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Aufruhr um Michelle Obamas HoseShorts Stories

Michelle Obama trägt kurze Hosen. Nichts Besonderes? Für die USA schon: Dem Skandal um ihre Oberarme folgt eine Mediendebatte über ihre Oberschenkel - ein Pro und Contra.

Wen interessiert die Gesundheitsreform? Im Sommerloch sind auch Shorts total wichtig. Bild: ap

Pro

Am folgenden Satz ist so ziemlich alles falsch: In der US-amerikanischen Öffentlichkeit gibt es eine heftige Debatte über die Frage, ob Michelle Obama beim Besuch des Grand Canyons das Richtige tat, als sie beim Aussteigen aus der Air Force One graublaue Shorts zu einem weißen Kurzarmhemd trug.

Nun ja, graublau waren die Baumwolldinger tatsächlich, und Flugzeug und Zielort sind auch unumstritten. Aber es geht hier nicht um Shorts, sondern um die Frage: Wie lässt sich politische Macht heutzutage symbolisch angemessen darstellen, und wer profitiert von einem Streit darüber?

Vieles läuft dabei durcheinander: Michelle Obama ist keine Politikerin, zumindest hat sie kein Wahlamt inne. "First Ladies" stehen jedoch, spätestens seit Franklin D. Roosevelts energischer Ehefrau Eleanor in den 1930ern, unter enormem öffentlichem Druck. US-Präsidenten wie deren Ehepartner müssen eine tiefe Sehnsucht von Bürgern erfüllen, dem abstrakten Gemeinwesen ein Antlitz zu verleihen.

Napoleon nutzte diese Sehnsucht aus Stammeszeiten perfekt und stilisierte sich zum Erfüller und Überwinder der Ideen der Französischen Revolution- bis ihn Hegel vernebelt gar zur "Weltseele zu Pferde" erklärte. Die Sehnsucht nach Versinnbildlichung ist wie jede Sehnsucht irrational, aber mächtig. Notfalls müssen als Mantel der Geschichte ein Paar Shorts herhalten.

Michelle Obama nutzt diesen Mechanismus, dem sie sich ausgeliefert weiß, sehr bewusst. Doch fürs absurde Ausmaß des Tratsches kann sie nichts. Newsweek.com meldete, man habe niemanden ausmachen können, der sich tatsächlich über die Shorts entrüstet. Stets verwiesen nur Medien auf andere Medien. Aber in den Ferien herrscht nun mal, was echte Nachrichten angeht, tote Hose.

Matthias Lohre ist Parlamentskorrespondent der taz.

Contra

Gleich vorweg: Michelle Obama macht alles richtig, was ihre Kleider betrifft. Wie man seit dem Amtsantritt ihres Mannes als 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika beobachten kann, stimmt sie ihre Garderobe sehr sorgfältig auf ihren jeweiligen Auftritt ab. Sie tut das gewissenhafter als alle ihre Vorgängerinnen in der Rolle der First Lady.

Schon weil sie ihren eigenen, nicht nur modernen, sondern modischen Kleidungsstil pflegt, der sich sehr erfreulich von dem konventionellen Kleiderschema abhebt, auf das sich ihre Vorgängerinnen verließen.

Wenn Michelle Obama nun also während ihres Urlaubs in Shorts aus der Air Force One steigt, dann hat sie dieses Outfit sorgfältig ausgewählt. Shorts und T-Shirt, Hemd oder Bluse sind eben die amerikanische Freizeitkleidung schlechthin. Carla Bruni als ihr europäisches Gegenstück, so kann man vermuten, hätte an dieser Stelle im leichten Fähnchen gepunktet. Aber das wäre, nun, ein sehr unamerikanischer Freizeitlook.

Sehr amerikanisch ist dafür die Art, in der sich Öffentlichkeit und Medien in den USA nun mit Begeisterung in eine geschmacklose Debatte über Geschmack stürzen. Geschmacklos, weil es nicht um dem Anlass entsprechendes Auftreten geht - das kann Michelle Obama viel zu gut, um ihr einen Strick zu drehen -, sondern weil sie in ihrer Freizeit nicht First Lady, sondern nur noch repräsentativer sündiger Frauenkörper ist.

Und an dem waren seit je die Röcke zu kurz und die Hosen zu eng. Die puritanischen USA sind nie wirklich weder stil- noch modebewusst geworden. Die Folgen: Janet Jacksons Nipple-Gate und ähnlicher, woanders undenkbarer Quatsch. Deshalb an dieser Stelle ein Hoch auf Vera Lengsfeld und ihre zwei guten Argumente.

