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Aus taz FUTURZWEIObszöner als Finanzkapitalismus

Wenn die AfD 13 Prozent holt, was ist dann erst für smarte Populisten drin? Ein Treffen mit dem Autor Alexander Schimmelbusch.

Früher Investmentbanker, heute Schriftsteller Alexander Schimmelbusch Foto: Annette Hauschild/Ostkreuz

Der Kreuzberger Bildungsbürgerjunge Ali Osman hält die Grünen im Kopf nicht mehr aus, deren Fraktionsvorsitzender er war. Er gründet auf der Grundlage eines Manifests des Investmentbankers Victor eine eigene Liste namens Deutschland AG, gewinnt die Bundestagswahl und wird nach einem fulminanten Wahlerfolg zunächst Junior von Merkel und dann auf Jahre hinaus Kanzler. Das ist die Story von Alexander Schimmelbuschs Roman „Hochdeutschland“, definitiv ein Buch des Jahres.

Klingt unwahrscheinlich? Gleich noch mehr. Oder nicht mehr. Er gewinnt nämlich mit einem smarten Populismusprogramm der nationalen Gerechtigkeit. Einer Obergrenze für privates Vermögen (25 Millionen Euro), einer verstaatlichten und staatlich gelenkten Wirtschaft und im Kern einer Staats-Fondsgesellschaft.

Selbstverständlich wird auch der Humanismus ausgebaut mit einer Armada, die die Geflüchteten aus dem Mittelmeer rettet. Und in Lagern in Nordafrika kaserniert. Einwanderung handhabt der Sozialkonzern Deutschland als Neueinstellungen. Nach Qualifikation. Wenn Stellen frei sind. Eindeutig ein Buch für Sahra Wagenknecht, aber vermutlich eben nicht nur.

An einem sonnigen Tag sitzt Alexander Schimmelbusch, 42, im Hinterhof eines italienischen Restaurants in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße. Er sieht weder aus wie der Londoner Investmentbanker, der er in den frühen Nullerjahren war, noch wie der Kreuzberger Schriftsteller, der er ist. Eher wie ein Pastor. Aber das sind selbstverständlich nur die Raster meiner eingeschränkten Weltsicht.

Die Genugtuung des grünen Milieus

Und das ist das Großartige, was man aus der Auseinandersetzung mit Schimmelbusch mitnehmen kann. Dass man womöglich in seiner kleinen Dorfwelt der kosmopolitischen moralischen Überzeugungen und Fantasmen überhaupt nicht checkt, wie die richtige Welt wirklich funktioniert. Und sich auch noch wahnsinnig was drauf einbildet.

taz FUTURZWEI

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Schimmelbusch hat die alten Grünen der Prä-Baerbock- und Habeck-Zeit in ihrem Kreuzberger Habitat studiert und in seinem Roman mit wenigen Sätzen umrissen: „Du kannst Dir nicht vorstellen, was das für Leute sind. Schmieren ab in den Umfragen, aber laufen mit so’ner Genugtuung rum, als hätten sie alles richtig gemacht.“ Das trifft uns hart. Und gut. Es sind schöne Beschreibungen der Limitationen dieser moralisch sensiblen Milieus mit okayem Status und Gehalt, die so beschäftigt sind mit ihrer sehr persönlichen Weltverbesserung, dass sie nicht mitkriegen, woran die Welt wirklich zugrunde geht

Verdächtigerweise steht Schimmelbusch gleichzeitig wieder auf diesen Typus. Er schwärmt von Anton Hofreiters Optik und Jürgen Trittins Unterhaltsamkeit. „Diese oft leicht alberne Stimme muss mit am Tisch sitzen“, sagt er mit einem schönen Lächeln. Er ist Österreicher, ansonsten würde er die deutschen Grünen womöglich sogar wählen.

Schimmelbuschs Vater Heinz ist ein bekannter Industriemanager und mit 74 noch Vorstandsvorsitzender eines von ihm konzipierten Firmenverbunds. Der Sohn hat in Washington studiert und war dann sechs Jahre Investmentbanker, die gruseligen Arbeits(lager)bedingungen im Roman basieren auf seinen persönlichen Erfahrungen.

