Auslaufgenehmigung für "Northern Vitality": Schrottschiff fährt nach Bulgarien
Die "Northern Vitality" darf Wilhelmshaven verlassen: Der Eigner hat versichert, dass er den Frachter in Bulgarien reparieren lassen will.
HAMBURG taz | Nun darf die „Northern Vitality“ doch auslaufen. „Wir gehen davon aus, dass das Schiff um 18 Uhr den Hafen verlassen wird“, sagte am Freitag der Wilhelmshavener Stadtsprecher Arnold Preuß. Das derzeit in Wilhelmshaven liegende Containerschiff solle auf der Werft Odessos Shiprepair Yard in Varna, Bulgarien, seetauglich gemacht werden. Eine Genehmigung für die Überführung liege vor.
Noch Mitte September hatte das niedersächsische Umweltministerium ein Auslaufen des Schiffes verhindert, nachdem es einen Hinweis von der reeder-kritischen Shipbreaking Platform in Brüssel bekommen hatte: Demnach sollte die „Northern Vitality“ an einen Broker verkauft werden, der das Schiff in Indien abwracken lassen wollte.
Organisationen wie die Shipbreaking Platform kritisieren diese Praxis, weil sie darin eine Gefahr für die Arbeiter sehen, die die Schiffe am Strand auseinanderschweißen müssten – und für die Meere, die durch die an Bord befindlichen Gifte verseucht würden. Nach EU-Recht ist es verboten, Schiffe außerhalb Europas abzuwracken.
Baujahr 1997, ist 184 Meter lang und fasst 29.115 Bruttoregistertonnen.
Im neuen Jade-Weser-Port von Wilhelmshaven lief sie am 10. September ein - der Terminal-Betreiber Eurogate hatte sich das Schiff für den Testbetrieb des neuen Hafens bei der Hamburger Reederei Schuldt ausgeliehen.
Am 13. September verhängte das niedersächsische Umweltministerium ein Auslaufverbot - es bestehe die Gefahr, dass das Schiff illegal zur Abwrackung nach Indien oder Sri Lanka gebracht werden solle.
Am 14. September wurde die "Northern Vitality" in den Innenhafen gebracht. Die Reederei Schuldt verkauft das Schiff an eine Schwesterfirma.
Dass die „Northern Vitality“ nun doch auslaufen darf, hängt mit einem Eigentümerwechsel zusammen: Die Norddeutsche Reederei H. Schuldt in Hamburg, die im Auftrag der Eigner als Reeder fungierte, hat das Schiff mittlerweile an die Erste „Roland“ Shipping GmbH & Co. KG verkauft – einem vor zwei Wochen gegründetem Unternehmen mit Sitz in Hamburg. Einer der beiden Gesellschafter ist Markus Hempel – der Vorstandvorsitzende der Norddeutschen Reederei.
Hempel bestätigt, dass ursprünglich ein Verkauf des Schiffes an einen Broker geplant war: „Wir hatten keinen anderen Investor gefunden“, sagt er und erwähnt die „sehr schlechten Einnahmebedingungen“. Ein „Schrottschiff“ sei die „Northern Vitality“ jedoch nicht, „deshalb investieren wir“. Nur mit den alten Eigentümern sei eine Reparatur nicht zu machen gewesen.
Dem niedersächsischen Umweltministerium hat die Reederei einen schriftlichen Vertrag mit der Werft in Bulgarien vorgelegt, in dem ein „Auftrag zur Reparatur“ bestätigt wird. „Mehr konnten wir nicht machen“, sagt Ministeriumssprecherin Inka Burow. Ihre Behörde habe jedoch die EU-Kommission und das Bundesumweltministerium gebeten, die bulgarischen Behörden auf die europäische Rechtslage hinzuweisen.
Die Shipbreaking Platform bleibt skeptisch: „Für uns ist es offensichtlich, dass nach wie vor die Absicht besteht, dass Schiff zu verschrotten“, sagt Geschäftsführerin Patrizia Heidegger. Sie verweist auf die Schwesterschiffe „Northern Dignity“ und „Northern Felicity“, die bereits an den Stränden Indiens angekommen seien – eine Aussage, der Reederei-Chef Hempel vehement widerspricht. Es gebe drei Schwesterschiffe, sagt er, von denen eines derzeit in Shanghai repariert werde, die anderen verkehrten vor Südamerika und im Arabischen Golf.
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