liegt vorJulian Assange festgenommen

Wikileaks-Gründer Julian Assange wurde in der ecuadorianischen Botschaft von London verhaftet. Für ihn liegt ein Auslieferungsersuchen aus den USA vor.

Julian Assange im Mai 2017 auf dem Balkon der ecuadorianischen Botschaft in London Foto: ap

London dpa/ap | Wikileaks-Gründer Julian Assange ist nach fast sieben Jahren Asyl in der Botschaft Ecuadors in London festgenommen worden und die USA fordern seine Auslieferung. Die US-Justiz wirft Assange Verschwörung mit der Whistleblowerin Chelsea Manning vor. Eine Gerichtsanhörung zu dem Auslieferungsantrag soll es am 2. Mai geben.

Am Donnerstag wurde Assange bereits von einem Londoner Gericht für schuldig befunden, gegen seine Kautionsauflagen in Großbritannien verstoßen zu haben. Dafür droht ihm eine Haftstrafe von bis zu zwölf Monaten.

Assange hatte seit Juni 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London gelebt und war dort am Donnerstag festgenommen worden, nachdem das Land sein diplomatisches Asyl aufgehoben hatte. Assanges Anwalt hatte vor Gericht argumentiert, der heute 47-Jährige habe sich den Behörden entziehen müssen, da ihn kein fairer Prozess erwarte.

Der Richter am Westminster Magistrates' Court wies das als „lachhaft“ zurück. Ein Datum für das Urteil steht noch nicht fest, bis dahin soll Assange in Gewahrsam bleiben.

Assange könnten fünf Jahre Haft drohen

Manning hatte von Wikileaks veröffentlichte Regierungsdokumente beschafft, die unter anderem Menschenrechtsverletzungen der US-Armee in Afghanistan enthüllt hatten. In den USA werde Assange beschuldigt, Manning dabei geholfen zu haben, ein Passwort eines Computernetzwerks der Regierung zu knacken, hieß es in einer Mitteilung des Justizministeriums. Im Fall einer Verurteilung nach diesen Vorwürfen droht Assange eine maximale Haftstrafe von fünf Jahren.

Diese Anklage könnte den Weg für eine Auslieferung an die USA freimachen. Denn die britische Regierung betonte, Assange werde nicht ausgeliefert, wenn ihm die Todesstrafe drohe.

Die Gefahr einer Auslieferung an die USA ist genau das, was Assange veranlasste, 2012 in die Botschaft zu flüchten und dort so lange auszuharren. Es könnte auch wichtig werden, dass es bei der US-Anklage um Hilfe beim Eindringen in ein Netzwerk und nicht um die Veröffentlichung geheimer Informationen geht. Assange bezeichnet sich selbst als Journalist und beansprucht deshalb die für Medien üblichen Schutzklauseln, was die Geheimhaltung von Quellen und die Veröffentlichung vertraulicher Informationen betrifft.

Die Regierung Ecuadors hob das diplomatische Asyl von Assange mit der Begründung auf, er habe gegen die Auflagen dafür verstoßen. Die britische Polizei teilte mit, der Botschafter habe sie für die Festnahme in die Botschaft eingeladen. Wikileaks warf Ecuador vor, mit der Aufhebung des Asyls internationales Recht zu brechen.

Umstrittene Persönlichkeit

Wikileaks trat zunächst in Erscheinung mit der Veröffentlichung der geheimen US-Dateien. Zuletzt stand die Plattform aber vor allem im Fokus von US-Ermittlungen, weil die Enthüllungswebsite im Präsidentschaftswahlkampf 2016 gestohlene E-Mails der demokratischen Partei veröffentlichte. US-Behörden gehen davon aus, dass die E-Mails von russischen Hackern heruntergeladen und Wikileaks zugespielt wurden. Diesen Aspekt hat auch FBI-Sonderermittler Robert Mueller in seinem Abschlussbericht über die vermutete russische Einmischung bei der von Donald Trump gewonnenen Präsidentenwahl festgehalten.

Kritiker werfen Assange vor, er sei ein einen Selbstdarsteller, der Menschenleben gefährdet habe. Seine Anhänger sehen in ihm dagegen einen Aufklärer.

Das Interesse der US-Justiz wurde im vergangenen November bekannt, als Assanges Name versehentlich in einem US-Gerichtsdokument auftauchte. Die Passage legte nahe, dass es bereits eine Anklage gibt, sie aber unter Verschluss gehalten wird. Die jetzt veröffentlichte Anklageschrift trägt das Datum 6. März 2018.

