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Aufstand in IranNeue Proteste und Streiks geplant

Ak­ti­vis­t*in­nen haben dazu aufgerufen, drei Tage lang zu protestieren und Einkäufe zu vermeiden. So wollen sie die Geldzirkulation im iranischen Bankensystem verhindern.

So soll es wieder aussehen: geschlossene Läden im Teheraner Basar im November Foto: reuters

Teheran dpa/taz | Ak­ti­vis­t*in­nen in Iran haben zu neuen landesweiten Protesten und Streiks aufgerufen. Die sogenannten 14-15-16-Proteste – die Zahlen sind das Datum im persischen Kalendermonat Azar – sollen von Montag bis Mittwoch dauern und insbesondere das islamische System wirtschaftlich treffen.

Daher wurden die iranischen Bür­ge­r*in­nen auch aufgerufen, an diesen drei Tagen Einkäufe zu vermeiden, um so jegliche Geldzirkulation in iranischen Bankensystem zu verhindern. Besonders in den wirtschaftlichen Zentren wie Basars in Großstädten sollen möglichst viele Geschäfte geschlossen bleiben, so die Aktivisten.

Vor den dreitägigen Protesten sorgte die Aussage des iranischen Generalstaatsanwalts über die Auflösung der Sittenpolizei für Diskussionen im Land sowie unter Exil-IranerInnen. Einerseits wurde dies als ein Etappensieg für die Frauenbewegung in Iran angesehen. Andererseits waren sich viele einig, dass dieser Schritt ohne eine Aufhebung des über 40 Jahre verhängten Kopftuchzwangs für die iranischen Frauen sinnlos wäre.

„Die Auflösung der Sittenpolizei war notwendig, reicht aber nicht aus, bis das Gesetz der obligatorischen Kleidervorschrift revidiert ist“, so der Kommentar des Politologen Abbas Abdi auf Twitter. „Ob die ­Sittenpolizei abgeschafft wird oder nicht – für die Menschen in Iran macht es keinen Unterschied“, analysierte die Journalistin Gilda Sahebi in der taz. Es gehe den Protestierenden um das Sturz des iranischen Regimes.

Versuch, die Lage zu beruhigen

Die Sittenpolizei war der Auslöser der seit über zwei Monaten andauernden systemkritischen Aufstände in dem Land. Mitte September verhafteten die islamischen Sittenwächter die 22-jährige Mahsa Amini, weil unter ihrem Kopftuch angeblich ein paar Haarsträhnen hervorgetreten waren.

Amini starb wenige Tage später im Gewahrsam der Sittenpolizei. Seitdem protestieren in Iran Menschen gegen das islamische System und dessen unzeitgemäße Gesetze und Vorschriften.

Für Beobachter sind Aussagen wie Auflösung der Sittenpolizei, Versprechen im Parlament über eine Revision der Gesetze oder geplante Untersuchungsausschüsse nur der Versuch des Systems, die angespannte Lage vor den dreitägigen Protesten zu beruhigen.

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1 Kommentar

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  • Es ist eine Schande, wie sich die Bundesregierung davor drückt, die Menschen im Iran zu unterstützen.

    Norbert Röttgen hat kürzlich im Bundestag gefragt, ob sich die Bundesregierung dafür einsetzt, dass die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste kommen.

    www.instagram.com/...gshid=YmMyMTA2M2Y=

    》Die Antwort des AA auf die Frage von Norbert Röttgen muss man sich wirklich mal genau anhören. Es geht um die Aufnahme der IRGC in die EU-Terrorliste. Der Standpunkt des AA: Das wird erst möglich sein, wenn die IRGC in einem der 27 EU-Staaten einen Terroranschlag begeht. Oder wenn es den Verdacht einer terroristischen Handlung auf EU-Territorium gibt.



    Das heißt: eine Terrororganisation ist es für die EU nur dann, wenn der Terror auf EU-Boden stattfindet. Nun muss man 1. prüfen, ob das bei allen organisierten Organisationen der aktuellen EU-Liste der Fall ist. Und zweitens wäre das unfassbar eurozentrisch und das Gegenteil von kluger und vorausschauender Außenpolitik.

    Zusammenfassend gesagt: das AA hat nicht vor, sich dafür einzusetzen dass die Revolutionsgarden auf die EU Terrorliste gesetzt werden《 (Gilda Sahebi)

    Es ist eine Staatssekretärin, Katja Keul, die sich da windet - wenn wan das mit den vollmundigen Auftritten Baerbocks vergleicht, wenn es um Sanktionen gegen Russland geht, kann wan es kaum glauben.

    Das ruiniert das AA gerade: den Rest an Vertrauen, es ginge wirklich um wertegeleitete, feministische Außenpolitik (und das wird noch nicht mal falsch, wenn Merz es anspricht): die Bundesregierung lässt die Menschen hängen!