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Augsburger Siegesserie in der BundesligaMaximaler Minimalismus

Der FC Augsburg gewinnt schon wieder und ist nun seit zehn Spielen ohne Niederlage. Der Klub schleicht sich behutsam an die Europapokalplätze heran.

Nicht aufzuhalten: Augsburgs Frank Onyeka gegen den Wolfsburger Mattias Svanberg Foto: Harry Langer/dpa

Augsburg taz | Auch hinterher stand die Abwehr des FC Augsburg äußerst stabil, ganz egal, wie sie auch herausgelockt werden sollte. Doch alle Versuche, vollmundige Ansagen zum Europapokal zu provozieren, liefen ähnlich ins Leere wie bereits seit Wochen die meisten Angriffe der Gegner. Dabei weist die Bundesligatabelle nach dem 1:0 gegen den VfL Wolfsburg für den FCA nur noch vier Punkte Rückstand auf die internationalen Plätze aus. Womöglich genügt es ja für die Conference League, die Saison auf dem siebten Platz abzuschließen, von dem die Augsburger nur noch zwei Zähler entfernt sind.

Das wäre der Fall, wenn Leverkusen, Leipzig oder Stuttgart sich über die Bundesliga für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren und zugleich den DFB-Pokal gewinnen sollte. Also, liebe Augsburger, wie sieht’s aus mit etwas Euphorie? „Es tut gut, wenn man hochklettert“, sagte Torschütze Phillip Tietz gelassen, „aber über Europa oder sonstige Dinge reden wir nicht.“ Es wirkt ein bisschen, als schleiche der FCA auf Zehenspitzen gen Europacup.

Das geschieht sogar so leise, dass die Augsburger es selbst kaum bemerken. Zumindest wollen sie es nicht so bewerten. Das höchste der Gefühle war schon Jess Thorups freudige Bestandsaufnahme. „Es ist Wahnsinn, was im Moment passiert in Augsburg“, sagte der Trainer nach dem ausgebauten Vereinsrekord von nun zehn Spielen ohne Niederlage. Forsche Zielsetzungen leitet der meist sachliche Däne daraus aber nicht ab.

Er hält es wie Marinko Jurendic. „Wir können uns nichts kaufen, wenn wir zu weit ­denken. Wir sind der FC Augsburg, wir müssen und wollen auf dem ­Boden bleiben“, sagte der Sportdirektor. Er finde es „fantastisch, dass man ­Europa mit Augsburg verbindet“, und man sei auch ambitioniert, zumal die Versetzung nicht mehr gefährdet ist. Doch er wolle keine Ziele herausposaunen. „Es bringt ja nichts, Luftschlösser zu bauen.“

Gesunder Realismus

Ihre Vorsicht liegt auch an einem gesunden Realismus. Sie wissen, dass sie ihre Erfolgsserie einem fast maximalen Minimalismus zu verdanken haben. Drei ihrer vergangenen sechs Spiele endeten 0:0, die jüngsten beiden mit 1:0-Siegen. Als Ausreißer steht nur der 3:0-Erfolg in Mönchengladbach in der jüngeren Bilanz. Gegen Wolfsburg drohte sogar das dritte torlose Heimremis in Serie, ehe Tietz nach einem weiten Pass des vom VfL geliehenen Cedric Zesiger zum Sieg einschob (53.). „Wir können im Spiel nach vorne definitiv zulegen“, sagte Jurendic.

Es hat auch mit den Erfahrungen aus der vergangenen Saison zu tun, dass sie beim FCA so zurückhaltend sind. Im Frühjahr 2024 ­lagen sie vor den letzten fünf Spielen sehr aussichtsreich im Rennen um ­Europa. Doch dann verloren sie alle rest­lichen Partien. Nun wollen sie ­lieber heimlich, still und leise im Moment leben, um ihren Lauf der ­ver­gangenen Wochen möglichst auch bei der TSG Hoffenheim nach der Länderspielpause fortzusetzen.

Als einzige Mannschaft der Bundesliga sind die Augsburger in der Rückrunde ungeschlagen und ­stehen in der Tabelle des zweiten Saisonteils mit fünf Siegen und vier Unentschieden auf Platz zwei hinter dem FC Bayern. In den bisher neun Ligaspielen der Rückrunde mussten die Augsburger gerade einmal 2 Gegentore hinnehmen (FC Bayern: 11) und im Jahr 2025 nur deren 3. Damit haben sie sogar die beste Abwehr Europas. Torwart Finn Dahmen steht mittlerweile bei 613 Minuten ohne Gegentor – auch Vereinsrekord. Schon jetzt müssen sie beim FCA ständig neue Meilensteine in die Klubchronik ein­pflegen, darunter Jeffrey Gouweleeuws 250. Bundesligaspiel.

Das hat sich sogar bis nach Europa herumgesprochen, zumindest bis in die benachbarten Niederlande, die Heimat des FCA-Kapitäns. „Da ist ja nicht so oft etwas in den Medien in Holland über mich, aber diese Woche schon“, sagte der 33-Jährige ein bisschen stolz. Er ist nun der Niederländer mit den meisten Bundesligaspielen, vor so berühmten Kollegen wie Arjen Robben.

Zumindest Angreifer Tietz dachte nach dem Ende seiner dreimonatigen Torflaute doch kurz an eine Reise nach Europa. „Ich bin noch am Überlegen, ob wir irgendwo hinfahren, nach Österreich“, sagte er. Dabei ging es aber nur um einen Ausflug mit der Familie während der kommenden freien Tage. Vielleicht bleibe er auch zu Hause, um sich um das neue Kinderzimmer zu kümmern. Im Juli soll der Nachwuchs kommen. Es läuft einfach auf allen Ebenen.

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1 Kommentar

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  • Mei, die Augschburger. Wenn die irgendwann mal eine gute Hinrunde spielen, sind sie ein Kandidat für ganz oben. Trotzdem Reschpekt, was die mit ihren Mitteln auf die Beine stellen.