piwik no script img

Aus Le Monde diplomatiqueKlimaratlos

Seit 1990 informiert der Weltklimarat IPCC über die Risiken des Klimawandels. Wir sind gewarnt und tun immer noch viel zu wenig.

Klimarisiko Dürre. Foto: reuters

Antarktis, Forschungsstation Wostok, Anfang der 1980er Jahre: In der Polarnacht steigen die Temperaturen kaum über minus 60 Grad Celsius. Die wenigen Nachrichten, die eintreffen, sind nicht erfreulich. US-Präsident Ronald Reagan hat gerade sein SDI-Programm gegen die Sowjetunion gestartet, die im afghanischen Kriegssumpf feststeckt, während die Wirtschaft stagniert.

In den Baracken der Forschungsstation singen die Wissenschaftler einander Lieder von Georges Brassens und Wladimir Wyssozki vor. Die Forscher aus Frankreich und der UdSSR werden aus der Luft von US-Flugzeugen versorgt. Gemeinsam trotzen sie den Elementen, um endlich die Geheimnisse des Klimas zu lüften. Ihr Vorhaben: ein Vorstoß ins Innere des 3700 Meter dicken Gletschers zu ihren Füßen – und eine Reise in die Vergangenheit der Erde.

Im Februar 1985 beendeten die Wissenschaftler ihre Bohrungen im Eis. Nach zwei weiteren Jahren, in denen sie aus den Eisbohrkernen wichtige Informationen über die Luft- und Temperaturverhältnisse der letzten 160 000 Jahre gewannen, ließ sich endlich mit Gewissheit sagen: Auf der Erde war es schon manchmal wärmer und schon oft kälter als heute, doch die Temperatur schwankte stets in Abhängigkeit von der Kohlendioxidmenge in der Atmosphäre. Fest stand damals auch schon, dass die CO2-Konzentration seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts stetig gestiegen ist und historisch neue Dimensionen erreicht hat.

Vier-Grad-Erwärmung bis zum Jahr 2100

Le Monde diplomatique

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe von Le Monde diplomatique. LMd liegt immer am zweiten Freitag des Monats der taz bei und ist einzeln im taz-Shop bestellbar: Gedruckt oder digital (inklusive Audio-Version). Das komplette Inhaltsverzeichnis der aktuellen Ausgabe finden Sie unter www.monde-diplomatique.de.

Diese Erkenntnisse, die durch Bohrungen im Meeressediment und durch die Erforschung anderer Treibhausgase wie Methan untermauert wurden, veranlassten die Vereinten Nationen 1988 dazu, den Weltklimarat (Intergovernmental Pannel on Climate Change, IPCC) ins Leben zu rufen. Das IPCC hat die Aufgabe, die Welt über den aktuellen Forschungsstand zum Thema Klimawandel zu informieren. Seit seinem ersten Bericht im Jahr 1990 und dem fünften von 2013 erhöhte sich die prognostizierte Wahrscheinlichkeit klimatischer Veränderungen kontinuierlich.

Der jüngste IPCC-Bericht fasst zusammen: „Die Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig, und viele der seit den 1950er Jahren beobachteten Veränderungen sind in früheren Jahrzehnten und Jahrtausenden nicht aufgetreten. Die Atmosphäre und der Ozean haben sich erwärmt, die Schnee- und Eismengen sind zurückgegangen, der Meeresspiegel ist angestiegen und die Konzentrationen der Treibhausgase haben zugenommen.“ An den Ursachen besteht für die Wissenschaftler kaum mehr ein Zweifel: „Der menschliche Einfluss auf das Klimasystem ist klar [. . .] Die Begrenzung des Klimawandels erfordert beträchtliche und anhaltende Reduktionen der Treibhausgasemissionen.“

Auf der Basis verschiedener Klimamodelle informiert der Weltklimarat regelmäßig über aktuelle Entwicklungen, vor allem aber erstellt er Projektionen, die auf vier unterschiedlichen Szenarien beruhen. Die pessimistischste Hypothese geht von keiner nennenswerten   Reduktion der Emissionen aus und prognostiziert bis 2100 einen Temperaturanstieg von etwa 4 Grad Celsius weltweit und 6 Grad auf dem Festland. Die Folgen wären verheerend. Auch die mittleren Szenarien garantieren keine mittelfristige Stabilisierung.

