Aus gesundheitlichen Gründen: „Arzt der Armen“ gibt Bundestagsmandat ab
Linken-Politiker Gerhard Trabert setzte sich für Obdachlose ein und kandidierte als Bundespräsident. Nach Schlaganfällen gibt er sein Amt ab.
Gerhard Trabert, Abgeordneter der Linkspartei, gibt sein Mandat im Bundestag zurück. Der 69-Jährige hatte mehrere Schlaganfälle erlitten. Seine Familie teilte am Dienstag mit: Trabert müsse „trotz einiger Fortschritte in der Reha weiterhin mit schweren Einschränkungen“ leben. Eine Rückkehr in das gewohnte Leben sei „nicht möglich“.
Die weitgehend neu formierte Linksfraktion verliert mit Trabert einen populären Politiker. Der Arzt hatte 2021 als Direktkandidat in Mainz 12,7 Prozent geholt – kein anderer Linke hatte in Westdeutschland ein besseres Erststimmenergebnis. 2022 hatte die Linkspartei ihn als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert.
Populär war der Professor für Sozialmedizin, weil er sich glaubwürdig, praktisch und kontinuierlich für die Gesundheit von Obdachlosen einsetzte. „Es geht nicht um mich. Es geht mir um die Menschen, für die ich mich engagiere“, sagte er 2022, als er seine realpolitisch aussichtslose Kandidatur als Bundespräsident begründete. Frank-Walter Steinmeier, damals als Bundespräsident wiedergewählt, lobte ausdrücklich seinen Einsatz für Obdachlose.
Trabert hatte 2024 auf Platz vier für das Europaparlament (EP) kandidiert – und wegen des schwachen Abschneidens der Linkspartei den Einzug verpasst. Damals hatte es zwischen dem parteilosen Sozialmediziner und der Partei kräftig geknallt. Trabert warf der Linkspartei „Inkompetenz, Arroganz und Respektlosigkeit“ vor. Der Europa-Wahlkampf sei ganz auf das Spitzenduo Martin Schirdewan und die inzwischen aus dem EP ausgeschiedene Aktivistin Carola Rackete fokussiert worden. Anregungen von ihm seien „arrogant behandelt und nie wirklich berücksichtigt“ worden.
„Moralische und fachliche Autorität“
Sein Verhältnis zur neuen Linkspartei-Spitze aus Jan van Aken und Ines Schwerdtner war besser. Trabert kandidierte bei der Bundestagswahl 2025 auf Platz eins in Rheinland-Pfalz.
Schwerdtner und van Aken erklärten am Dienstag: „Wir sind immer noch stolz und dankbar, dass Gerhard Trabert mit uns zur Bundestagswahl angetreten ist. Als ‚Arzt der Armen‘ ist er eine moralische und fachliche Autorität.“ Ohne ihn fehle dem Parlament „eine starke Stimme für eine Gesundheitspolitik“. Sein Mandat übernimmt die dreißigjährige Nachrücker:in Lin Lindner.
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