Das Bürgertum zerfällt in Klassen

Aufgewachsen ist er in Frankfurt am Main, hat dort 1994 Abitur gemacht und beobachtet, wie ein relativ homogenes Bürgertum in Klassen zerfiel, hier Anwälte, Lehrer, FAZ-Journalisten und dort Banker in einer ganz anderen Welt der Dreitausend-Euro-Weine und so weiter. „Hochdeutschland“ ist sein vierter Roman seit Mitte der Nullerjahre. Er hatte seinen Investmentjob im Bereich „Fusionen und Übernahmen“ abrupt gekündigt, weil ein Familienmitglied schwer krank wurde, und ging dann nie mehr zurück.

Schimmelbusch wundert seit einem Jahrzehnt, dass die Finanzkrise den Interessenkonflikt zwischen Gewinnern und Verlierern offengelegt habe, es aber keine politische Bewegung geschafft habe, mit der Konzentration auf ökonomische und Chancen-Ungleichheit Erfolg zu haben. Sein Grundgedanke ist so klar, dass man erst einmal darauf kommen muss: Wenn der Populismus schon mit so einer schwachen Inszenierung wie der AfD und ihrem chargierenden Personal dreizehn Prozent holt, was ist dann erst mit einem smarten Populismus drin?

Das Großartige, was von Schimmelbusch mitnehmen kann: dass man womöglich in seiner kleinen Dorfwelt der kosmopolitischen moralischen Überzeugungen und Fantasmen überhaupt nicht checkt, wie die richtige Welt funktioniert

Diesen smarten Populismus entwirft der von seinem Leben angeödete Investmentbanker Victor mal so nebenbei. Letztlich, das ist eine von diversen subtilen Pointen, weil eine normal stumpfe Literaturagentin ihm den Roman zerredet, den er eigentlich als Eskapismusvariante schreiben wollte. Schreibt er halt ein politisches Manifest, das er seinem alten Kumpel Ali rüberschiebt.

Literaturkritiker gehen davon aus, dass es sich bei der Hauptfigur Victor um ein „Arschloch“ handele, zynisch, verkorkst, moralisch verwahrlost. Also das Gegenteil von ihnen selbst und von uns. Ich bin da nicht so sicher. Vielleicht besteht die Pointe darin, dass Victor nur ein anderes Arschloch mit einem anders praktizierten Zynismus ist. „Victor ist kein Zyniker, er hat nur keine Überzeugungen“, sagt Schimmelbusch. „Ich würde eher sagen: Victor ist genau der Populist, den wir alle verdient haben.“

Investmentbanker sind eben erfolgreiche Populisten

„Hochdeutschland“ jedenfalls als Buch über die anderen zu lesen, über „Abgründe des Finanzkapitalismus“, über moralisch und kulturell heruntergekommene Globalisierungsgewinner in der First Class, wäre immer noch Spitzenunterhaltung mit Spitzendistinktion für die zweite Klasse, aber genau deshalb auch verschenkt. Wie wir wissen, ist die von der moralischen Mittelschicht beschworene Integrität in den meisten Fällen ein Mangel an Potenz.

Dass die Figur Victor Investmentbanker ist, liegt daran, dass Schimmelbusch in der Branche die idealen Voraussetzungen für das gefunden hat, worum es ihm geht: erfolgreichen Populismus. Dem Kunden das Gefühl zu geben, dass er ein Supertyp ist, indem man in der Lage ist, genau das vorzuschlagen, was er hören möchte. Und dafür die richtigen schönen Worte zu finden. Also im Grunde, was man beim ersten Date drauf hat und sich nachher im Alltag verliert. „Jedes Kind muss ein privilegiertes Kind sein“, ist so ein schöner Satz aus Victors Manifest.

Das spricht mir wirklich aus der Seele.

