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Aus ungarischer HaftGrüne fordern Überstellung von Maja T.

Vor einem Jahr wurde Maja T. nach Ungarn ausgeliefert. Mehrere Abgeordnete der Grünen fordern nun in einem Brief die Rückholung.

Maja T., hier im Februar im Prozess in Budapest Foto: Denes Erdos/ap

Berlin taz | Mehrere Grünen-Abgeordnete fordern die Bundesregierung auf, sich „auf allen politischen und diplomatischen Ebenen“ für die Rücküberstellung der in Ungarn inhaftierten Deutschen Maja T. einzusetzen. Das geht aus einem Brief hervor, den die Bundestagsabgeordneten Katrin Göring-Eckardt und Helge Limburg sowie der Europaparlamentarier Daniel Freund der Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) geschrieben haben.

Maja T. (24) sitzt seit Sommer 2024 in Untersuchungshaft und befindet sich zwei Wochen im Hungerstreik, den sie mit menschenunwürdigen Haftbedingungen begründet. Laut ihrem Verteidiger hat sie acht Kilogramm abgenommen. Die ungarischen Behörden zweifeln den Hungerstreik an und weisen die Vorwürfe schlechter Haftbedingungen zurück.

Der nonbinären Person aus Thüringen wird vorgeworfen, mit anderen Autonomen im Februar 2023 in Budapest Angriffe auf Rechts­extre­me verübt zu haben. T. wurde im Dezember 2023 in Berlin festgenommen, die Überstellung erfolgte im Juni 2024. Sie wurde durch das LKA Sachsen durchgeführt. Das Berliner Kammergericht hatte dem Ersuchen Ungarns zuvor stattgegeben, nachdem das ungarische Justizministerium Zusicherungen gegeben hatte. Per Eilbeschluss stoppte das Bundesverfassungsgericht die Überstellung – kam damit jedoch wenige Stunden zu spät.

„Das Berliner Kammergericht und das LKA Sachsen haben Maja in verfassungswidriger Weise in ihren Grundrechten verletzt“, sagte Mitunterzeichner Limburg der taz. Es sei deshalb dringend geboten, dass sich die Regierung für die Rücküberstellung einsetze.

Die Grünen-Politiker*innen fordern zudem, weitere Auslieferungen nach Ungarn zu stoppen. Die Haftbedingungen T.s würden das Bild eines Justizsystems bestätigen, „das eklatant von den rechtsstaatlichen Mindeststandards der EU abweicht“. Auf taz-Anfrage erklärte das Bundesjustizministerium, in Verfahren zur Überstellung nach den Regelungen über den Europäischen Haftbefehl nicht eingebunden zu sein, die Kooperation erfolge unmittelbar zwischen den Justizbehörden. Abschließend würde bei Übergaben an EU-Mitgliedstaaten ein Oberlandesgericht urteilen. „Das ist ein Prozess, der nach gesetzlichen Vorgaben abläuft. Es gibt keine politischen Entscheidungsspielräume“, erklärte eine Sprecherin.

Zuvor hatte die Linkspartei eine Rücküberstellung Maja T.s gefordert. Die Regierung dürfe „nicht weiter wegschauen, wie Ungarn ein Exempel an der antifaschistischen Person statuiert“, so der EU-Abgeordnete Martin Schirdewan. Er wird am Freitag beim Prozess gegen Maja T. anwesend sein und kündigte einen Besuch in der Untersuchungshaft an.

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7 Kommentare

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  • Warum sollte sich die Regierung dafür einsetzen, dass eine gewalttätige Extremistin (zur Erinnerung: Mitglied der "Hammerbande") nicht für Straftaten in einem anderen EU Staat zur Verantwortung gezogen wird? Das als politische Forderung zu erheben ist irgendwie befremdlich.

  • Es ist allein schon eine Schande, dass überhaupt eine Deutsche Staatsbürgerin ins Ausland ausgeliefert wird - egal, was sie/er getan haben soll und dann noch unter deisen Bedingungen, die stark an Folter erinnern. Die Verweigerung des Budapester Gerichts einen Dolmetscher hinzuzuziehen lässt schlimmstes vermuten. Hier soll ein Mensch herhalten für einen Schauprozess der vermutlich jeder juristischer Wahrheit entbehrt.



    Maja T. gehört zurückgeholt - eher gestern als morgen!

  • Ja, Deutschland und alle anderen EU Länder haben ein Auslieferungsvetrag unterzeichnet. Den vereinfachten EU Haftbefehl. Wieso sollte Deutschland jetzt von den Verträgen abweichen. Und ich fände es fatal wenn die Justizministerin sich in Urteile und Entscheidungen von OLG einmischen würde.

    Und Deutschland möchte Zb. auch nicht das Herr Erdogan sich in deutsche Rechtssachen einmischt.

    • @Martin Sauer:

      Sie haben schon mitbekommen, dass die Auslieferung rechtswidrig war, wie vom Bundesverfassungsgericht festgestellt?

    • @Martin Sauer:

      Finden Sie es nicht ein bisschen mysteriös, dass Italien einen im selben Fall beschuldigten Antifaschisten eben nicht an Ungarn ausliefert?



      Eben mit Verweis auf die mangelnde Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und die unmenschlichen Haftbedingungen vor Ort.



      Deutsche Gerichte müssen auch im EU Ausland prüfen, ob Beschuldigte ein faires Verfahren bekommen und die Haftbedingungen nicht komplett unmenschlich sind.

  • Wie scheinheilig kann man sein?



    Als die Grünen in der Regierung waren, haben sie absolut nichts unternommen, um Maja zu helfen. Aber jetzt von der Oppositionsbank große Sprüche klopfen!



    Die einzige Partei, die von Anfang an solidarisch war, ist die Linke und agiert in diesem Fall auch als einzige glaubwürdig.

    • @TeeTS:

      Da scheint ja jemand genau zu wissen, wie das funktioniert mit den Forderungen.



      Mitnichten!



      Die Forderungen wurden formuliert, als die Ampel noch regierte (oder eben nicht regierte, da FDP-Lindner ständig bremste und die SPD pennte).



      Es wurden diplomatische Schachpielchen gespielt und die Grünen hatten den Mund zu halten, weil sie ja mitregierten.



      Die Bremsen, Mundtod halten bzw. zum Schweigen verurteilt, wiel das die SPD nicht wollte und die FDP schon gar nicht.



      Es gab viele dieser Beispiele, wo die Grünen das Land hätten voran treiben können und zum Nichtstun verdammt waren, weil 2 der 3 Regierenden dagegen waren.



      Aber danke, für die Aufklärung.