Manning hatte Wikileaks im Jahr 2010 – damals noch als Bradley Manning – hunderttausende geheime Militärdokumente zukommen lassen. Sie wurde zu 35 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und von US-Präsident Barack Obama kurz vor Ende seiner Amtszeit begnadigt.

Wikileaks hat den Entzug des diplomatischen Asyls für ihren Gründer Julian Assange als „illegal“ und Verletzung internationalen Rechts bezeichnet. In einem am Donnerstag unmittelbar nach der Verhaftung des 47-Jährigen veröffentlichten Tweet hieß es, der ecuadorianische Botschafter habe die britische Polizei „eingeladen“, Assange zu verhaften.

Ermittlungen wegen Vergewaltigung eingestellt

Whistleblower Edward Snowden, der im russischen Exil lebt, schrieb auf Twitter: „Assanges Kritiker mögen jubeln, aber das ist ein dunkler Moment für die Pressefreiheit.“ Das russische Außenministerium kritisierte die Festnahme. Der Kreml teilte mit, er hoffe, dass die Rechte Assanges respektiert würden. US-Schauspielerin Pamela Anderson, die den 47-jährigen mehrfach in der Botschaft besucht hatte, schrieb: „Ich bin schockiert.“ Sie warf den Briten vor, sie bräuchten eine Ablenkung vom „idiotischen Brexit-Mist“.

Ecuadors Präsident Moreno dagegen betonte, Asyl zu gewähren oder zu entziehen sei Recht des Staats. Er warf Assange die Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten sowie unhöfliches und aggressives Verhalten vor.

„Julian Assange ist kein Held und niemand steht über dem Gesetz“, schrieb der britische Außenminister Jeremy Hunt auf Twitter. „Es hat sich jahrelang vor der Wahrheit versteckt.“ Die zusätzlichen Polizeiwachen vor der Botschaft hatten die britischen Steuerzahlen über die vergangenen Jahre Millionen gekostet.

Als Assange in die diplomatische Vertretung flüchtete, lag gegen ihn ein europäischer Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor. Er befürchtete, zunächst nach Skandinavien und schließlich an die USA ausgeliefert zu werden. Im Mai 2017 stellte die Staatsanwaltschaft in Schweden jedoch ihre Ermittlungen ein.

Damit war Assange allerdings noch kein freier Mann, denn er hatte mit der Flucht in die Botschaft gegen britische Kautionsauflagen verstoßen. Scotland Yard kündigte an, den Enthüllungsaktivisten festzunehmen, sobald er die Botschaft verlasse. Ein Versuch der Anwälte Assanges, den Haftbefehl von einem Gericht für ungültig erklären zu lassen, scheiterte.

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20 Kommentare

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  • Der beste Kommentar:



    "London (dpo) - In London wurde am Donnerstag ein 47-jähriger Mann festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, furchtbare Kriegsverbrechen begang… moment, nein anders ... dafür gesorgt zu haben, dass die Welt von US-amerikanischen Kriegsverbrechen erfährt.



    Der Australier Julian Assange soll nun an die USA ausgeliefert werden, wo ihm eine Anklage und womöglich die Todesstrafe droht, weil er Folter und andere Greueltaten an irakischen und afghanischen Kriegsgefangengen verüb… quatsch! … öffentlich gemacht hat. Auch soll er willkürliche Tötungen von Zivilisten im Irak aus der Luft autori… nein! auch nicht richtig!... mithilfe von Dokumenten und Videos nachgewiesen haben.



    Allein im Irak soll Assange 66.081 Zivilisten getö… nein, anders! … ihren Tod durch eine US-Militärinvasion der Weltöffentlichkeit vor Augen geführt haben.



    Die ehemalige Soldatin Chelsea Manning, die gemeinsam mit Assange die Enthüllung überhaupt erst möglich gemacht hat, hat in den USA bereits einen Orden für ihre Aufklärungsarb… nein, auch wieder falsch! … eine Verurteilung zu einer langjährigen Haftstrafe wegen Hochverrats erhalten.



    Die tatsächlichen Kriegsverbrecher erhielten die Höchsstra… ach nein, Blödsinn! … wurden juristisch nicht verfolgt oder lediglich zu milden, eher symbolischen Strafen verurteilt. "

    www.der-postillon....9/04/assange2.html

  • Eines war klar: Er konnte nicht den Rest seines Lebens in diesem Zimmer in der Botschaft verbringen, zumal es offenbar um seine geistige Gesundheit auch nicht mehr so richtig gut bestellt war (was mich überhaupt nicht wundert).

    Was auch immer jetzt passiert, wenigstens passiert was und die meisten Verschwörungstheorien werden sich in Luft auflösen (weil sie sich ja alle widersprechen und deshalb zwar alle falsch, aber nicht alle richtig sein können)...

    Ich mag gar nicht mehr politisch für oder gegen Assange Stellung beziehen. Hätte er auch nur einen Funken Verstand und Mut gehabt, hätte er sich damals sofort nach Schweden ausliefern lassen sollen (bzw. dort erst gar nicht abhauen sollen). Dann wäre ihm entweder gar nicht viel passiert, oder er wäre (wie er angeblich befürchtet hat) in die USA ausgeliefert worden. Aber jetzt ist er in der selben Lage und hat dafür 7 Jahre in einem Zimmer gesessen und hat kaum noch Unterstützer (außer denen, die ihr eigenes Hühnchen zu rupfen haben und für die er nur ein Legostein in ihrem Weltbild ist), weil er zu viel Geschirr zerschlagen hat. Dumm gelaufen.

    • @Mustardman:

      Die politische Dimension geht weit über die Person Assange hinaus. Aber wenn wir schon über ihn reden, so ist der renommierte Investigativjournalist David Leigh, der für den Guardian gearbeitet hat, eine gute Quelle. Er hielt Assange für einen sehr professionellen IT-Spezialisten, aber war von seinen journalistischen Fähigkeiten weitaus weniger begeistert. Siehe seine Artikel zu dem Thema.

  • Sollten die Briten Assange an die USA ausliefern, sind sie mitschuldig an deren Kriegsverbrechen!



    Aber, jetzt hat die angeblich vergewaltigte Dame in Schweden einen Antrag auf wiederaufnahme des Verfahrens gegen Assange gestellt.



    Nur in Schweden ist Geschlechtsverkehr eine Straftat, wenn die Zusage später widerrufen wird, weil ein Kondom abgerutscht ist.



    Ich bin grundsätzlich für die Verfolgung von Straftaten dieser Art. Aber im Fall Assange hat das alles einen seltsamen Beigeschmack!

    • @Jakob Cohen:

      "... im Fall Assange hat das alles einen seltsamen Beigeschmack!"

      Die Geheimdienste dieser Welt haben viele Regiebücher in ihren Schubladen liegen, und sicherlich auch sehr viele Schauspieler/innen, die diese Regiebücher mit Leben füllen.

  • Kapitalfaschisten heute.

    Sie nennen es: ''Demokratie'', ''Freiheit'' und ''Menschenrecht'' und tarnen damit ihre Kapital-, Wirtschafts-, Ausbeutungs- und Kriegsverbrechen, weltweit!

    • @Reinhold Schramm:

      Eine interessante Volte legne Soie da hin: diejenigen, die Menschenrechte einfordern, sind "Kapitalfaschisten"...



      Natürlich gehört Bush wegen des Irakkriegs (genauso wie übrigens Putin wegen des Syrienkriegs und der Annektion der Krim) vors Kriegsverbrechertribunal, d.h. aber noch lange nicht, dass Assange deshalb die Faschisten Trump und Putin unterstützen musste.

  • Wer Kriegsverbrechen enthüllt, hat mit der Rache der Kriegsverbrecher zu rechnen.



    Das ist in Russland und den USA genauso: Die USA haben ein paar Minuten nach der Festnahme einen Auslieferungsantrag gestellt.



    Was die Persönlichkeit von Assange angeht, Selbstdarsteller etc., so kriegt man für sowas auch in Deutschland keinen Knast.



    Dass er [...] Clinton, die f ü r den Wahnsinn des Irakkriegs gestimmt hat, kritisch gegenübersteht, ist nachzuvollziehen, allerdings die leaks, die nur Trump genutzt haben, nicht; er selber leugnet das.

    Kommentar gekürzt. Bitte verzichten Sie auf pauschale Diffamierungen. Danke, die Moderation

  • Tja.. der einstmals geliebte und gehasste humane Aufklärer..



    endete in sozialer Isolation.. wurde Opfer von Intrigen ... und entwickelte so etwas wie `psychische Abnormitäten´(?), "persecution mania".. und wurde untragbar für die, die ihn beschützten!



