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Aufstand gegen ReformpläneNotruf an Lauterbach

Mit den Krankenhäusern und der Notfallversorgung sollen auch die Rettungsdienste reformiert werden. Dagegen formiert sich Widerstand in den Ländern.

Die Rettung der Rettungdienste ist umstritten Foto: dpa

Hannover taz | Es sind harsche Töne: „Der Rettungsdienst ist das letzte Glied im Gesundheitswesen, das überhaupt noch funktioniert. Wer die 112 ruft, landet nicht in einer Warteschleife, dem wird innerhalb von 15 Minuten geholfen!“ Das, sagt Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), habe auch damit zu tun, dass der Bund hier nichts zu sagen hat. Der Rettungsdienst ist Ländersache.

Meyer ist nicht der Einzige, der möchte, dass es so bleibt. Neben ihm stand Mitte September in Hannover Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD), die Lauterbachs Pläne ebenso kategorisch ablehnt wie Ralf Selbach, der Landesgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes in Niedersachsen. Sie präsentieren den Gründungsaufruf für das Bündnis „Rettet den Rettungsdienst 2.0“. 2.0, weil dieses Bündnis eine Neuauflage ist. Schon einmal waren Länder, Kommunen und Hilfsorganisationen erfolgreich gegen Reformpläne Sturm gelaufen, 2019, damals unter Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

„Wir brauchen nicht noch eine unausgegorene Reform“, lautet der Tenor in Hannover. Es drohe die Zerschlagung eines funktionierenden Systems. Was die Protestierenden besonders erbost: Die Reform segelt im Windschatten der viel umfangreicheren Reformen der Krankenhauslandschaft. Nicht einmal ein eigenes Gesetzgebungsverfahren soll es geben; die Inhalte sollen per Formulierungshilfe in das Gesetzgebungsverfahren zur Notfallreform eingebracht werden.

Aus Lauterbachs Sicht ist die Verknüpfung inhaltlich folgerichtig: Die Notfallreform versucht, die Notaufnahmen zu entlasten, indem die Leitstellen der 112 besser mit dem ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der 116117 verknüpft werden sollen. „Integrierte Leitstellen“ sind das Ziel, um die Patientenströme besser steuern zu können und die kostbaren Notfallressourcen nicht mit Bagatellfällen zu überlasten.

Hausaufgaben machen

Gegen dieses Ziel hat auch in Niedersachsen niemand etwas, wohl aber dagegen, die Leitstellen anzutasten. Der Bund, so argumentieren die Bündnisvertreter, soll erst einmal an anderer Stelle seine Hausaufgaben machen: die Einstellung von Gemeindenotfallsanitätern, die Bagatellfälle übernehmen können; erweiterte Kompetenzen für Notfallsanitäter; klarere Abrechnungsstrukturen, die überflüssige Transporte verhindern.

Zwar betonen die Vertreter des Protestes, wie wenig Konkretes man bisher eigentlich über die Lauterbach’schen Reformpläne wisse. Aber sie befürchten so einiges: Am Ende wird es „um Finanzierungsabschläge gehen, wenn bestimmte bürokratische Parameter nicht erfüllt werden“, wie es Landrat Rainer Rempe, Vorsitzender des NLT-Gesundheitsausschusses, formuliert.

Auch das ist ein Dauerthema zwischen Ländern und Krankenkassen. In Ländern wie Niedersachsen bedeuten „inte­grierte Leitstellen“ nämlich etwas anderes – da sind die Feuerwehren mit im Boot. Und die Gesetzlichen Krankenkassen argwöhnen, dass Notfalltransporte so teuer ausfallen, weil der Brand- und Katastrophenschutz heimlich querfinanziert wird. Eine Unterstellung, die von den Leitstellenträgern, meist den Landkreisen, von sich gewiesen wird.

Ganz überraschend sind die Reformanliegen nicht gekommen. Eine Debatte darüber, dass der Rettungsdienst nicht so gut funktioniert, wie er könnte und sollte, gibt es schon länger. Und nicht wenige Experten haben die Leitstellen als Schwachstelle ausgemacht. Erst im Juli hatte ein Gutachten im Auftrag der Björn-Steiger-Stiftung der Bundesrepublik bescheinigt, ihrem Auftrag zur medizinischen Notfallversorgung nur unzureichend nachzukommen. Es gebe kein flächendeckend funktionierendes Rettungsdienstsystem. Als wesentliches Hemmnis wurde die Aufsplittung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern ausgemacht.

Auch die vom Bundesgesundheitsministerium eingesetzte Expertenkommission empfahl in ihrem neunten Bericht vom September 2023 einheitliche Standards sowie eine Konzentration und Zentralisierung von Leitstellen. Zu einem ähnlichen Schluss war eine Studie gekommen, die die Bertelsmann-Stiftung und die Björn-Steiger-Stiftung 2022 bei der Universität Maastricht in Auftrag gegeben hatten. An einer Reform der Leitstellenstruktur führe auch deshalb kein Weg vorbei, weil es einen erheblichen Investitionsbedarf in intelligente Leitstellen- und Kommunikationstechnik gäbe, der sonst nicht zu leisten wäre.

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1 Kommentar

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  • Das Problem sind nicht die Leitstellen!



    Eine verbesserte Verknüpfung von Rettungsdienst und Ärztlichem Bereitschaftsdienst bringt nur marginale Verbesserungen!



    Schon heute werden von gut ausbildetem Leitstellenpersonal zahlreiche Anliegen korrekt an den Ärztlichen Bereitschaftsdienst verwiesen.



    Entweder landen die Leute zum großen Teil selbst wieder in der Leitstelle weil sie nach zahlreichen, erfolglosen Versuch den Ärztlichen Bereitschaftsdienst zu erreichen hilfesuchend wieder die „112“ wählen oder sie werden vom Dienstarzt direkt an die „112“ verwiesen weil ihm die Anfahrt zu weit ist oder die Nacht zu dunkel oder, oder, oder.



    Oder die Vermittlungszentrale des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes fordert für vorher an der Bereitschaftsdienst verwiesene Fälle den Rettungsdienst selbst an. Dieser fährt dann mit Blaulicht zu den Einsätzen, um dann die Patienten wiederum an den Bereitschaftsdienst zu verweisen.

    Man geht das Problem hier wieder an der schwächsten aber falschen Stelle an!



    Würde der Ärztliche Bereitschaftsdienst qualitativ und quantitativ ordentlich funktionieren, bin ich mir sicher, wären da allermeisten Probleme gelöst.