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Ausbildungsstandort BerlinAzubi-Ticket hängt in der Schwebe

Azubis könnten im Herbst ohne günstiges ÖPNV-Angebot dastehen. Der Senat sieht darin kein großes Problem, die Linken fordern schnelle Abhilfe.

Wer kommt eher? Bahn oder Ticket? Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa

Berlin taz | Der Senat stellt Berlin gerne als attraktiven Ausbildungsstandort dar. Kein Wunder, denn der Bedarf ist groß: Bis zu 90.000 Fachkräfte fehlen laut Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) in der Hauptstadt. Um dagegen vorzugehen, hat Berlin etwa eine Fachkräftestrategie beschlossen und ein „Bündnis für Ausbildung“ geschmiedet. 2.000 zusätzliche Ausbildungsplätze will der Senat bis August dieses Jahres geschaffen haben.

Um eine Ausbildung machen zu können, müssen Azubis aber auch kostengünstig zu ihren Betrieben kommen. Derzeit können sie dies noch mit dem Azubi-Ticket des Verkehrsbund Berlin-Brandenburg (VBB) für 34,50 Euro monatlich. Doch ausgerechnet die Zukunft dieses Tickets lassen CDU und SPD nun in der Schwebe hängen, wie aus einer Anfrage der Linken-Abgeordneten Damiano Valgolio und Kristian Ronneburg hervorgeht, die der taz exklusiv vorliegt.

Das Aus für das bestehende Angebot wurde bereits im vergangenen Jahr beschlossen, bereits seit Dezember kann das maximal ein Jahr gültige Ticket nicht mehr erworben werden. Der Senat hatte allerdings ein Nachfolgeangebot auf Grundlage des Deutschlandtickets in Aussicht gestellt, wie es dies auch für Studierende gibt, die für monatlich 29,40 Euro Öffis fahren. Auf den Stand der Umsetzung angesprochen, räumt die Verkehrsverwaltung nun ein, dass „bislang noch keine endgültigen Festlegungen zur Finanzierung der notwendigen Zuschüsse getroffen werden“ konnte.

Grundsätzlich bestehe in den Landesregierungen Berlin und Brandenburg zwar Einigkeit über eine gemeinsame Nachfolgelösung in Form eines Azubi-Deutschlandtickets für 34,50 Euro monatlich. Doch ein entsprechendes Memorandum of Understanding zwischen dem VBB, der Berliner Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer sei bisher noch nicht unterzeichnet worden – wegen der „noch offenen Fragen zur Finanzierung“, wie die Verkehrsverwaltung schreibt.

Senat sieht kein großes Problem

Der arbeitspolitische Sprecher der Linken, Damiano Valgolio, findet das „absurd“. Das Azubi-Ticket sei ein einfacher Weg, mit „überschaubaren Mitteln“ die Ausbildung in Berlin attraktiver zu machen. „Die Vergütung von Azubis ist oft viel zu niedrig, die Mieten sind für viele nicht bezahlbar. Günstige Nahverkehrsangebote sind da essenziell, damit die Leute in Berlin ihre Ausbildung aufnehmen können“, so Valgolio. Gebe es bis zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres im Herbst kein neues Angebot, sei klar, „dass mehr Jugendliche keine Ausbildung aufnehmen oder ihre laufende Ausbildung abbrechen werden.“

Auf das Szenario angesprochen, dass Azubis im Herbst ohne günstiges Ticket dastehen könnten, verweist die Verkehrsverwaltung auf die bestehenden Angebote: Etwa auf die regulären Tarife für Auszubildende des VBB, die allerdings allein für den Berliner Bereich AB im Abo 52,20 Euro kosten, mit der Umland-Tarifzone C sogar 75,30 Euro – also weit mehr, als das bisherige Azubiticket. Auch auf das reguläre Deutschlandticket (58 Euro) und die für Arbeitgeber nicht verpflichtende Möglichkeit, ein „Deutschlandticket Job“ für 40,60 Euro anzubieten, wird verwiesen. Wer wohngeldberechtigt ist, habe Anspruch auf das Sozialticket in Höhe von 19 Euro monatlich.

Linken-Politiker Valgolio rechnet damit, dass im Schnitt auf Azubis eine Mehrbelastung von etwa 20 Euro monatlich zukommt – dabei müssten Azubis schon heute „jeden Euro zweimal umdrehen“, beklagt er. Die Senatsverwaltung sieht das entspannter. Man gehe nicht davon aus, „dass Menschen in Berlin und Brandenburg die Entscheidung über die Aufnahme einer Ausbildung von der Umsetzung eines Nachfolgeangebotes für das VBB-Abo Azubi abhängig machen“, schreibt die Verwaltung.

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1 Kommentar

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  • "Die Senatsverwaltung sieht das entspannter. Man gehe nicht davon aus, „dass Menschen in Berlin und Brandenburg die Entscheidung über die Aufnahme einer Ausbildung von der Umsetzung eines Nachfolgeangebotes für das VBB-Abo Azubi abhängig machen“, schreibt die Verwaltung."

    Abgehobene Ignoranten!