Philippe Descamps

ist Chefredakteur von Le Monde diplomatique in Paris.

Auftauen der Permafrostböden

Im optimistischsten der vier Szenarien bliebe der Temperaturanstieg unter 2 Grad – ein Wert, den es keinesfalls zu überschreiten und am besten gar nicht zu erreichen gilt. Jenseits dieser Grenze kommt es unausweichlich zu unkontrollierbaren Klimaveränderungen: Die Eismassen Grönlands würden schnell schmelzen, die Meeresströmungen ihre Richtung ändern, und das Auftauen der Permafrostböden würde riesige Mengen CO2 freisetzen.

Das optimistische Szenario geht jedoch von einer sofortigen Kehrtwende aus, mit der der CO2-Ausstoß innerhalb von zwei, drei Generationen quasi auf null reduziert würde. Seit dem Rio-Gipfel 1992 und der Verabschiedung des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) herrscht in der internationalen Staatengemeinschaft offiziell Einigkeit darüber, dass es notwendig ist, sofort und radikal umzusteuern. Doch die Lage ist seither nur schlimmer geworden: Der globale Kohlendioxidausstoß lag 2013 bei mehr als 35,3 Milliarden Tonnen, 1990 waren es noch 23 Milliarden Tonnen. Durch die Entwicklung in den Schwellenländern hat sich der „anthropogene Einfluss“, also die Erderwärmung, die auf menschliche Aktivitäten zurückgeht, zwischen 1980 und 2011 verdoppelt.

Der Klimawandel verstärkt die global bestehenden Ungleichgewichte und Ungleichheiten sowie die Gefahren, denen die Ärmsten der Armen weitgehend schutzlos ausgesetzt sind. Dürre, Orkane und unregelmäßige Monsunregen: Der globale Süden bekommt bereits heute die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren, ohne überhaupt je die Errungenschaften der Industrialisierung erlebt zu haben. In Afrika breitet sich die Wüste immer weiter in die Sahelzone hinein aus, während 620 Millionen Menschen auf dem Kontinent noch immer keinen Stromanschluss besitzen.

Chevron, Klimakiller Nummer eins

Verantwortlich für diese Probleme sind historisch gesehen in erster Linie die Industrieländer, allen voran die USA. Allein der US-Ölkonzern Chevron soll seit seiner Gründung mehr als sechsmal so viele Emissionen in die Atmosphäre geblasen haben wie alle Subsaharaländer (ohne Südafrika) seit 1850; Gazprom stößt so viel aus wie ganz Afrika und Saudi Aramco mehr als ganz Lateinamerika.

Und obwohl die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas die Hauptursache des Klimawandels ist, flossen 2013 staatliche Subventionen in Höhe von 480 Milliarden Dollar in die fossilen Brennstoffe – mehr als das Vierfache der Summe, die in regenerative Energien investiert wurde.

Angesichts einer derartigen Herausforderung wird die Logik der alten Machtspiele zwischen den Nationalstaaten außer Kraft gesetzt. Aber die Wege der internationalen Kooperation sind steil und voller Hindernisse. 1997 weigerte sich der US-Senat , das Kioto-Protokoll zu ratifizieren, das eine verbindliche Treibhausgasreduktion in 38 Industrienationen vorsah; die Kopenhagener Klimakonferenz 2009 war am Ende ein Fiasko. Deshalb wurde die diesjährige Weltklimakonferenz in Paris gründlich vorbereitet. Man setzte dabei insbesondere auf freiwillige Klimaschutzzusagen, „Intended Nationally Determined Contributions“.

Weiterhin tabu: Steuern auf Kerosin und Schiffsdiesel

Mitte Oktober hatten 148 Länder, die zusammen für 87 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, ihren Fahrplan vorgestellt – von den großen Verschmutzerländern fehlten lediglich der Iran und Saudi-Arabien. Die Ziele sind durchaus ehrgeizig: China will 2030 sein Emissionsmaximum erreichen, die Europäische Union hat bis dahin eine Reduzierung ihres Treibhausgasausstoßes um 40 Prozent gegenüber 1990 versprochen, und die USA wollen es im Vergleich zu 2005 bis 2015 auf 26 Prozent weniger Emissionen bringen.

