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Ausbau der BetreuungsplätzeKinder, Quoten, Kitas

Die Familienministerin lobt den Kita-Ausbau, die Länder feiern ihre Versorgungsquoten. Doch wird damit jedes Kind einen Kitaplatz erhalten?

Ab 1. August 2013 haben Kinder unter drei Jahren einen Rechtsanspruch darauf, ihre Gummistiefel in der Kitagarderobe abzustellen. Bild: dpa

BERLIN taz | Es wirkt wie eine Art Wettrennen gegen die Zeit, in der am Ende nur die großen Zahlen hoch gehalten werden. Drei Wochen vor Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige erklärte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) am Donnerstag, sie gehe davon aus, dass „nahezu ausreichend Kitaplätze“ für die Kleinkinder vorhanden sein werden.

Schröder verwies dabei auf Tabellen, die die einzelnen Bundesländer der Ministerin vorgelegt hatten. Danach gibt es derzeit 712.000 Betreuungsplätze für die unter Dreijährigen; die Zahl der Plätze soll im Verlauf des kommenden Kitajahres auf bundesweit 813.000 steigen. Das seien bundesweit 30.000 mehr als der zuvor veranschlagte Bedarf, meinte die Ministerin.

Eltern von ein- und zweijährigen Kindern, die keinen öffentlich geförderten Betreuungsplatz in einer Kita oder bei einer Tagesmutter finden, können ab 1. August die Kommune auf eine solche Betreuung verklagen. Einen Rechtsanspruch auf Kitabetreuung von Dreijährigen und älteren Kindern gibt es schon länger.

Sie rechne nicht mit einer Klagewelle, sagte Schröder. Sie räumte allerdings ein, dass Bedarf und Angebote regional recht unterschiedlich verteilt seien. Vor allem in Ballungszentren werde „von Engpässen“ berichtet. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Ulrich Maly, erklärte, trotz des Ausbaus werden „vor allem in Groß- und Universitätsstädten, wo der Bedarf sehr hoch ist, Lücken bei der Kinderbetreuung bleiben“.

Zumutbare Entfernung, normale Arbeitszeiten

In vielen Großstädten liege der Bedarf mit über 50 Prozent der betroffenen Eltern allerdings auch weit über dem vom Bund angenommenen Durchschnitt, nachdem die Eltern für 39 Prozent der Kinder aus dieser Altersgruppe eine Betreuung wollen. Nach Erhebungen des Städtetages wird etwa in Frankfurt ab 1. August eine Betreuungsquote von rund 38 Prozent erreicht; diese soll bis zum Jahr 2016 auf 50 Prozent gesteigert werden.

Ein Bedarf gelte als gedeckt, wenn die Kita in „zumutbarer Entfernung“ vom Elternhaus liege und „normale Arbeitszeiten“ abgedeckt werden, sagte die Ministerin. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, warnte allerdings vor „übertriebenen Erwartungen der Eltern“. „Nicht jedes Kind wird direkt um die Ecke betreut werden können. Auch der zeitliche Rahmen wird von Ort zu Ort unterschiedlich sein“, sagte Landsberg.

Maly erklärte, vor allem in den Ballungszentren fehlten „aktuell Erzieherinnen und Erzieher“. Deren Anzahl konnte in den vergangenen Jahren nicht „entsprechend der Nachfrage“ gesteigert werden. Hier müssten die für die Ausbildung zuständigen Länder noch mehr tun.

Die Länder überbieten sich unterdessen mit Erfolgsmeldungen über den Ausbau der Betreuungsplätze, auch wenn die Quote der Versorgung von unter Dreijährigen stark schwankt. Sie liegt in den westdeutschen Ländern zwischen 43 Prozent (Hamburg) und 30 Prozent (Schleswig-Holstein), in Ostdeutschland deutlich höher. Sachsen-Anhalt meldet sogar eine Versorgung von über 57 Prozent. Dort gibt es schon seit Jahren einen Rechtsanspruch auf Betreuung ab der Geburt.

Ländervergleich ist schwierig

Da aus vielen Bundesländern keine aktuellen Quoten bekannt sind, ist ein Vergleich schwierig. Die Anstrengungen waren gerade in den vergangenen Monaten am stärksten, und aus dieser Zeit liegen meist keine Zahlen vor. Aus den zuständigen Ministerien kommen jedoch ausschließlich optimistische Meldungen. Während man sich zum Beispiel im Familienministerium in Hamburg rühmt, in Westdeutschland „weiterhin mit großem Abstand Spitzenreiter“ zu sein, was den Krippenausbau betrifft, ist Rheinland-Pfalz laut Angaben des dortigen Familienministeriums das „beste westdeutsche Flächenland“.

Auch das bayrische Familienministerium spricht in Superlativen und betont, dass die eigenen „Kommunen im Vergleich zu denen der westdeutschen Länder in der Gesamtschau den Bedarf am besten decken“. Schleswig-Holstein, eines der Länder mit der geringsten Versorgungsquote, meldet, dass es „beim Zuwachs des U3-Angebots bundesweit zu den Spitzenreitern“ gehöre.