Die politische Idee von Victor ist, die demokratische Kontrolle über die Volkswirtschaft zurückzugewinnen. Den Staat auf dem Weltmarkt als Unternehmen Deutschland AG mit einem staatlichen Investmentfonds zu positionieren und damit erfolgreich zu bleiben gegen chinesischen Staatskapitalismus und die Scheichdiktatoren, die sich zunehmend in deutsche Unternehmen einkaufen. Der Spiegel war ganz verstört: Ob das denn nicht „opportunistisch“ sei, sich abzuschotten und dann auch noch „Staatskapitalismus“?

Wenn man darüber mit ihm spricht, merkt man, dass die literarische Figur manchmal nicht weit weg vom Autor Schimmelbusch ist, der nicht versteht, warum es keinen juckt, dass der chinesische Staat bei deutschen Großunternehmen oder der Deutschen Bank einsteigt, während die Deutschen aus Angst vor Staatskapitalismus zusehen. „Wenn das so weiter geht, dann wird die deutsche Rolle irgendwann sein, die reichen Schichten Chinas mit Luxusprodukten zu versorgen, teuren Autos, Yachten, Privatkliniken“, sagt er. Das könne es ja nicht sein.

Er sagt, er sei kein Aktivist und Politik interessiere ihn am ehesten als Fiktion. „Aber wie für Victor ist für mich nicht zu übersehen, dass sich einige eklatante Widersprüche und unlogische Argumente etabliert und eingeschliffen haben in die Rhetorik der deutschen Regierungsparteien der letzten zwei Jahrzehnte.“

Deutsche Finanzbeamte im Silicon Valley

Ein Deutschland-Investment-Fonds könnte einer der größten globalen Finanzplayer werden, mit Dependance in Palo Alto, Kalifornien, wo dann deutsche Finanzbeamte für die Gesellschaft arbeiten, indem sie Steuergelder in Start-ups investieren und selbst viel Geld dabei verdienen. Die Mischung aus Spitzenlohn und Spitzensinn könnte die besten Leute anlocken. „Da will doch jeder arbeiten“, sagt er lächelnd.

Victors Vermögensobergrenze von 25 Millionen ist für ihn der populistische Kern, um eine überwältigende Mehrheit zu mobilisieren gegen einige wenige, die darüber liegen. Verfassungsrecht jetzt mal außen vor, ist ja Literatur. „Das soll den gebeutelten Deutschen aus der Seele sprechen, wie es bei Trump die Funktion der Mauer ist.“ Jeder Analphabet auf seinem Plumpsklo wisse, dass es nicht funktioniere, dass die USA eine Mauer bauen und Mexiko sie schön bezahlt, aber das sei egal. Es geht um das emotionale Mobilisierungspotenzial.

Der Roman

Alexander Schimmelbusch: „Hochdeutschland“, Tropen bei Klett-Cotta, Stuttgart 2018, 214 Seiten, 20 Euro.

„Ich glaub schon“, antwortet er auf die – im Grunde rhetorische – Frage, ob er ein Linker sei. Er sei für eine „viel größere Rolle des Staates in der Wirtschaft“. Das sei wohl links. Seine Neoliberalismuskritik ist eher konventionell. Er kann sich auch richtig authentisch über den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner aufregen. Da wirkt sein entspanntes Lächeln plötzlich gequält.

Die Ratlosigkeit der Idealisten

Um das etwas ungalant zu sagen, aber das ist ja für einen Schriftsteller letztlich ein Lob: Victor ist die deutlich interessantere Figur. Er wird nicht von Überzeugungen in seinen politischen Möglichkeiten limitiert. Der zweite Punkt ist seine Erkenntnis, dass nicht Moral der Faktor ist, sondern die Bedürfnisse des Kunden. So kann er sich voll auf das konzentrieren, was die Leute sich mehrheitlich ersehnen, wenn man es aus ihnen herauslockt.

Nur wäre die erwartbare Reaktion zu sagen: Wir lassen uns doch nicht von einem amoralischen Investmentbanker in der Sinnkrise erklären, wie es zu laufen hat.

Völlig richtig. Das würden wir Idealisten auf keinen Fall tun. Aber wir lassen uns selbst keine sinnhaftere Zukunft einfallen. Das ist die wirkliche Leere der Gegenwart und womöglich genauso obszön wie der Finanzkapitalismus.