Doch die Leiterin der Klimakonferenz, Laurence Tubiana, hat bereits eingeräumt: „So positiv diese ersten Zusagen auch sind, sie reichen nicht aus, um – ausgehend von der Konferenz in Paris – die Entwicklung einzuleiten, die zum Erreichen des 2-Grad-Ziels vonnöten ist. Deshalb muss das Pariser Abkommen Bestimmungen enthalten, die eine Überprüfung in regelmäßigen Abständen vorsehen, so dass wir jedes Mal einen Schritt weitergehen und unsere langfristigen Ziele erreichen können.“

Bislang haben die französischen Organisatoren unbequeme Fragen im Vorfeld vermieden, um den Nachfolgevertrag für das Kioto-Protokoll unter Dach und Fach zu bringen. Das neue Abkommen mit verbindlichen Klimazielen für alle 195 Mitgliedstaaten der UN-Klimarahmenkonvention, soll ab 2020 in Kraft treten. Im Vorfeld herrschen aber große Unklarheiten – etwa beim globalen Reduktionsziel, bei der Festlegung eines weltweiten Emissionsmaximums oder bei möglichen Kontrollmechanismen. Ein Tabu ist nach wie vor die Steuerbefreiung für Flugbenzin und Schiffsdiesel. Eine generelle Infragestellung unserer Produktions- und Konsumgewohnheiten ist nicht in Sicht.

TTIP und die Klimaschuldner

Einige Länder, etwa die USA, Deutschland oder die Golfemirate, werden ihre Spuren in der Atmosphäre nie wieder beseitigen können, dafür sind ihre Klimaschulden viel zu hoch. Von ihnen erwarten die Länder des globalen Südens finanzielle Ausgleichszahlungen für eine kohlenstofffreie Entwicklung, damit sie die extrem schädliche Etappe des massiven Verbrauchs fossiler Brennstoffe überspringen können. Doch für die 100 Milliarden Dollar, die jährlich zu diesem Zweck fließen müssten, fehlt es an Gebern.

Bei den Vorbereitungen zur diesjährigen 21. Weltklimakonferenz spielte auch der wachsende Einfluss der Konzerne eine wichtige Rolle. Deren Credo lautet: Die kommerziellen Interessen haben stets Vorrang vor sozial- und umweltpolitischen Bemühungen. Und dieselben Verantwortlichen, die als überzeugte Befürworter eines Klimaabkommens auftreten, verhandeln hinter verschlossenen Türen gleichzeitig am Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP), das „ein offenes, transparentes und berechenbares Geschäftsumfeld in Energieangelegenheiten und einen unbeschränkten und nachhaltigen Zugang zu Rohstoffen sicherstellen“ soll.

Die Klimakatastrophe wird sich nur abwenden lassen, wenn der Großteil der verbliebenen fossilen Energiereserven unter der Erde bleibt. Das ist eine große Herausforderung, die nur dann weltweit angenommen werden wird, wenn die wachsende Ungleichheit, die jegliche Solidarität unmöglich macht, gleichzeitig bekämpft wird. Man erinnere sich nur an die Worte von George Bush senior bei seiner Ankunft auf der Rio-Konferenz 1992: „Der amerikanische Lebensstil ist nicht verhandelbar“ – ein Lebensstil, den niemals alle Erdenbürger pflegen könnten. Durch diesen fortgesetzt verschwenderischen Lebensstil haben wir 20 Jahre verloren, in denen die notwendigen Weichenstellungen noch mehr erschwert wurden.

Engineering gegen die Sonne

Es wäre gefährlich, noch mehr Zeit verstreichen zu lassen und uns auf abseitige Lösungsansätze einzulassen – etwa das Geoengineering mit seinen Versprechungen, mehr CO2 im Boden zu speichern oder die Sonneneinstrahlung auf der Erde zu reduzieren.

Einen anderen Weg sind die nordeuropäischen Länder gegangen, die schon in den frühen 1990er Jahren eine CO2-Steuer eingeführt haben. Damit konnten sie ihren Treibhausgasausstoß erheblich reduzieren, ohne ihren Wohlstand aufs Spiel zu setzen. Sie vergaben Kredite, mit denen die Energieeffizienz bei Transportmitteln und Gebäuden verbessert und erneuerbare Energien weiterentwickelt wurden.