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2 Kommentare

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  • DH
    Daniel Herold

    Lieber Frank Engelgen,

     

    in welcher Welt leben Sie denn bitte? Wie soll denn eine Familie ein Kind versorgen, wenn das Einkommen nicht ausreicht, weil die Mutter nur prekärer Arbeit nachgehen kann? Ich selbst bin als Kleinkind in eine "Fremdbetreuung" gebracht worden, da es eben so üblich war! Geschadet hat es mir scheinbar nicht. Wohlerzogen, Abitur, guter Job, guter Kollege und vor allem kreativ und an Gesellschaft interessiert.

     

    Und, ich widerspreche Ihnen: Auch Kleinkinder können sehr wohl wahrnehmen, wer da am "Po rumfummelt". Es ist ungeheuerlich, wie Sie mit allein diesem Sprachgebrauch qualifzierte Beschäftigte erniedrigen. Und, auch das möchte ich deutlich sagen, Erziehung ist eine gesellschaftliche Aufgabe! Natürlich stehen die Eltern im Zentrum, aber eine Persönlichkeitsentwicklung funktioniert nicht nur, weil Mami schön die Windeln wechselt sondern weil es ein Zusammenspiel geben muss zwischen Gesellschaft und Erziehungsberechtigten.

     

    In einer Sache stimme ich Ihnen zu: Eltern können nicht frei entscheiden und zwar, wie eingangs angeführt, aus wirtschaftlichen Gründen! Bei durchschnittlichen Löhnen von 8-12 Euro kann ein Alleinverdiener oder eine Alleinverdienerin eben keine mehrköpfige Familie versorgen ohne auf staatliche Hilfen angewiesen zu sein. Im Übrigen sind die meisten "Problemkinder" die von Eltern, die ihre Kinder nicht oder nur wenig in "Fremdbetreuung" geben.

  • FE
    Frank Engelen

    In einem der reichsten Länder der Welt erscheint es fragwürdig, warum man sein Baby in fremde Betreuung geben soll, um arbeiten zu gehen.

     

    Familien gehören zusammen!

     

    So fördert man nicht den familiären Zusammenhalt, sondern unterbundet das Wachsen von Kind-Eltern-Bindung.

     

    Verfechter der Babybetreung wie z.B. die Jugendämter werden sagen, dass nicht die "Menge", sondern die "Qualität" der Bindungen ausschlaggebend sei.

     

    Ich halte dagegen, dass ein Baby nicht Qualität von Quantität unterscheiden kann.

     

    Es jedoch sehr wohl spürt, wer im de gerade am Popo herumfummelt.

     

    Ob es die Eltern mit liebevoller Zuwendung und Fürsorge tun. Mit jedem Windelwechseln am Wachsen der Bindungen mitwirken. An den Füßchen, am Bauch streicheln. Die kleinen, neugierigen Händchen halten. Mit IHREM Kind sprechen, auch wenn es die Worte noch nicht versteht, aber dafür die Stimmen von Mutter und Vater dafür umso besser kennt.

     

    In der KiTa indes, werden diese elterlichen Pflichten von wechselndem Personal übernommen.

     

    Ob das die Babys wirklich wollen?

     

    Die Natur hat es so vorgegeben, dass die Kinder bei den Eltern aufwachsen.

     

    Warum wollen "zivilisierte" Menschen das ändern?

     

    Warum suggerieren unsere Politikerinnen den Eltern einen "Rechtsanspruch" auf Fremdbetreuung ihrer Kinder?

     

    Die "dummen Deutschen" sind halt so geartet, dass sie diesen "Rechtsanspruch" ggf. einklagen!

     

    Das weiß gewiß unsere Frau Merkel, welche in ihrer Heimat Erfahrung mit "Menschenführung" und mit Fremdbetreuung gesammelt hat.....

     

    Das Bild erinnert übrigens an das Bild der Firma Perspektive GmbH, wo die Geschäftsführerin des Kindervermittlungsdienstes auch Verfahrensbeistandschaften anbietet und sich nach deren Mitwirkung an der Feststellung der Erziehungsungeeignetheit der Eltern mit Hilfe von Behauptungen, zum Vormund bestellen lässt.

     

    In dieser Funktion - jedoch auch in der Doppelrolle als Kindervermittlerin! http://perspektive-erziehungshilfen.de/- bringt sie die Kinder in eigene oder in Einrichtungen von Kooperationsunternehmen wie z.B. Backhaus GBR, www.Profifamilie.de gewinnbringend unter.

     

    Provokante Menschen sagen, dass Eltern, die ihr Kind in die U-3-Betreuung es nicht anders verdient hätten, wenn ihnen anschließend die Kinder im Rahmen von Inobhutnahmen mit der Begründung, sie hätten keine Bindung zu ihren Kindern, weggenommen werden.

     

    Ich halte dagegen, dass die Eltern überhaupt nicht frei entscheiden konnnten und zur Fremdbetreuungslösung getrieben wurden.