Aufstieg in Indiens Kongresspartei: Die neue Indira
Priyanka Gandhi Vadra soll ihre indische Familiendynastie und die Kongresspartei wieder an die Macht bringen.
BERLIN taz | Ihr Vater war Premierminister Indiens, ihre Großmutter die erste Premierministerin und ihr Urgroßvater der allererste Regierungschef des Landes nach dessen Unabhängigkeit von Großbritannien. Die beiden erstgenannten wurden tragischerweise im Amt ermordet. Jetzt tritt auch Priyanka Gandhi Vadra aktiv in die Politik ein.
Offenbar soll sie, die als letzter Trumpf der Gandhis gilt, die politische Familiendynastie fortführen, die seit Jahrzehnten nicht nur das Schicksal des Indischen Nationalkongress, der ältesten Partei des Landes bestimmt hat, sondern auch fast so lange das der ganzen Nation.
Am Mittwoch wurde die 47-jährige Mutter zweier Kinder zur Generalsekretärin der Partei im Osten des Bundesstaates Uttar Pradesh ernannt. UP, wie der Staat genannt wird, ist Indiens bevölkerungsreichster und stellt mit 80 der 545 Abgeordneten im Unterhaus die meisten Vertreter.
Im Osten von Uttar Pradesh, in der den Hindus heiligen Stadt Varanasi, hat auch der amtierende hindunationalistische Premierminister Narendra Modi seinen Sitz. Spätestens im Mai muss auf nationaler Ebene gewählt werden.
Mit Priyanka gegen die Hindunationalisten
Priyanka, wie die Politikerin im Volksmund nur kurz genannt wird, soll jetzt den dort dominierenden Hindunationalisten das Wasser abgraben. Die hatten bereits bei Indiens letzten Regionalwahlen überraschend verloren. Doch sind in der Region auch zwei miteinander verbündete Regionalparteien stark, denen Priyanka jetzt ebenfalls Paroli bieten soll.
Sie ist die jüngere Schwester des Kongress-Parteivorsitzenden Rahul Gandhi und gilt als wesentlich attraktiver. Denn ihr Bruder hat wenig Charisma und wird in der Öffentlichkeit als zögerlich und wankelmütig wahrgenommen.
Priyanka, die Psychologie und Buddhismus studiert hatte, wollte lange aber gar kein formales politisches Amt haben. Dabei hatte sie ihrer Mutter Sonia und ihrem Bruder Rahul schon in deren Wahlkreisen, die ebenfalls in Uttar Pradesh liegen, erfolgreich bei Kampagnen ausgeholfen.
„Indira ist zurück“
Als jüngstes Mitglied der Gandhi-Nehru-Dynastie ist sie jetzt die Hoffnungsträgerin der Kongresspartei. Priyanka-Fans betonen, dass sie ihrer Großmutter Indira Gandhi ähnlich sieht. „Indira ist zurück“, hieß es jetzt schon auf Plakaten. Dabei war Indira Gandhi, die autoritär regierte, sehr umstritten. Der Bruder und Parteichef Rahul Gandhi lobt Priyanka als „sehr fähig“.
Ein Sprecher der gegnerischen Hindunationalisten erklärte, dass mit ihrer Ernennung die Kongresspartei das Rahul Gandhis Scheitern einräume. „Er braucht jetzt Krücken aus der eigenen Familie.“
Beim Kongress sei eine Familie die Partei, bei den Hindunationalisten hingegen die Partei eine Familie, heißt es bei denen. Sie verweisen zudem auf Priyanka Gandhis Mann, den Geschäftsmann Robert Vadra. Ihm werden nämlich korrupte Landgeschäfte vorgeworfen.
Gerade weil die Kongresspartei bisher so sehr von der Gandhi-Familie dominiert wird, die selbstherrlich über alle Führungsposten der Partei bestimmt, dürfte Priyankas Aufstieg dort genau dieses Problem nicht beseitigen helfen, sondern um eine weitere Generation verlängern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“