Doch auch mit den regenerativen Energieträgern lässt sich eine steigende Nachfrage nicht decken, denn die Metalle, die für die Herstellung von Windrädern und Solaranlagen gebraucht werden, gehen ebenfalls zur Neige. Wir sollten das Motto „Reduce, reuse, recycle“ ernst nehmen, unsere Konsumgewohnheiten überdenken und lernen, unsere Lebensqualität an anderen Kriterien als der Anhäufung von Gütern zu bemessen.

Optimisten werden einwenden, die Weltwirtschaft sei 2014 – bei konstanten CO2-Emissionen – doch um 3 Prozent gewachsen. Aber ist das wirklich der Beginn einer Entkopplung oder nur ein Nebeneffekt der allgemeinen Konjunkturentwicklung? Die zahlreichen neu entstandenen Klimainitiativen und auch Positionen moralischer Leitfiguren wie Papst Franziskus sprechen immerhin dafür, dass das Problembewusstsein zugenommen hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

21 Kommentare

 / 
  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Es ist falsch, dass die "Temperatur in Abhaengigkeit von der Kohlendioxidmenge" schwankte. Es ist genau umgekehrt: Die CO2-Menge aenderte sich in Abhaengigkeit von der Temperatur. Ein wichtiger Unterschied und ein weiteres Indiz, dass CO2 mit unserem Klima gar nichts zu tun hat.

  • Es ist schon mal bemerkenswert, daß die alte Tante "Le Monde" soweit in ihren Einsichten gediehen ist, daß sie dieses Problem der Umwelt in seiner Bedeutung erkennt!

     

    Der Homo Sapiens ist der letzte seiner Art. Der Neanderthaler hat bedeutend länger existiert als wir. Was haben wir, was andere Affen nicht haben? In stockdunkler Nacht stoßen wir gegen eine Wand. Da hat einer eine Taschenfunzel mit, die er anmacht: Aha, die Wand ist aus Stein. Oder aus Holz. Oder aus sonstwas.

     

    Aber über die Mauer können wir ebenso wenig wie egal welches Lebewesen!

     

    In den meisten Mythologien ist die Rede von einem Paradis, aus dem wir hinausgefeuert wurden. Und wir kommen nicht mehr hinein. Das ist unser Drama.

     

    Es gibt keine Wirklichkeit. Es gibt nur das Gehirn, das Impulse wahrnimmt und (auf seine Art) interpretiert. Dieses Gehirn ist zu allerhand fähig, aber nicht zum Multiprogramming, also der gleichzeitigen Verarbeitung einer Vielzahl Elemente. Unser Grips gibt nicht mehr her als llineare Wahrnehmung, -Monoprogramm.

     

    Aber die Wirklichkeit ist vielschichtig! Sie verlangt von uns eine konzertierte Aktion in einer Vielzahl von Bereichen. Das übersteigt unsere Fähigkeit.

     

    Mit andern Worten: den Mist, den wir hier zusammengetragen haben, sind wir unfähig, aus dem Weg zu räumen.

     

    Keine Zeit, um uns an zu passen. Vielleicht fehlt auch der Wille dazu. Wir führen Krieg gegen die Erde, einen Krieg, der nicht zu gewinnenj ist.

     

    Der Mensch führt sich selbst ad absurdum. Binnen weniger Generationen wird der letzte Homo Sapiens seine Seele aushauchen.

     

    Na ja, Seele!!

    • @Harry Haller:

      ... ein Tip : Sie sollten Ihr armes Hirn nicht mit philosophischen Fragen maltraitieren .

      Nein nein , Harry , ... WIR können erkennen , was in der v o n u n s produzierten Wirklichkeit scheiße läuft , u n d wir können es ändern !

      • @APOKALYPTIKER:

        Wer's glaubt, wird selig. Wie ich sehe, ist der Wille vorhanden. Aber die Fähigkeit...? Nichts für ungut.

