Auflagen für Thomas Middelhoff: Haftentlassung für 895.000 Euro
Der ehemalige Spitzenmanager Thomas Middelhoff kann aus der U-Haft entlassen werden. Dafür muss er seinen Pass abgeben und eine hohe Kaution hinterlegen.
DÜSSELDORF rtr | Der ehemalige Spitzenmanager Thomas Middelhoff ist noch nicht auf freiem Fuß. Die Auflagen des Gerichts für eine Entlassung aus der Untersuchungshaft seien noch nicht erfüllt worden, sagte ein Sprecher des Landgerichts Essen am Dienstag.
Das Gericht hatte den Haftbefehl gegen Middelhoff am Montag außer Vollzug gesetzt. Die Kammer habe aber zugleich Auflagen erlassen, die der ehemalige Chef des Medienriesen Bertelsmann und des früheren Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor noch vor einer Haftentlassung erfüllen muss. So müssen Middelhoff eine Kaution von rund 895.000 Euro stellen, der Manager hatte eine entsprechende Summe bereits angeboten.
Zudem muss der ehemalige Star-Manager seine Reisepässe abgeben. Nach einer Entlassung muss er sich regelmäßig bei der Polizei melden. Middelhoff war am 14. November 2014 vom Landgericht Essen zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft – das Gericht vermutete Fluchtgefahr.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er unter anderem Privatflüge mit Charterjets und Hubschraubern über Arcandor abgerechnet und seinem ehemaligen Arbeitgeber insgesamt einen Schaden von rund einer halben Million Euro zugefügt hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Middelhoffs Anwälte haben vor der Bundesgerichtshof Revision eingereicht.
Die Anwälte des ehemaligen Spitzenmanagers hatten dessen Haftbedingungen scharf kritisiert. Ihr Mandant sei in Untersuchungshaft erkrankt – bei dem 61jährigen sei eine Autoimmunkrankheit festgestellt worden. Er sei in der Essener Untersuchungshaft alle 15 Minuten kontrolliert worden, ihm sei massiv Schlaf entzogen worden. Middelhoff hatte in den vergangenen Monaten mehrfach erfolglos Haftbeschwerde erhoben.
Die Richter betonten nun, Middelhoff sei wegen seiner Erkrankung nicht haftunfähig. Vielmehr sei der „Fluchtanreiz“ für Middelhoff gemindert – er saß bereits rund fünf Monate in Untersuchungshaft, die zu erwartende Reststrafe sei dadurch deutlich geringer geworden. Auch sei Middelhoff erkrankt, er müsse regelmäßig behandelt worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste