Auslieferung von Maja T. soll aufgearbeitet werden

Die Übergabe der An­ti­fa­schis­t*in an die ungarische Justiz hat ein Nachspiel. Die Anwälte wollen Verfassungsbeschwerde einreichen. Auch Po­li­ti­ke­r*in­nen haben Fragen

Zu spät: Als das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verfügte, die Auslieferung sofort zu unterlassen, war T. bereits 50 Minuten in Ungarn Foto: Foto:Arnulf Hettrich/imago

Von Konrad Litschko
und Timm Kühn

Es ist ein Gefängnis in Budapest, in dem Maja T. jetzt sitzt. Ein ungarisches Gericht hatte einen Haftbefehl erlassen, nachdem die 23-jährige, nonbinäre Thü­rin­ge­r*in am vergangenen Freitag von der JVA Dresden nach Ungarn ausgeliefert wurde. Und die ungarische Justiz soll einen schnellen Prozessbeginn anstreben. In Deutschland aber sorgt die Entscheidung, T. nach Ungarn auszuliefern, weiter für politischen Unmut.

Am Mittwoch will der Linken-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) im Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhaus dazu befragen. „Die zentrale Frage bleibt, warum die Berliner Generalstaatsanwaltschaft die Auslieferung durchzog, obwohl sie wusste, dass beim Bundesverfassungsgericht noch ein Eilantrag dagegen lief“, so Schlüsselburg zur taz.

Sven Richwin, Anwalt von Maja T., kündigte an, alle Mittel zu prüfen, um T. zurück nach Deutschland zu holen. Zudem kündigte er an, gegen die Auslieferung von Maja T. Verfassungsbeschwerde einzulegen. Dieses Verfahren ist allerdings langwierig. „Uns geht es aber auch um den Stopp der generellen Lieferdienste Deutschlands in das ungarische Haftsystem“, so Richwin zur taz. Zugleich werde versucht, die bestmöglichen Sicherheiten für Maja T. in der Haft in Budapest zu erreichen. Maja T. selbst sei von der Auslieferung „völlig überrumpelt“ worden. T. sei „in großer Sorge“, wie es in Ungarn nun weitergehe.

Das Auswärtige Amt erklärte sich derweil für eine konsularische Betreuung im Fall Maja T. bereit. Man stehe dazu „in engem Kontakt mit den ungarischen Behörden“. Am Auslieferungsverfahren selbst sei man nicht beteiligt gewesen und auch vom Berliner Kammergericht nicht um eine Einschätzung gebeten worden.

Maja T. wird vorgeworfen, sich mit anderen Linken im Februar 2023 an schweren Angriffen auf Rechtsextreme in Ungarn beteiligt zu haben. Im Dezember war T. in Berlin festgenommen worden. Inhaftiert war Maja T. seitdem in der JVA Dresden – bis am späten Nachmittag des vergangenen Donnerstags das Berliner Kammergericht der Auslieferung von Maja T. stattgab.

Daraufhin ging es schnell: Bereits in der Nacht zu Freitag holte das sächsische LKA Maja T. ab, um 6.30 Uhr befand sich T. in Österreich, um 10 Uhr auf ungarischem Boden. Der von T.s Anwälten vor dem Bundesverfassungsgericht eingereichte Eilantrag kam zu spät. Als das Gericht um 10.50 Uhr verfügte, die Auslieferung sofort zu unterlassen und T. nach Deutschland zurückzuholen, war T. bereits 50 Minuten in Ungarn.

Allerdings hatte T. noch nachts ihre Anwälte kontaktiert, die nach eigenen Angaben dem LKA gegenüber ankündigten, Rechtsmittel einlegen zu wollen. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin bestätigte gegenüber der taz, gewusst zu haben, dass sich T.s Anwalt „bei der Justiz beschweren“ wolle. Die Behörde sah die Auslieferung trotzdem als „sofort vollziehbar“ an.

„Wie eine Macht­demonstration“

Sven Richwin, Anwalt, über die fragwürdige Auslieferung von An­ti­fa­schis­t*in Maja T.

Als dann um 8.30 Uhr das Verfassungsgericht bei der Generalstaatsanwaltschaft den Eilantrag ankündigte, habe man keinen Einfluss mehr nehmen können. Da nicht Deutschland, sondern Ungarn die österreichischen Behörden mit der Überstellung beauftragt hätte, habe man in Österreich keine Handhabe mehr gehabt, so ein Sprecher. Die Behörde sieht den Fall damit als abgeschlossen an.

Für Anwalt Richwin ist es „äußerst ungewöhnlich, dass trotz noch nachts angekündigter Rechtsmittel diese nicht abgewartet, sondern einfach Fakten geschaffen wurden“. Die Auslieferung wirke „wie eine Machtdemonstration“, so der Anwalt. „Das hätte so nicht erfolgen dürfen.“ Auch die Vereinigung der Berliner Straf­ver­tei­di­ge­r*in­nen kritisierte, die Generalstaatsanwaltschaft habe ihre „Aufsichtsfunktion“ für „die Wahrung von Grundrechten“ missachtet und verstehe sich nun offenbar als „Dienstleister für andere Staaten“. So etwas kenne man eigentlich nur „aus Staaten, die gemeinhin nicht als Rechtsstaaten angesehen werden“.

Linke Gruppen kündigen derweil Proteste an. In Berlin rufen Antifa-Gruppen für Freitag um 19 Uhr zum Lausitzer Platz, in Leipzig am Samstag um 15 Uhr zum Bayrischen Bahnhof.