Das ist jetzt meine Interpretation. Schimmelbusch sagt, er sehe es ähnlich.

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10 Kommentare

 / 
  • 8G
    80975 (Profil gelöscht)

    Der Artikel zeigt auf, wie wenig der Autor mit prekären Milieus in Berührung steht, über deren Nöte er sich ja lustig macht, wenn er herablassend von "gebeutelten Deutschen" spricht.

  • Der smarte Popuöismus existiert bereits. Sein Name: LREM, der dazugehörige Wahlkampf mit Big Data Methodik hat Macron in die Stichwahl und an die Macht geführt.

  • "Wie wir wissen, ist die von der moralischen Mittelschicht beschworene Integrität in den meisten Fällen ein Mangel an Potenz." - Möchte mal wissen, was der Unfried immer für Leute kennt? Bei attac, den Gewerkschaften, Pro Asyl, Nabu, Antifa, Transparency International usw. findet man diese Leute nicht.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @My Sharona:

      & Damit das hier nich wird schimmelig

      Zisch - aus der mailingtüte frisch!

       

      “Gibt doch tatsächlich Leute, die sich kümmern.

      Wer hätte das gedacht?

       

      Aber die haben ja keine Mehrheiten.

      Die schmieren nicht mal in Umfragen ab,

      weil sie da gar nicht vorkommen.

       

      Denen fehlt es schlicht an Presse.

      Von denen will wohl niemand lesen

       

      und btw.: "Schmieren ab in den Umfragen,.."

      ist so ein Schlüsselsatz. Zählbar, messbar

      muss alles sein für zertifizierte Investmentbanker.

       

      Aber wer stellt die Zertifikate aus?

      Spätestens seit der Lehmann-Pleite steht doch

      "Zertifikat" für Betrug und Elend.

      Der Gangster hält den Colt parat,

      Der Bankster ein "Zertifikat". “

       

      Ja - Nicht! Bert Bricht!

       

      unterm—->

      Dringend. Dazu ne Prise Demiurg!

      Nu. TAZler - Schleift mal endlich eure Wagenburg!

      Ihr - mit Verlaub - Seid bestenfalles!

      Noch gut - öh wenige Lichtjahre weg.

      Vom - Was der Fall ist! - Alles.

       

      —— https://de.wikipedia.org/wiki/Demiurg

      & https://de.wikipedia.org/wiki/Tractatus_logico-philosophicus

    • @My Sharona:

      Waaaas???

       

      Ha noi! Modderatistas - Geht‘s noch?

      Da hättet ihr erst mal meinen derohalb zurückgestellten Entwurf lesen müssen! Aber Hallo! Langholz furnier!

       

      Wohl versehentlich den Seichtspülgang gedrückt - wa!;))*¿*

    • @My Sharona:

      Jau. Gib‘s ihm!;)

      & Gell!

      Anschließe mich!

      & Dess&Sowieso!

      Ha no. Findmer allzeit! Noch dazu!

      Was Besseres! Als PU seiahl Fjutscher 2.

  • Und was ist an der Begrenzung auf 25 Millionen unrealistisch? Ist es nicht viel eher unrealistisch zu glauben, daß die aktuelle Ungleichheit anders enden kann als mit Revolution und Bürgerkrieg? Die Lösung für unrelaistisch zu erklären, treibt die Gesellschaft immer weiter in die Spaltung und in den Faschismus.

    Bonzen enteignenen, und ihre Propagandaschleudern schließen!!! Dann braucht auch keiner die AfD.

  • Ach er nu wieder!;)

     

    Schnackeldidackel - Bla Bla Bla -

    Tri&Trullala - Kasper PU ist wieder da!

    Diesmal - gähn leicht verquasselt&verpennt!

    Als Roman - ja staunste - Bücherrezensent!

    &

    The End*¿*

    “Wir lassen uns doch nicht von einem amoralischen Investmentbanker in der Sinnkrise erklären, wie es zu laufen hat.