        • @Harry Haller:

          Eine 'Chance' liegt noch - ganz unabhängig von unserem Willen - darin , dass das wolkenhohe Kartenhaus fiktiven , per Druckerpresse generierten Geldes zusammenbricht . Ohne den Dollar als Weltleitwährung ständen die USA heute schon nicht besser da als Griechenland . Und sie müssen immer noch jährlich ca 50 Milliarden davon drucken , um ihre militärische Imperialmacht als Währungsdeckung zu sichern (...waren in Spitzenzeiten schon mal um 800 Milliarden jährlich) . Auch der Euro liegt ja noch auf der Intensivstation .

          Ein Krach wie 1929 würde sicher weltweit die Klimakilleremissionen drastisch senken , ... und gleichzeitig Chaos , Elend , Barbarei hervorbringen bzw. vermehren .

          "Der Mensch" ? - ein Blödmann und armes Schwein .

  • Die Hauptschuld trifft inzwischen das ökokapitalistische Spektrum, dem u.a. die Grünen, BUND, NABU, ÖDP und dergleichen maßgeblich angehören. Mit ihren bedingungslosen Bekenntnissen zum Kapitalismus, zum Wachstum und zur fortschreitenden Technisierung unter "ökologischem" Siegel streuen sie den Leuten Sand in die Augen und täuschen über die Realität hinweg: Von Industrie, Massenkonsum, Wohlstand und Technisierung verursachte Probleme können nicht mit noch mehr vom selben gelöst werden - auch nicht, wenn man ein Ökosiegel draufpappt. Die erschütternde Ignoranz der Vertreter jener Richtungen zeigt sich z.B. wenn sie hunderte von Quadratkilometern versiegelter Flächen (Allgemein Städte genannt) zu "Umweltzonen" erklären, als handle es sich noch um unberührte Natur, die allein von Autoabgasen gefährdet ist. Lächerlich.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Völlig richtig, was Sie da sagen.

       

      Stellt sich nur die Frage: Wenn ursprünglich WIRKLICH von einer tiefgreifenden Systemkritik inspirierte Bewegungen so schnell vom kapitalistischen Mainstream neutralisiert werden, was kann man da noch tun? Warten bis die Umstände, die totale Katastrophe die Menschen zur Aufgabe dieser Unkultur ZWINGEN? Und wird dieser Zwang die Menschen nicht von den guten alten Zeiten des Konsums und der "Selbst"-Verwirklichung träumen lassen? Müssen die Menschen diese Sch... nicht BEWUSST und FREIWILLIG überwinden um wirklich MENSCHEN zu werden, d.h. voll bewusste und für das GANZE verantwortliche Wesen?

       

      Und schreien wir nicht gerade in diesen Zeiten des völlig verblendeten faschistischen Terrors: "Wir WOLLEN unseren Lebensstil nicht aufgeben!"?? Ist das nicht zu tiefst tragisch? Oder wird da an längeren Fäden gezogen? Es ist zum Ko....!

      • @Harald Oswin Haas:

        Tragisch? Nö. Homo Sapiens ist eine evolutionäre Sackgasse, das ist alles. In zwei Millionen Jahren wird nichts mehr darauf hindeuten, daß es uns überhaupt mal gab.

  • Man kann nicht von Klimawandel (Ökologie) reden, aber vom Kapitalismus schweigen. Eine bereits alte Weisheit. Der "green new deal" ist eine Illusion. Die Kapitalisten werden ihre Strategie der Ressourcenvergeudung nur ändern, wenn ihnen eine Alternative unmittelbar höhere Profite verspräche. Eine solche Alternative ist für sie nicht in Sicht, deshalb machen sie weiter das, was Maximalprofite bringt. Das Wirtschaftssystem ist selbstmörderisch, ihm scheint keine "Notbremse" eingebaut zu sein. Seine Profiteure denken im Zeithorizont der eigenen Lebenszeit, allenfalls noch der Kinder, für die auch unter verschlechterten Bedingungen noch gesorgt wäre. - Wenn sie überhaupt Gedanken daran verschwenden. - Ich meine nicht, daß alle alternativen Versuche - wie Genossenschaften zur alternativen Energiegewinnung - nutzlos wären. Aber grün-kapitalistische Alternativen unterliegen den Gesetzen des Systems (die Genossenschaften auch mehr oder weniger - ist aber ein anderes Thema, das die TAZ-Genosssenschaft mal gesondert zur Diskussion stellen sollte).

    • @Albrecht Pohlmann:

      Volle Zustimmung!!