Brigitte Werneburgist Kultur-Redakteurin der taz.

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17 Kommentare

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  • L
    lokalreporter

    ..letzte woche bundespräsident köhler in einem restaurant gesehen, ohne krawatte! http://nahportrait.blogspot.com/2009/08/horst-kohler.html

  • I
    Inge

    Immer wenn Barack per ferngesteuerter Drohnen feige in fernen Ländern morden lässt - wird über die Klamotten der Gattin berichtet.

  • DB
    Daniel Breling

    Bye taz, Hallo Bild!

    Auf gut Deutsch, wen Interessieren die Beine von Frau Obama. Gerade in der heutigen Zeit soll es

    keine anderen Themen geben? Ein Witz.

  • H
    Hobbyfielosoof

    Na, warum soll man nicht mal über kurze Hosen räsonnieren, wenn die konservativen Bürger der Weltmacht sich darüber erschüttert zeigen? Es geht ja eigentlich wohl eher um Mr. President und seinen "change", den eben auch seine Ehefrau sehr schön verkörpert.

    Aber Herr Lohre hat mich in meiner halbphilosophischen Bildung verunsichert: Hegel hat Napoleon doch "WeltGEIST zu Pferde" genannt, oder haben da neuere historisch-kritische Forschungen etwas anderes ans Licht gebracht? Dass ein Geist reitet, kann man sich ja auch noch irgendwie vorstellen, aber reitende Seelen?

  • LA
    lanca a.

    Da lese ich doch lieber gleich die "Bunte".

  • V
    vic

    und die Kanzlerin isst gerne Mörchen, durfte ich lesen.

  • R
    Robert

    Wenn es so weiter geht kann man bild und taz zusammenlegen :D

  • HW
    hans wiekert

    "Die puritanischen USA sind nie wirklich weder stil- noch modebewusst geworden. Die Folgen: Janet Jacksons Nipple-Gate und ähnlicher, woanders undenkbarer Quatsch. Deshalb an dieser Stelle ein Hoch auf Vera Lengsfeld und ihre zwei guten Argumente." = bizarr.

  • S
    scanner

    tja, Hanseatin ist eben eine Hanseatin. Ich finde das Pro und Contra für diese "lebenswichtigen" Fragen gut.

    sannner

  • PP
    Paule Panther

    Sieht alle mal besser aus als ein Plakat mit 4 tiefhängenden Milchtüten älterer Damen!

  • M
    Matthias

    @Hanseatin: Du meine Güte, es gibt immer noch Menschen, die hinter dem Mond leben.

     

    Bloß weil die taz ein linkes, alternatives Medium ist, muss sie sich doch nicht vor so einer Story verstecken. Wenn ich jeden Tag nur ernste Berichte über Atommüll, Wirtschaftskrise etc lesen würde, hätte ich bald keine Lust mehr auf die Zeitung morgens. Da wird ein bisschen Schmunzeln über die Berichterstattung der US-Amerikaner ja wohl erlaubt sein ...

     

    Kopfschüttelnd

  • OA
    o aus h

    Nur noch mal zum nachzählen: Die taz tritt eine Mediendebatte darüber los, ob es in Amerika eine Mediendebatte über Frau Obamas Hosen geben soll?

    Das aktuelle Antispamwort, dass ich zur Abgabe dieses Kommentars eintippen soll, lautet übrigens "Hype" - Entschuldigung, "Hupe".

  • J
    Jackabum

    Man sollte einmal ein Wahlplakat der CDU schicken.

  • ML
    Michael Lindner

    Hab' mich sehr über den Seitenhieb auf Vera Lengsfeld amüsiert!

     

    :D

  • DW
    Detlef Wilske

    Pro oder contra WAS war denn das? Ob Michelle Obama Shorts tragen darf? In dieser Frage hatten beide Kommentatoren JA gesagt. Also wenn das schon ein wichtiges Thema für die taz ist, was ich wie mein Vorredner bezweifle, dann bitte doch etwas pointierter.

  • BB
    Bodo Bender

    Der heißeste Tag des Jahres eben! Wie wär's als nächstes taz-Pro/Con-Thema mit "Ist Michelle Obama schwanger oder ist sie eben nur etwas kräftig rund ums Lendenstück?"

  • H
    Hanseatin

    Du meine Güte, hat die taz keine anderen Themen? Bei der derzeitigen Hitze sollten auch Redakteure ihre Kräfte schonen und ihren Kopf für wichtigere Dinge anstrengen. Oder sollte es sich um ein Leuchtfeuer der neuen taz-Chefredakteurin handeln?