    Völlig richtig. Das würden wir Idealisten auf keinen Fall tun. Aber wir lassen uns selbst keine sinnhaftere Zukunft einfallen. Das ist die wirkliche Leere der Gegenwart und womöglich genauso obszön wie der Finanzkapitalismus.

    Das ist jetzt meine Interpretation^. Schimmelbusch sagt, er sehe es ähnlich.“

     

    kurz - Hier endet smart - Über ”definitiv ein Buch des Jahres.“

    Peterchens Mondfahrt^! GeilGell*¡* - Fjutscher 2 - für 20 Oppen Bares!

    • @Lowandorder:

      & Däh! - Mailtütenfrisch!

      Wie einst Ziethen aus dem Gebüsch!;)

       

      "Schimmelbusch hat die alten Grünen der Prä-Baerbock- und Habeck-Zeit in ihrem Kreuzberger Habitat studiert und in seinem Roman mit wenigen Sätzen umrissen: „Du kannst Dir nicht vorstellen, was das für Leute sind. Schmieren ab in den Umfragen, aber laufen mit so’ner Genugtuung rum, als hätten sie alles richtig gemacht.“ Das trifft uns hart. "

       

      Den Roten Faden von Robert Misik und die Anmerkungen zu AfD von Georg Diez (spon) einmal auf "links-grün" wenden, dann passt der Text auch hier.

      „Die Frage also, ob man mit Investmentbankern reden soll, stellt sich gar nicht mehr, wenn die meisten eh schon wie Neolibreale reden.“"

       

       

      Misik hat`s erkannt,

      doch PU und JAF träumen von `schland“

       

      unterm——->

      Wohl wahr! Robert Misik ~>

      //http://www.taz.de/!5510826/

  • Zitat: „Aber wir lassen uns selbst keine sinnhaftere Zukunft einfallen. Das ist die wirkliche Leere der Gegenwart und womöglich genauso obszön wie der Finanzkapitalismus. Das ist jetzt meine Interpretation. Schimmelbusch sagt, er sehe es ähnlich.“

     

    Tja, damit wären wir dann ja schon drei. Und wie war das noch gleich? Treffen sich drei Deutsche, gründen sie einen Verein. Oder eine Partei. Wir Idealisten nämlich lassen uns von einem „amoralischen Investmentbanker in der Sinnkrise“ nicht erklären, wie es zu laufen hat. Wir kommen da alleine drauf. Das sind wir unserem Distinktionsgefühl (formerly known as Stolz) schuldig.

     

    Wobei. Fast fürchte ich, dass ich dann doch zu wenig Investmentbanker oder Buch-des-Jahres-Autor bin, als dass ich mich nicht „von Überzeugungen in [m]einen politischen Möglichkeiten limitier[en]“ lassen müsste.

     

    Eine meiner Überzeugungen lautet: Links zu sein bedeutet nicht, für eine „viel größere Rolle des Staates in der Wirtschaft“ zu sein. Links zu sein bedeutet, keinen Unterschied zu machen in Bezug auf den Wert einzelner Menschen – mich selber eingeschlossen. An den Bedürfnissen solcher Kunden, für die Moral kein „Faktor ist“, orientiere ich mich allenfalls mit dem Ziel, sie zu ignorieren.

     

    Womöglich geht es ja anderen Leuten – bewusst oder unbewusst – genau wie mir: Die „eklatante[n] Widersprüche und unlogische Argumente“ sehen wir genau. Wir sehen auch, dass die „deutsche Rolle“ längst schon darin besteht, die Reichen dieser Welt „mit Luxusprodukten zu versorgen“. Das „juckt“ uns sogar. Nur sehen wir nicht ein, dass wir deswegen den 3. Weltkrieg vom Zaun brechen müssen. Wenn diese Welt zugrunde gehen soll, dann ist es uns einfach egal, ob die Verantwortlich "Schlitzaugen" haben oder nicht.

     

    Tja. In ihrer „kleinen Dorfwelt“ müssen die „moralisch sensiblen Milieus mit okayem Status und Gehalt“, die sich rund um die Uhr selber bewundern wollen, das ja nicht unbedingt „checken“. Wir haben alle unsere blinden Flecken. Sozialisationsbedingt.