    Und nun? Es bietet sich ein Bild von mr Assange, das mehr einen kranken Mann zeigt mit `angekratzter Seele´, denn einen Menschen im Besitz klaren Geistes im Lichte der Allgemeinen Menschenrechte der U.N.O. ! Frau*Mann erinnere sich an die Aufklärung durch die Enthüllungen Wikileaks ! Ihn jetzt zu verreissen und ihm den Todesstoss zu verpassen.. ist m.E. "hochgradig menschlich Unanständig" !

  • 8G
    87233 (Profil gelöscht)

    Gut so.



    Das gerade Russland sich dazu äussert ist erbärmlich.



    Mal sehen, was daraus wird wenn die USA eine Auslieferungsantrag stellen. Die Aussage von Ecuador ist zumindest fraglich.

    • @87233 (Profil gelöscht):

      Hä?



      "Die Hand der "Demokratie" drückt die Kehle der Freiheit zu!"



      Der Satz stimmt doch!



      Nur weil er von den pösen Russen kommt ist er doch nicht unwahrer!

      Warum die EUler so souverän über alle Verfehlungen der USA in den letzten 100 Jahren hinwegsehen, ist mir ernsthaft ein Rätsel!

      Und seit ca 6-7 Jahren scheint das pegidistische Prinzip sich durchgesetzt zu haben: biete dem Pöbel ein Feinbild und du kannst dahinter deine Mafia Methoden verfeinern!

      Trump wurde zu einem Schreckensbild hochgehypt und jetzt sind alle böse, die ihm direkt oder indirekt dienten?

      Hier der gute Obama, die guten Clintons, und dort der ungeschliffene Trump?



      (Kommt da nicht der versnobte, blinde Princeton-BildungsAdel zum Vorschein?)

    • @87233 (Profil gelöscht):

      „Das gerade Russland sich dazu äussert ist erbärmlich“



      Um es konkret zu machen: Putins Propagandaorgan „Sputnik“ zitiert die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa mit den Worten: „Die Hand der 'Demokratie' drückt die Kehle der Freiheit zu”. Da frage ich mich, wieviele „Kehlen der Freiheit“ werden ständig in Putins „gelenkter Demokratie“ zugedrückt?

    • @87233 (Profil gelöscht):

      Spannend! Ich bin mir aber nicht sicher, da wird es sicher einen Backroom Deal geben.

  • Na endlich!



    Assange hat aus perönlicher Rache gegen H. Clinton, zusammen mit dem Faschisten Putin dem Faschisten Trump ins Weisse Haus verholfen.



    Assange hat die Auflagen (Enthaltung jeglicher politischer Einmischung in andere Länder) mehrfach verletzt, die ihm für sein Asyl gestellt worden waren. Wikileaks hat Ecuador, das ihm 6 Jahre Asyl gewährte, bedroht und beleidigt. Dazu wurde nun über Wikileaks persönliche Kommunikation des Präsidenten Ecuadors veröffentlicht. England hat Ecuador zugesichert, dass Assange nicht an die USA ausgeliefert wird.

    www.elcomercio.com...ecuador-asilo.html

  • Wie mag es mit Mr. Assange weitergehen? Nach Schweden wird er wohl nicht ausgeliefert, weil das dortige Verfahren gegen ihn eingestellt ist. Falls die USA seine Auslieferung fordern, hatten die britischen Behörden angeblich bereits die Bedingung gestellt, dass er nicht gefoltert und / oder nicht hingerichtet werden darf.



    Unangenehm könnte es für Trump werden, wenn Assange zu den Wikileaks-Aktivitäten in Zusammenhang mit dem gewesenen Wahlkampf aussagt.



    Bleibt die Frage: Wer kommt eigentlich für seine jahrelange Vollpension auf? In 7 Jahren kommt einiges zusammen!

  • Ich denke jetzt bricht die Propaganda zusammen. Ihm wird gar nichts mehr passieren.

  • Das sind wundervolle Nachrichten für Hillary Clinton!

    Falls sie sich doch nochmal umentscheidet und erneut gegen Trump antritt, um die erste Präsidentin der USA zu werden, hat sie jetzt realistische Chancen, Trump am Ende vielleicht doch noch zu schlagen.

    • @Mareike:

      Warum?

      • @Sonntagssegler:

        Keine Ahnung? na denken Sie mal nach!

        • @Rinaldo:

          Sie haben anscheinend nicht bis zu Ende gedacht.