       

      Der Kapitalismus gilt spätestens seit dem Niedergang der UdSSR (die aber auch weltwirtschaftlich wie ein kapitalistisches Unternehmen fungierte) als alternativlos. Er stellt somit eine fest verankerte und durch pausenlose Medienpropaganda immer tiefer verwurzelte Massenpsychose dar, wo eigendynamisch gewordene Vorstellungen (hier: Profit, Konkurrenz, Macht, "persönlicher" Erfolg, Konsum, etc.) sich JEDER Realitätswarnehmung verschließen.

       

      Die menschlichen Handlungsgrundlagen sind nur dann mit "Kultur" zu bezeichenen, wenn sie sich zu 100% und systematisch am Wohl der gesamten Schöpfung (Mensch, Mitmensch, Mitnatur) orientieren. Alles andere ist blinder Wahn und un-menschlich.

       

      JEDER, der dies auch nur im Ansatz versteht, müsste SOFORT handeln, "umkehren", und zwar in seinem eigenen konkreten Lebensbereich. WARUM BRINGEN WIR DAS VERDAMMT NOCHMAL NICHT FERTIG? WARUM LASSEN WIR UNS VON DIESER GANZEN KONKURRENZ- UND KONSUMSCH... IMMER WIEDER UND WEITER VERFÜHREN UND LEITEN?

       

      Als Jesus am Galiläischen Meer vorbei ging, sah er Simon und Andreas bei ihre bürgerlich kapitalistischen Arbeit als Fischer, als sie Fische in Waren verwandelten. Als sie Jesus, den tatsächlich Umgekehrten und von wirklicher Kultur Erfassten, WAHR nahmen, ließen sie SOFORT ihre Netze fallen und folgten ihm nach ...

  • Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt in ihrem Bericht "Livestock's Long Shadow", dass 18 % der jährlich weltweit vom Menschen erzeugten Treibhausgasemissionen auf die „Nutztierhaltung" zurückzuführen sind. Das ist mehr als die Summe aller Abgase, die das Transportwesen produziert. Die FAO empfiehlt daher eine Fleischsteuer.

     

    Dennoch wird dieser wichtige Punkt sowohl von der Politik als auch von den Medien konsequent ignoriert.

    • @Christina de Havilland :

      Fleischsteuer wird das Problem nicht lösen: Die Fleischindustrie wird dann Wege finden, noch billiger zu produzieren, um die Steuer wieder auszugleichen. Es müssen Verbote her, wie für Schusswaffen oder Drogen: Diese Probleme wären mit Steuern auch nicht zu lösen.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Das hängt von der Höhe der Fleischsteuer ab.

        Aber letzten Endes muss man konstatieren, dass Maßnahmen zur Reduzierung des Konsums an tierischen Produkten politisch auch einfach nicht gewollt sind, sodass es letzten Endes müßig ist, über Detail-Fragen zu diskutieren. Hier kann man meines Erachtens lediglich durch Aufklärung von Privatpersonen versuchen, auf eine Änderung hinzuwirken.

        • @Christina de Havilland :

          Na denn viel Glück mit Ihrer Fleischsteuer.

          • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

            Werde Ihre guten Wünsche an die FAO weiterleiten, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt!

            • @Christina de Havilland :

              Das hat keine Eile. Eine Fleischsteuer wird in 50 Jahren so wenig bewirken wie heute.

    • @Christina de Havilland :

      P. S.: Auch die Nichtregierungsorganisationen ignorieren das Thema.

      • @Christina de Havilland :

        Ich finde es äußerst beunruhigend, ja sogar erschreckend, dass dieser Sachverhalt so konsequent auf allen Kanälen verschwiegen wird. Von der einschlägigen Literatur bzw. den Dokumentationen einmal abgesehen, die leider zu wenig zur Kenntnis genommen werden.

        Es ist höchste Zeit, das unsere Ernährung und die damit verbundene Tierhaltung endlich öffentlich hinterfragt und diskutiert wird.

  • Aus den Konferenzen kommt doch nix bei raus. Die Teilnehmer haben Ihre Beschäftigung und der Abschlußbericht steht schon vorher fest.

    Das ist alles. Reine Selbstverwaltung.

    Hans-Ulrich Grefe